Eine Glosse von Alexandra Schulz

Teebeutel haben eine beruhigende Wirkung auf mich. Richtig, nicht Tee, sondern Teebeutel. Genauer gesagt: die Zettel, die an den Bändchen hängen, mit denen die Beutel aus der Tasse gezogen werden. Ich habe nämlich welche, auf denen Lebensweisheiten stehen. Viele sind blöd und haben mit Licht zu tun, oder Liebe. Aber gegen "Kein Ego, keine Probleme" lässt sich nichts sagen.

Leider habe ich nicht nur Tee, sondern auch Freunde. Und die haben ebenso wenig Sinn für Esoterik wie ich, die Teebeutel sind eine Ausnahme, ehrlich. Deshalb wurde ich neulich übel ausgelacht von meiner Freundin J., die Gastfreundschaft an diesem Tag ganz offensichtlich nicht zu schätzen wusste. "Der Kopf muss sich vor dem Herzen verneigen - echt jetzt?!", sagte sie und ich hatte das Bedürfnis, mich zu verteidigen. Zugegeben: "Mir schmeckt der Tee" war nicht besonders schlagfertig. Sie lachte und ich schämte mich (auch für meinen Geschmack in Bezug auf Freunde). Das ist natürlich Quatsch, J. ist eine wunderbare Freundin, und das schreibe ich, weil es stimmt. Schleimen ist unnötig. Sie wohnt nicht in Stormarn und liest diesen Text vermutlich nicht.

Jedenfalls habe ich ihr neulich ein ziemlich gutes Geschenk gemacht: Tee mit personalisierten Zettelchen. Sie liest nun jeden Morgen Dinge wie "Macht nutzt nur den ab, der sie nicht besitzt" und "Wer seine Ziele erreicht, hat sie zu niedrig gewählt." Ob das ein schöner Start in den Tag ist, ist fraglich. Ich glaube, J. erträgt noch drei Teebeutelsprüche, bevor sie mich besucht, nur um etwas Licht und Liebe zu bekommen. Manchmal heiligt der Zweck die Mittel. Diesen Spruch kannte ich schon vor den Teebeuteln.