Neujahrsempfang von “Glinde gegen rechts“. Die Demonstrationen gegen den Thor-Steinar-Laden sollen in diesem Jahr weitergehen.

Glinde. Dampf steigt aus den mit Glühwein und heißer Schokolade gefüllten Kesseln auf, jemand hat einen Grill aufgestellt und verteilt Bratwürste mit Senf. In einem weißen Zelt bauen zwei Musiker ihre Instrumente auf. Menschen drängen sich auf dem Platz vor der kleinen Einkaufszeile am Glinder Berg. Sie reiben sich die kalten Hände, unterhalten sich und lachen viel.

Beim Neujahrsempfang der Bürgerinitiative "Glinde gegen rechts" gibt es keine Parolen und auch keine Demonstrationszüge. Die Botschaft wird dennoch deutlich: Die Glinder haben nicht aufgegeben. Auch 16 Monate nach der Eröffnung von Tønsberg an der Möllner Landstraße protestieren sie weiter gegen den Modeladen, der die bei Rechtsextremisten beliebte Bekleidungsmarke Thor Steinar führt.

"Uns geht es vor allem darum, mit dem Empfang den Bürgern dafür zu danken, dass sie den Protest gegen Tønsberg jetzt schon so lange unterstützen", sagt Niels Brock, Mitglied der Initiative. Die hatte extra für diesen Anlass Bratwurst und Sekt gesponsert.

Jeden Tag von 17 bis 19 Uhr halten Mitglieder der Bürgerinitiative eine Mahnwache vor dem Geschäft ab - seit September 2011. "Wir sind immer acht bis 15 Leute", sagt Hans-Jürgen Preuß. Jeder, der Zeit habe, komme vorbei, um friedlich zu demonstrieren. "Glinde hat dadurch ein ganz neues Bewusstsein gegen Rassismus entwickelt", sagt Preuß. Er betont: "Es geht uns ja nicht einfach um die Mode. Dieser Laden steht ja stellvertretend für viel mehr."

Doris Dose bestätigt: "Dank der Aktivitäten der Initiative ist die Bevölkerung aufgeklärter und für das Thema sensibilisiert." Es sei schön zu sehen, wie viele Menschen sich an den Aktionen beteiligten. Dose: "Junge und alte Leute sind dabei, alle Parteien, Konfessionen und Gesellschaftsschichten."

Yvonne Brombach und Norbert Hogelücht unterstützen den Neujahrsempfang auf ihre Art: Auf dem Vorplatz des Geschäftes geben die Musiker der Oststeinbeker Gruppe Noy ein Konzert für die Besucher. "Wir haben schon mehrmals an den Demonstrationen hier teilgenommen", sagt Yvonne Brombach. "Es ist toll, dass sich so viele Leute zusammentun und sich immer wieder neue Ideen einfallen lassen."

Gerade an den Sonnabenden, den "Aktionstagen" der Initiative, kämen häufig interessante Gespräche zustande, sagt Hans-Jürgen Preuß. "Wir haben mit ehemaligen Flüchtlingen und Soldaten gesprochen und auch oft mit Jugendlichen. Dabei haben wir sowohl Ablehnung als auch viel Zustimmung erfahren." Sicher sei jedoch eins: "In Glinde wird sich nach Tønsberg sicher kein neuer Laden dieser Art mehr niederlassen wollen."

Zurzeit sieht es jedoch so aus, als ob Tønsberg noch bis 2016 bleiben wird. Die Räumungsklage des Vermieters wurde im November vom Landgericht Lübeck abgewiesen. "Gerade nach diesem Urteil habe ich umso mehr Respekt vor denen, die nun schon so lange protestieren", sagt Gönke Witt, die auch deshalb den Empfang besucht. Jutta Freitag ergänzt: "Es ist wichtig, dass wir der Jugend vorleben, dass Rassismus in Glinde keinen Platz hat." Um das zu garantieren, wollen die Glinder weiterhin demonstrieren - bis der Modeladen schließt. "Wir sind entschlossen, zu bleiben", sagt Doris Dose.

Auch deshalb sei der Neujahrsempfang ein wichtiges Ereignis, sagt Niels Brock. "Wir sammeln Kraft und Energie für unsere nächste Aktion." Unter dem Motto "Wir stehen auf" will sich Glinde vom 15. bis 24. März an einer internationalen Woche gegen Rassismus beteiligen. "Wir stellen für jeden Tag ein Programm auf", sagt Brock. "Daran beteiligen sich Glinder Institutionen wie die Kirche und der Sportverein."

Im Mai gehe es dann weiter mit dem Fußballturnier "Kicken gegen rechts". "Uns geht es grundsätzlich darum, dass sich die Leute mit Zivilcourage und Rassismus im Alltag auseinandersetzen", sagt Brock. Mehr als ein Jahr nach ihrer Gründung finde die Initiative bundesweit Beachtung. Brock: "Die Solidaritätsbekundungen, die wir über unsere Homepage erhalten, bestärken uns darin, weiterzumachen."