Jeden Sonnabend stellen wir einen Verein und dessen Mitglieder vor. Heute: Amateurfunkverband Ahrensburg-Großhansdorf E09.

This is Delta Lima Zero Alfa Sierra, my station is in Germany near Hamburg, I can hear you very good" - Lutz Radloff spricht in ein Mikrofon und dreht dabei an einem Rädchen an einem Apparat vor sich. "Roger, good evening!" kommt es aus einem Lautsprecher zurück, es antwortet "Victor Oskar One Charlie Alfa Lima" oder kurz VO1CAL. Zwischen ihm und Radloff kommt es zu einem Dialog über das Wetter und die Qualität der Verbindung. Dann verabschieden sich beide voneinander. Gesprochen haben VO1CAL und Lutz Radloff per Sprechfunk auf Kurzwelle. Beide sind Funkamateure. VO1CAL sitzt auf der Insel Neufundland vor der Küste Kanadas, Radloff hat Tausende von Kilometern entfernt von der Funkstation des Ortsverbandes Ahrensburg-Großhansdorf E09 im Deutschen Amateur-Radio-Club (DARC) gesendet. Die Station, das Ohr zur Welt, befindet sich im Keller eines Wohnblocks an der Straße Roseneck in Großhansdorf.

Lutz Radloff ist Vorsitzender des Ortsverbandes. Der 51 Jahre alte Lütjenseer und sein kanadischer Funkpartner sind zwei von rund sechs Millionen Funkamateuren weltweit. In Deutschland gibt es rund 75.000, der 1965 gegründete Ahrensburg-Großhansdorfer Klub des Bundesverbandes DARC hat derzeit 62 Mitglieder aus ganz Stormarn und Hamburg. Das Kürzel E09 im Namen ist die Nummer im DARC-Distrikt Hamburg.

Funkamateure bestätigen einander ihre Kontakte durch spezielle Karten

"Der Kontakt zu Menschen aus der ganzen Welt, das ist neben der Beschäftigung mit der Technik einer der Reize des Amateurfunks", sagt Radloff über sein Hobby. In einem Ordner hat er ungezählte spezielle Karten gesammelt, die wie Postkarten aussehen und in der Funkersprache "QSL-Karten" genannt werden. Damit bestätigen sich Funkamateure gegenseitig, dass sie eine erfolgreiche Verbindung gehabt haben. Die QSL-Karten werden wie Trophäen gesammelt und belegen, mit welchen Winkeln der Erde ihre Sammler bereits kommuniziert haben. Sie können entweder per Post direkt an den Empfänger oder über Amateurfunkverbände wie den DARC versendet werden. Um die Adresse des anderen Funkamateurs zu bekommen, kann man diese in speziellen Rufzeichenlisten etwa im Internet finden oder sie während der Funkverbindung besprechen.

Auch Lutz Radloff und der kanadische Funker VO1CAL, hinter dessen Rufzeichen sich der bürgerliche Name Calvin Janes verbirgt, werden QSL-Karten austauschen. Radloff hat Karten aus aller Welt, unter anderem von Funkern aus Samoa und Tuvalu, beides Inseln im Pazifik, von der Aves-Insel vor Venezuela, die mittlerweile durch einen Hurrikan fast ganz im Meer versunken ist, und von einem funkenden Mönch auf dem Berg Athos in Griechenland.

"Nicht immer ist der weiteste Ort der exotischste", sagt Stephan Harms. Der Kasseburger ist wie Radloff im Ahrensburg-Großhansdorfer Verein, er hat als Schüler im Jahr 1970 das erste Mal gefunkt. Zusammen mit Radloff nimmt er regelmäßig am Holyland Contest teil, einem Wettbewerb, bei dem Funkamateure aus aller Welt innerhalb von 24 Stunden möglichst viele Verbindungen zu Funkern in Israel sammeln müssen. Dreimal, zuletzt 2011, haben sie diesen Wettbewerb bereits gewonnen, ihre Pokale und Urkunden zieren die Räume des Verbandes. "Das Amateurfunken ist auch eine Art von Völkerverständigung", sagt Harms. "Und man lernt die Geografie der Erde kennen." Das geht so weit, dass besonders ehrgeizige Funker in die entlegensten Winkel der Erde reisen, um dort eine Station aufzubauen und zu senden.

Der Ortsverband hat zwei Klubräume und eine eigene Funkanlage

Die Kontakte mit Gleichgesinnten in aller Welt begeistern auch Manfred Przygode für das Hobby Amateurfunk. "Es gibt Menschen in Übersee, mit denen funke ich seit 30 Jahren", erzählt er. Und nicht immer bleibt es beim bloßen Funken, manchmal besuchen sich die Funkpartner auch gegenseitig, entstehen Freundschaften. "Das ist dann natürlich sehr spannend, wenn man das Gesicht hinter der Stimme trifft", so Przygode. Der 72 Jahre alte Großhansdorfer war früher Elektroniker. "Ich habe mich schon früh für Technik interessiert, etwa mit 13 Jahren Radios gebaut, so kam ich zum Funken", berichtet er. Auch er ist schon in ferne Länder gereist, um von dort mit der Heimat eine Verbindung herzustellen. Dabei konnte er von der Hilfe profitieren, die sich Funker weltweit traditionell gegenseitig leisten. Zum Beispiel in Madagaskar: "Da hat mir ein Funker, den ich kannte, geholfen, meine Ausrüstung durch den misstrauischen Zoll zu bringen."

Wie Manfred Przygode hat fast jedes Mitglied des DARC-Ortsverbandes eine eigene Funkstation bei sich zu Hause. Geräte für Einsteiger kosten rund 50 Euro. Der Ortsverband selbst - Klubrufzeichen DL0AS, das DL steht für Deutschland - hat eine Anlage in einem seiner zwei Klubräume in Großhansdorf. Der andere Raum dient als Versammlungsraum, dort zeugen QSL-Karten an den Wänden von den erfolgreichen Funkverbindungen des Vereins. Die Mitglieder treffen einander dort zweimal im Monat. Die Anlage hat eine Leistung von 500 Watt und besteht aus einer Vielzahl an Geräten, darunter sind ein Transceiver zum Senden und Empfangen der Funksignale, ein Leistungsverstärker, ein Morsegerät, Handfunksprecher, ein Computer mit Tastatur und Bildschirm und ein Regler für die Antennensteuerung. Die Sendeantenne des Ortsverbandes krönt einen 18 Meter hohen Mast, der neben dem Wohnblock mit den Vereinsräumen aufgestellt ist.

Dieser funkt auf Ultrakurzwelle (UKW) und Kurzwelle (KW). UKW hat eine Reichweite von 100 Kilometern, über KW können die Funker die ganze Welt erreichen, dafür kann der Ortsverband neun Frequenzbereiche nutzen. Die Kommunikation erfolgt über verschiedene Arten: den Sprechfunk, die Morsetelegrafie, über digitale Sendetechniken per Computer und über das Internet, das Relaisstationen miteinander verbindet, von denen die Funksignale dann an Handfunksprecher gehen.

Zum Funken wird jedoch nicht nur die nötige Technik benötigt. Jeder Funkamateur in Deutschland und damit auch jedes DARC-Mitglied muss eine Lizenz besitzen. Diese erteilt die Bundesnetzagentur, es gibt zwei Lizenzklassen, A und E; E erlaubt weniger Sendeleistung und weniger Frequenzen. Voraussetzung für eine Lizenz sind Kenntnisse unter anderem über Technik, Gesetzesvorschriften und Abkürzungen im Funkverkehr. Die kann jeder Interessierte durch einschlägige Literatur, Fernkurse beim DARC und auf Lehrgängen bei dessen Ortsverbänden erlernen. Für den Lizenzerwerb muss dann eine Prüfung in einer der Niederlassungen der Bundesnetzagentur bestanden werden, die Agentur vergibt auch die Funkrufzeichen.

Dem Verein mangelt es an Nachwuchs und an weiblichen Mitgliedern

Diese Hürden machen es für den Ahrensburg-Großhansdorfer Verein jedoch schwierig, junge Menschen für den Amateurfunk zu gewinnen, zumal weltweite Kommunikation für jedermann und jederzeit auch über Mobiltelefone, E-Mails, Facebook und Twitter möglich ist. Den Ortsverband plagen daher Nachwuchssorgen. "Fast alle unserer Mitglieder sind mehr als 40 Jahre alt", sagt Vorsitzender Lutz Radloff, der sich über junge Neumitglieder freuen würde. Die Konkurrenz durch andere Techniken kommentiert er selbstbewusst: "Für SMS und Chatrooms waren wir der Vorreiter, das hat der Amateurfunk schon vor Jahrzehnten geleistet."

Ein Ungleichgewicht gibt es im Ortsverband auch bei der Geschlechterverteilung. So sind nur drei der 62 Mitglieder Frauen. Eine von ihnen ist Heike Viereg. Sie kommt aus Hamburg-Volksdorf und entdeckte 1985 das Funken für sich. Dazu gehört auch für sie die Teilnahme an den vielen Wettbewerben, in der Funker-Sprache werden diese auf Englisch "Contest" genannt, bei denen es gilt, in festen Zeiten eine bestimmte Art von Kontakten herzustellen. So belegte die blinde 54-Jährige im vergangenen Jahr den zweiten Platz bei einem Contest nur für Frauen, bei dem in zwei Stunden möglichst viele erfolgreiche Verbindungen gesammelt werden mussten. International hat sie schon mit Gleichgesinnten in den USA, Spanien und Frankreich gefunkt. Heike Viereg: "Mir macht es vor allem viel Spaß, mich in anderen Sprachen unterhalten zu können."