Vom Bond-Bösewicht zum stotternden König: Götz Otto ist mit “The King's Speech“ auf Tournee und gastiert am Sonntag in Ahrensburg.

Ahrensburg. Rasante Frisur, athletische Figur. Das reicht. Nachdenken oder langes Quatschen ist überflüssig. Stamper weiß, was er will. Wumme hoch und abgedrückt. Und Schauspieler Götz Otto weiß: Das Filmleben kann so einfach sein - als Bösewicht. Dafür endet es meist auch ziemlich plötzlich. Denn 007 ist schließlich auch noch da. Und das Gute siegt sowieso. Schon hat Stamper ein Messer zwischen den Rippen und fliegt nach einer Minenexplosion mitsamt einer Rakete in die Luft.

Jetzt, 15 Jahre später, ist jener Stamper von einst kaum wiederzuerkennen. In seiner neuen Rolle würde Götz Otto nicht mal: "Hände hoch" unfallfrei rauskriegen. Als stotternder Thronfolger kämpft er gegen die eigene Lächerlichkeit. Erst ein Action-Man im Bond-Film, jetzt ein hilfloser englischer Royal. Wie passt das zusammen? Götz Otto lacht. "Ich glaube, man nennt das Schauspielerei", sagt der 44-Jährige, der an diesem Sonntag mit dem Theaterstück "King's Speech" in Ahrensburg seine Wandlungsfähigkeit beweist.

Aus der Schublade herauszukommen, ist nicht leicht. Noch heute sehen viele das Gesicht des Schauspielers und sagen sofort: "Das ist doch der aus dem James-Bond-Film." Mancher Kollege wäre genervt. Für Götz Otto gibt es Schlimmeres. Die Rolle des Stamper in "Der Morgen stirbt nie" hat ihm die Türen zur internationalen Karriere geöffnet. "Warum sollte ich da rummäkeln", sagt Otto, der mit seinen 1,96 Metern eher mal das Problem hat, dass er für einige Rollen zu groß ist. Dafür war Humphrey Bogart so klein, dass er sich zum Küssen auf eine Bank stellen musste. Götz Otto: "Oder für Lauren Bacall ein Graben ausgehoben wurde. Erzählt man wenigstens."

An der Körpergröße lässt sich nichts ändern. Aber was tut ein Mensch, der Volksreden halten muss und vor lauter Stottern kein vernünftiges Wort raus bringt? David Seidler ist dieser Frage nachgegangen und hat ein Theaterstück über den englischen Thronfolger Albert geschrieben - die Vorlage für den Film "The King's Speech", der 2011 vier Oscars abräumte. Seidler hat selbst in seiner Jugend gestottert und sich deswegen in die Lage des späteren Regenten König George VI. so gut hineinfinden können. Für Götz Otto war es eine ganz neue Herausforderung. "Ich habe das Stottern richtig geübt. Meine Kinder waren mein erstes Publikum und meine besten Kritiker", sagt der Schauspieler, der in München wohnt. Die ersten Reaktionen der Kleinen: "Papa, das glaube ich Dir nicht. Das klingt nicht echt." Otto: "Am Schluss waren sie dann aber sehr zufrieden."

Nun ist der Schauspieler auf Tournee. Rund 30 Vorstellungen hat er mit dem Team der Theatergastspiele Kempf schon hinter sich. 87 Aufführungen werden es in vier Monaten sein. Jeden Abend den Thronfolger Albert spielen. Jeden Abend stottern. Da muss man lernen, wie das geht - und auch, wie man das wieder loswird. Otto: "Ich habe mit einem Logopäden gearbeitet. Den Atem anhalten. Das Zusammenspiel von Zwerchfell und Kehlkopf begreifen. Er hat mir aber auch gezeigt, wie ich die Blockade wegkriege und die Luftsäule wieder frei wird." Bevor er auf die Bühne geht, macht Otto nun seine Übungen. Und wenn der Vorhang fällt, noch einmal. Besser ist das.

Es ist das erste Mal, dass Götz Otto auf Tournee ist. Das heißt: Jeden Tag Hunderte von Kilometern mit dem Theaterbus unterwegs. Monatelang von seiner Frau und den vier Kindern getrennt. Jeden Abend eine andere Stadt, ein anderes Theater. Jeden Abend Vorstellung bis halb elf. Und am nächsten Morgen irgendwann zwischen 7 und 10 Uhr wieder auf die Straße. "Das ist schon anstrengend, aber es macht auch sehr viel Spaß. Jeder Ort, jedes Publikum ist anders", sagt Otto. "Und ich lerne Städte kennen, von denen ich vorher noch nie etwas gehört habe." Ahrensburg? "Bin ich noch nie gewesen. Ich bin gespannt."

Wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte Götz Otto weder Stamper noch Thronfolger Albert gespielt, sondern kleine Brötchen gebacken. Otto: "Mein Vater war Bäcker und hatte einen mittelständischen Betrieb." Der kleine Götz half öfter aus. "Am Freitag ging die Schicht von 22 Uhr bis zum anderen Morgen um 7 Uhr", erinnert er sich. "Ich habe ziemlich schnell gemerkt: Das ist nichts für mich."

Gut für seine Fans. Die Vorstellung im Ahrensburger Alfred-Rust-Saal (Wulfsdorfer Weg) beginnt um 20 Uhr. Der Verein Theater und Musik lädt zur Vorstellung ein. Eintritt: 13 bis 19 Euro.