Eine Beobachtung von Janina Dietrich

Politiker sind auch nur Menschen. Das hat sich in der jüngsten Sitzung der Oldesloer Stadtverordnetenversammlung gezeigt. Dort gibt es zu Beginn, wie auch in anderen Städten üblich, eine Einwohnerfragestunde. "Einwohnerinnen und Einwohner, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können hier Fragen zu Beratungsgegenständen oder anderen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft an die Stadtverordnetenversammlung oder die Verwaltung stellen" heißt es dazu in der Geschäftsordnung der Stadt unter Paragraf 13. Bürger nutzen die Zeit in der Regel, um Fragen zu Bauvorhaben zu stellen oder um auf Missstände vor ihrer Haustür hinzuweisen.

In Bad Oldesloe aber bot sich jetzt ein völlig neues Bild. Da verließ CDU-Politiker Uwe Rädisch plötzlich den Stuhl neben seinen Kollegen, um zwischen den Besuchern Platz zu nehmen. Als Bürgerworthalter Rainer Fehrmann die Einwohnerfragestunde eröffnete, schnellte seine Hand nach oben. Er wolle auch mal eine Frage stellen, sagte Rädisch, als Einwohner. Verblüffung bei den Bürgern und seinen Kollegen in der Stadtverordnetenversammlung. Rädisch ließ sich davon jedoch nicht beirren und plädierte dafür, die Stadt möge doch bitte die Werbesatzung ändern. Damit die Sparkasse vor ihrer Filiale in der Innenstadt nicht mehr rote Fahnen hissen müsse, sondern welche mit ihrem Logo nehmen könne.

Da reichte es SPD-Politiker Hans-Hermann Roden. Er stand nun ebenfalls auf, um sich zwischen die Besucher zu setzen. Er wolle mal als Bürger sagen, was er von diesem Verhalten halte, so Roden, nämlich gar nichts. Zeit für Bürgermeister Tassilo von Bary, sich auch in das Theaterstück einzumischen. Er erklärte dem Bürger Uwe Rädisch, dass nicht die Stadt für eine solche Satzungsänderung verantwortlich sei, sondern Rädisch selbst als Politiker.

Und so wurde aus dem Menschen wieder (auch) ein Politiker.