Jutta und Karl-Otto Müller sind seit 50 Jahren verheiratet. Zwei Drittel ihres Lebens haben sie zusammen verbracht. Wie fühlt sich das an?

Jutta und Karl-Otto Müller aus Bargteheide sind seit 50 Jahren verheiratet. Und da beide 75 sind, haben sie zwei Drittel ihres Lebens miteinander verbracht. Am Sonnabend feiern die Müllers ihr Jubiläum. Wie fühlt sich das an? Redakteurin Martina Tabel hat die beiden getrennt voneinander befragt. Während sie antwortete, war er bei seiner Modelleisenbahnanlage. Während er antwortete, kochte sie das Mittagessen. Das Testergebnis: Viel Übereinstimmung, eine große Offenheit und eine Menge Humor.

Der Kennenlerntag

Das war am 11.11.1960 in Tübingen. Ein Karnevalsscherz sozusagen. Nein, im Ernst: Ich hatte einen Tanzabend für den Studentenausschuss organisiert. Da saßen zwei Damen mit zwei südländisch aussehenden Herren. Die eine Dame forderte ich auf, aber sie kam mir etwas spröde vor. Also habe ich zum Freund gesagt: Geh du mal hin. Mit Jutta habe ich nicht getanzt. Wir haben die Mädchen nach Hause gefahren. Mein Freund und jene Spröde saßen hinten. Da ging es ganz schön zur Sache. Mit Knutschen. Mein Freund schlug vor, sich wieder zu treffen. Meine Frau fragte gleich: Wer mit wem? Die Woche darauf sind wir zu viert ins Café gegangen. Es war Buß- und Bettag. So ging's los.

Der erste Kuss

Das war an jenem Buß- und Bettag. Fünf Tage nach dem Tanzabend. Abends vor ihrer Haustür ist es dann passiert. Am Tag hätten wir das nie gemacht. Da hielt man höchstens Händchen. Das waren andere Zeiten. Ziemlich prüde.

Der Heiratsantrag

Das weiß ich wirklich nicht mehr. Auf die Knie bin ich nicht gefallen. Aber ich habe sie gefragt. Und sie hat Ja gesagt. Sonst wären wir jetzt wohl nicht zusammen. Irgendwann im Juni 1962 haben wir uns verlobt. Die Ringe haben wir gemeinsam ausgesucht. Ich trage ihn nicht mehr. Ich kann mit Ring nicht arbeiten. Aber wenn er die einzige Verbindung wäre, wäre wohl auch etwas faul.

Die erste Wohnung

Zuerst haben wir einige Monate im Haus meiner Eltern in Tübingen gewohnt. Dann sind wir in das Haus ihrer Eltern in Bargteheide gezogen. Lange Diskussionen darüber gab es nicht. 1967 haben wir unser jetziges Haus ausgebaut. Es gehörte ihrer Tante, die hier auch ein Textilgeschäft führte.

Der Berufsweg

Ich habe Jura studiert, auch in Schweden. Als Exportleiter einer großen Lackfabrik habe ich die ganze Welt gesehen. Skandinavien war besonders schön. Meine Frau hat im Laden der Tante mitgearbeitet. Als unsere Kinder kamen, ging das nicht mehr. Wir hatten das vorher besprochen. Die Frauen heute wollen schnell in den Beruf zurück. Und die Kinder sollen in der Schule erzogen werden. Das funktioniert nicht.

Die Namen der Kinder

Ich hatte etwas Nordisches vorgeschlagen. Meine Frau fand das gut. Da gab es keine Diskussionen. Meine Tochter Annika mag den Namen immer noch. Und Olaf hat auch nie protestiert.

Die schönste Reise

Meine Frau fliegt nicht. Sonst hätte ich sie mit auf Geschäftsreisen nehmen können. Meine Kollegen haben gedacht, ich sei zu geizig. So lagen eines Tages vier Tickets auf meinem Schreibtisch: nach Thailand, Neuseeland, Australien und Indonesien. Ich habe alle zurückgegeben. Erst da haben die kapiert, dass ich meine Frau nicht ins Flugzeug kriege. Also sind wir mit dem Auto verreist. Einmal bis zum Polarkreis. Das war toll. Eine der ersten Reisen ging nach Spanien - mit dem Zelt. Nach einem Unwetter sind wir ins Hotel gezogen. Da haben wir gewusst: Auch in dieser Hinsicht passen wir zusammen.

Gemeinsame Hobbys

Die Gartenarbeit. Das Reisen. Und wir lesen gern. Für meine Eisenbahn kann ich sie nicht begeistern. Aber das nehme ich ihr nicht übel. Und ich tanze gern. Auch wenn sie sagt, ich kann das nicht. Die Ladys sahen das anders. Und das waren nicht wenige. Ich koche auch gern, aber nicht so gern wie meine Frau. Das geht bei ihr so weit, dass ich sie einfach nicht ins Restaurant kriege.

Schicksalsschläge

Ich hatte schwere Krankheiten, eine Embolie und einen Herzinfarkt. Aber es gab keine Krise, in der wir gesagt hätten: Jetzt ist es aus, jetzt packen wir ein.

Die Ehefrau als Großmutter

Die Familie unseres Sohnes wohnt in Münster. Meine Frau ist eine nette Oma, aber nicht so übertrieben. Das trifft auch auf den Opa zu.

Ehekrach

Sie ist ein sensibler, nachtragender Fisch, und ich ein impulsiver Widder. Aber es ist nie einer abgehauen und nach Tagen erst wieder aufgetaucht.

Das Ehegeheimnis

Das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Und immer nett zueinander sein. Aber wenn ein Mann sagt, er kennt seine Frau, hat er keine Ahnung. Es kommt immer Neues zum Vorschein. Am besten, man lässt sich überraschen.

Der Kennenlerntag

Der war am 11.11.1960 in Tübingen, wo ich nach meiner Ausbildung zur landwirtschaftlich-technischen Assistentin arbeitete. Der Studentenausschuss hatte zur Karnevalsfeier eingeladen. Aber mein Mann hat mich gar nicht aufgefordert. Ich war mit meiner Freundin Ute da. Mit ihr hat er getanzt. Dass er der Richtige sein könnte, dieses Gefühl hatte ich überhaupt nicht. Sein Freund und er haben uns Mädchen nach Hause gefahren. Der Freund meinte, wir könnten uns ja mal wieder treffen. Daraufhin habe ich erst einmal gefragt: Wer verabredet sich hier eigentlich mit wem? Wir haben uns tatsächlich ein paar Tage später in einem Café getroffen. Als ich Weihnachten nach Hause flog, hat mich Charly schon zum Flughafen gebracht.

Der erste Kuss

Das weiß ich nicht mehr. Mein Gott, da war ich 23 Jahre alt. Bin ja mal gespannt, was er sagt.

Der Heiratsantrag

Ehrlich gesagt: Ich habe keine Ahnung. Ich glaube, es war irgendwie bei einem Spaziergang. Auf jeden Fall haben wir uns Pfingsten 1962 verlobt. Ich glaube am Sonntag. Die Ringe hatten wir gemeinsam ausgesucht und gravieren lassen. Ich trage ihn nicht, er passt mir nicht mehr.

Die erste Wohnung

Er wollte nach Bargteheide, ich nach München. Bis Tübingen hatte ich es beruflich ja schon geschafft. Nun wollte ich noch ein bisschen weiter nach Süden. Aber wenn er sagt, lieber nach Bargteheide, was soll ich da machen? Es sprach ja auch vieles dafür: Meine Familie war hier. Und wir hatten ein Haus mit Schwimmbad im Garten.

Der Berufsweg

Ich habe aufgehört, als die Kinder kamen. Und ich bin auch nie wieder in den Beruf eingestiegen. Das war so besprochen. Und das war in Ordnung.

Die Namen der Kinder

Unser Sohn ist 49, unsere Tochter 39. Es war klar, dass sie nordische Namen bekommen sollten. Weil er viel in Skandinavien unterwegs war. Wir haben keine Bücher gewälzt oder groß diskutiert. Annika und Olaf fand ich gut. Besser als die Namen heute. Ich hätte mein Kind nie Adele oder Paul genannt.

Die schönste Reise

Das ist mein großes Handicap: Ich habe Angst vorm Fliegen. Mich bringt niemand in ein Flugzeug. Also sind wir mit dem Auto verreist. Charly hat wirklich alles für mich gemacht. Er ist mit mir sogar bis nach Gibraltar gefahren. Das habe ich ihm immer hoch angerechnet. Merkwürdig, nur einmal bin ich geflogen: Weihnachten 1960, als er mich zum Flughafen brachte. Aber auch nur, weil es keine Bahnfahrkarte mehr gab, nicht einmal eine teure in der ersten Klasse.

Gemeinsame Hobbys

Ich wollte immer tanzen. Er nicht. Er kann das auch gar nicht, obwohl er es felsenfest glaubt. Unser Garten ist auf jeden Fall unser Hobby. Natürlich gebe ich da einiges vor, ich habe das schließlich gelernt. So wie das Kochen. Er kocht auch. Und gar nicht schlecht. Neulich hat er eine Fischpfanne gemacht. Er bringt auch immer Gewürze aus fernen Ländern mit, aus Marokko beispielsweise. Jetzt möchte er nach Vietnam. Das möchte ich ihm eigentlich nicht mehr erlauben. Man wird ja nicht jünger. Und dann sein Herz.

Schicksalsschläge

Mein Mann war sehr krank. 1998 hat er einen Herzinfarkt erlitten. Ich bin immer voller Sorge ins Krankenhaus gefahren. Das hat mich fertiggemacht. Aber jetzt ist zum Glück soweit alles wieder in Ordnung.

Der Ehemann als Großvater

Er ist nett zu den drei Mädchen und geht mit ihnen shoppen. Und das dauert. Aber wir sehen die Enkeltöchter nicht oft und nur an den Wochenenden. Wir haben zwischendurch in Münster gelebt. Mein Sohn ist mit seiner Familie dort geblieben. Aber das stört mich nicht weiter. Wenn sie kommen, ist es schön. Ich habe kein Problem damit, Oma zu sein. Und ich glaube, Charly hat auch kein Problem als Opa.

Ehekrach

Natürlich hat es in all den Jahren auch mal richtig gerummst. Ich knalle dann mit den Türen. Aber dann ist wieder gut. Das kommt und geht.

Das Ehegeheimnis

Unser Geheimnis? Ich kann mir einfach gar nichts anderes vorstellen, als mit ihm zusammen zu sein. Das ist es eigentlich schon.