Norderoogsand erregt besonders Interesse der Naturschützer

Ahrensburg. Wer meint, Inseln entstünden über Jahrtausende oder gar Jahrmillionen, täuscht sich bisweilen. Die Insel Norderoogsand im schleswig-holsteinischen Wattenmeer ist in Rekordzeit aus dem Meer gewachsen. "Als ich vor fünf Jahren eine sogenannte Kartierung von Dünen und Sandbänken gemacht habe, war von einer Insel noch nichts zu sehen", sagt Martin Stock, Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung in Tönning. Norderoogsand war damals eine Sandbank, auf der im Sommer Vögel brüteten, die im Winter jedoch wieder verschwand. "Jetzt kann man eindeutig von einer Insel sprechen", so Stock. Er fotografierte und dokumentierte das rund zehn Hektar große Gebiet und schrieb über Norderoogsand in den Nationalpark Nachrichten. Bei der Kartierung arbeitete Stock eng mit dem Ahrensburger Naturschutzverein Jordsand zusammen, der das Gebiet betreut.

"Es ist äußerst selten, dass eine Insel auf natürliche Weise in so kurzer Zeit entsteht", sagt Eckart Schrey, Vorsitzender des Vereins Jordsand. "Normalerweise verschwinden die Sandbänke im Winter wieder", so Schrey. "Doch blieb die Nordspitze Norderoogsands in den vergangenen Jahren über Wasser. So konnten sich Pflanzen wie der Strandhafer dort ansiedeln", erläutert der Vereinsvorsitzende. Die Pflanzen sorgen ihrerseits dafür, dass der Sand fixiert wird. "Seit Jahren brüten in den Sanddünen im Sommer Vögel", sagt Schrey, der auch promovierter Ornithologe ist.

Auch Stock sagt: "Eine derartige Inselbildung ist ein einmaliger Vorgang." Etwas Ähnliches sei ihm nicht bekannt. "Sicher: Vor mehr als tausend Jahren gab es vermutlich sogar Bäume auf den Sandbänken, zu denen auch Norderoogsand gehört", so Stock. Immer wieder verändere sich das Erscheinungsbild des Wattenmeeres. Doch in dieser Form sei Norderoogsand ein einmaliges Forschungsobjekt. Bei den anderen beiden Sandbänken - Süderoogsand und Japsand - sei eine ähnliche Entwicklung nicht absehbar.

"Am Norderoogsand ist offenbar genügend Sediment nachgetragen worden. Es müssen dort Wurzeln liegen geblieben sein", sagt Stock zur Erklärung für die Entstehung der Insel. Mittlerweile sind die Dünen bis zu vier Meter hoch. Knapp 150 Silbermöwenpaare brüten mittlerweile dort. "Um die Vögel nicht zu stören, ist die Insel Sperrgebiet", erläutert Schrey. Im Sommer seien jedoch Mitarbeiter des Vereins dort unterwegs, um die Vögel zu zählen.

Die neue Insel will der Verein genau im Auge behalten. "Wir werden natürlich weiterhin Umweltdaten erheben - also die Vogelwelt beobachten und die Vegetation kartieren", so der Jordsand-Chef. "Spannend ist auch, wie sich die Insel bewegt. Vermutlich wandert sie Richtung Nordseeküste auf die Hallig Norderoog zu", meint Schrey. Die Hallig liegt westlich von Pellworm und ist laut dem Verein der bedeutendste Brutplatz der stark gefährdeten Brandseeschwalbe. Für Juli sei zudem eine Exkursion des Vereins nach Norderoog geplant. Martin Stock sagt: "Das Spannende wird die Frage sein, wie sich die Vogelwelt sowie die Dünen und Salzwasserwiesen weiterentwickeln." Ihr werde man weiterhin nachgehen.