Schülerinnen aus Alexandria sind zu Gast in Ahrensburg und engagieren sich für ein Hilfsprojekt. Meinungen über Politik gehen auseinander.

Ahrensburg. 21 Grad Celsius beträgt momentan der Temperaturunterschied zwischen dem eisigen Ahrensburg und dem sonnigen Alexandria. "Das ist der erste Schnee in meinem Leben", sagt Iman Nafis. Die 15 Jahre alte Schülerin aus der ägyptischen Hafenstadt ist zum ersten Mal in Deutschland. Mit 13 Mitschülerinnen und einem Jungen einer anderen Schule ist Iman zu Besuch an der Stormarnschule.

Das Klima ist nicht das Einzige, woran sich die Schülerinnen der Deutschen Schule der Borromäerinnen (DSB) erst einmal gewöhnen mussten. "Hier umarmen sich alle zur Begrüßung", sagt Malak Ebeid, "sogar die Jungs die Mädchen." So ein Verhalten ist der ebenfalls 15 Jahre alten Malak fremd. Sie geht auf eine reine Mädchenschule. Nadim Bogdadi, der einzige männliche Gast, ist bei dem Austausch nur dabei, weil seine Mutter an der Deutschen Schule unterrichtet.

In der großen Pause verkaufen die ägyptischen Schülerinnen Kuchen für einen guten Zweck. Das Geld geht an das Hilfsprojekt Children help Children, das Kindern einer Müllsiedlung in der ägyptischen Hauptstadt Kairo den Schulbesuch ermöglichen soll. "Damit sollen Bücher und Schuluniformen gekauft werden", sagt Iman. Und Malak ergänzt: "Es geht aber auch um die finanzielle Unterstützung der Eltern."

In den Slums auf den Müllkippen der Millionenmetropole leben und arbeiten viele Familien. Auch Kinder müssen schon früh mit anpacken: Essbares aus dem Müll aussortieren, wieder verwertbare Gegenstände aus Metall oder Plastik sammeln, welche dann für ein paar Piaster weiterverkauft werden. Eine ordentliche medizinische Versorgung ist nicht vorhanden.

Die Müllkinder von Kairo sind eins von vielen Hilfsprojekten, die die Schule von Malak und Iman betreut. Damit die sozialen Projekte nicht schnell wieder versanden, haben die Eltern an der deutsch-ägyptischen Begegnungsschule sich verpflichtet, jedes Jahr bis zum Abitur ihrer Töchter einen Beitrag zu zahlen. Erste Erfolge seien in Kairo sichtbar. "Es wurden einige Steinhäuser gebaut", erzählt Malak in sehr gutem Deutsch.

"Die Sprache steht seit der vierten Klasse auf dem Stundenplan", sagt Astrid Schneider, Lehrerin für Deutsch und Kunst. Sie lebt seit 2010 in Alexandria. Mit Karin Ahues, ihrer Kollegin von der Stormarnschule, hat sie diesen ersten deutsch-ägyptischen Schüleraustausch organisiert.

Schneider hat die ägyptische Revolution und den Sturz des früheren ägyptischen Präsidenten Muhammad Husni Mubarak miterlebt. "Während der Revolution 2011 fiel die Schule aus", sagt sie, "wir haben die Hausaufgaben übers Internet verteilt." Eine Aufgabe war, ein Tagebuch über Ängste und Gefühle zu führen.

In den ersten Tagen des ägyptischen Frühlings blieb die Polizei in ihren Kasernen. Anwohner bewachten aus Angst vor Überfällen nachts die Straßen vor ihren Häusern.

"Eine wichtige Sache", sagt Farida El Garawany heute. Seitdem sie miterlebt hat, wie sich ihre Landsleute ein Mitspracherecht in der Politik auf dem Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo erkämpften, ist sie "viel stolzer eine Ägypterin zu sein". Spontan sammelten sie und ihre Mitschülerinnen damals mit anderen Freiwilligen Müll von den Straßen, putzten die Bürgersteige der Stadt.

Allerdings ist die Meinung der Schülerinnen über die aktuelle Politik von Präsident Mohammed Morsi geteilt. "Die Leute sollen ihm Zeit geben, etwas für das Land zu tun", sagt Farida. Schließlich sei Morsi erst kurz im Amt, verglichen mit den 30 Jahren von Mubarak. "Morsi ist ein Schritt zur Demokratie, aber er ist nicht der Präsident, den wir brauchen", sagt Farah Mohareb, 15. Sie ist "mit der Verfassung nicht einverstanden", findet es aber gut, "wenn viele Leute ihre Meinung sagen wollen".

Probleme wegen ihrer Religion habe sie als Koptin noch nicht. Seit dem Sturz Mubaraks kam es in Ägypten immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Mitgliedern der christlichen altorientalischen Kirche Ägyptens. Von daher ist Farah froh über das friedliche Miteinander in ihrer Schule. Träger ist zwar die katholische Kirche, aber die meisten Schülerinnen sind Muslima. Farahs Fazit: "Wir akzeptieren unsere unterschiedlichen Meinungen und diskutieren freundschaftlich über die Zukunft unseres Landes."