Bei Familie Wulf in Bargfeld-Stegen feiern zehn Erwachsene und neun Kinder zusammen. Vor der Bescherung müssen 240 Tiere versorgt werden.

Bargfeld-Stegen. Den ersten Weihnachtstag sehnen Rita und Hans-Egon Wulf das ganze Jahr über herbei. Denn das ist der Tag, an dem ihre vier Kinder mit ihren Partnern und den neun Enkelkindern zu ihnen auf den Bauernhof nach Bargfeld-Stegen kommen. Es ist der Tag im Jahr, an dem die Großfamilie vereint ist.

Am meisten Freude bereitet den Bargfeld-Stegenern der Moment, in dem sich die Enkelkinder mit leuchtenden Augen auf die vielen großen und kleinen Geschenke unter dem bunt geschmückten Tannenbaum stürzen und ungeduldig die Verpackungen aufreißen. "Danach gleicht unser Wohnzimmer einem Schlachtfeld. Überall liegt Geschenkpapier", sagt Rita Wulf und lächelt. "Das ist immer wieder ein schöner Anblick."

Doch bevor die Familie das gemeinsame Weihnachtsfest auf dem Bauernhof genießen und Bescherung feiern kann, gibt es viel zu tun. Die 90 Milchkühe, 50 Bullen sowie etwa 100 Kälber und Jungtiere, die auf dem Hof im Ortsteil Gräberkate leben, müssen selbstverständlich auch an Feiertagen versorgt werden. Deshalb steht Johann Wulf auch an diesem Tag um 5.30 Uhr im Stall. Der Sohn der Wulfs hat den Hof vor einigen Jahren übernommen.

Zunächst werden die Kühe gemolken. "Dafür brauche ich etwa zwei Stunden", sagt der 29-Jährige, und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: "Wenn nichts schiefläuft." Häufig passiere nämlich ausgerechnet Weihnachten etwas Unvorhergesehenes. "364 Tage im Jahr läuft alles gut, aber dann geht am 25. Dezember die Melkmaschine oder ein Rohr kaputt", sagt Johann Wulf. "Außerdem hatten wir auch schon Weihnachtsfeste, an denen ein Kalb geboren wurde. Dann musste ich den Tag im Stall verbringen." Dieses Mal droht eine solche Gefahr jedoch nicht. Die "Christkuh" ist bereits am 20. Dezember zur Welt gekommen.

Nach dem Melken werden die Tiere gefüttert und die Ställe ausgemistet. Danach geht es zur Biogasanlage, die der Bauer seit einem Jahr mit einem befreundeten Landwirt betreibt. "Wir versorgen damit das Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus in Bargfeld-Stegen mit Heizwärme", sagt er. "Deshalb ist es wichtig, dass alles funktioniert, auch Weihnachten." Etwa zwei Stunden lang muss Johann Wulf die Anlage am Vormittag überwachen, dann wird er von einem Angestellten abgelöst.

Während sich der 29-Jährige um die Arbeiten auf dem Hof und die Biogasanlage kümmert, steht seine Mutter Rita seit 7 Uhr in der Küche. Sie ist für die Zubereitung des Essens zuständig. Johann Wulfs Freundin Anke Zielinski unterstützt sie dabei. "In diesem Punkt haben wir bei uns noch die klassische Aufteilung", sagt der Bauer. "Die Frauen machen das Essen, die Männer arbeiten auf dem Hof." Und sein Vater Hans-Egon Wulf ist für das Aufstellen des Weihnachtsbaums zuständig. Diese Aufgabe hat er allerdings bereits am Sonntag erledigt. Beim Abwasch nach dem Essen sind dann alle wieder vereint. "Das machen wir zusammen, dann geht es schneller", sagt Rita Wulf. "Die Frauen waschen und spülen, die Männer übernehmen das Abtrocknen des Geschirrs."

Dieses Jahr gibt es bei Familie Wulf Gans mit Rosenkohl, Rotkohl, Kroketten und Salzkartoffeln. Damit alle zehn Erwachsenen und die neun Kinder satt werden, bereitet Rita Wulf gleich drei Gänse zu. Die Tiere bringt Tochter Christiane Ahnfeldt von ihrem Hof im Ammersbeker Ortsteil Bünningstedt mit. Die anderen beiden Töchter Martina Stölken und Stefanie Bäumer, die mit ihren Familien aus Großhansdorf und aus der Nähe von Flensburg anreisen, steuern den Nachtisch und die Torten für den Nachmittagskaffee bei. Tiramisu, Eis, Bratäpfel, Nuss- und Philadelphiatorte finden so den Weg zum Bauernhof nach Bargfeld-Stegen. "Das Essen ist meist so viel, dass es für drei Tage reichen würde", sagt Johann Wulf.

Gegessen wird an einem langen Tisch im Wohnzimmer, der gerade noch so für 19 Personen reicht. Rita Wulf deckt ihn bereits Heiligabend. "Da habe ich Zeit", sagt die 63-Jährige. Denn ihr Sohn Johann verbringt den Tag dieses Jahr mit seiner Freundin Anke Zielinski und den beiden Kindern Stine, 2, und Janne, elf Monate, in der Nähe von Hildesheim bei Ankes Eltern. "Wir versuchen uns immer abzuwechseln", sagt die 26-Jährige. "Dieses Jahr fahren wir Heiligabend zu meinen Eltern, das nächste Mal sind wir wieder in Bargfeld-Stegen bei seinen Eltern."

Wenn am ersten Weihnachtstag um 12 Uhr alle Familienmitglieder eingetroffen sind, steht als Erstes die Bescherung auf dem Programm. "Sonst hätten wir während des Essens keine Ruhe", sagt die Großmutter. Sie hat mit ihrem Mann für alle neun Enkelkinder Geschenke besorgt und liebevoll verpackt. Ihre Töchter und ihr Sohn bekommen wie jedes Jahr jeweils ein Buch. Die Geschwister wiederum beschenken ihre Nichten und Neffen - und sich gegenseitig. "Dabei haben wir eigentlich mal abgemacht, dass wir uns nichts schenken", sagt Johann Wulf. "Aber so ganz ohne Geschenke geht es dann doch nicht. Jeder kommt mit irgendeiner Kleinigkeit an." Einige Kinder sagen Gedichte auf, bevor es ans Auspacken geht. "Aber nur, wer möchte", sagt Großvater Hans-Egon. "Das ist bei uns ganz zwanglos."

Der Weihnachtsmann besucht die Wulfs am 25. Dezember allerdings nicht auf den Bauernhof. "Der kommt bereits Heiligabend zu den Familien unserer Kinder", sagt Rita Wulf, und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: "Bei uns wurden die Geschenke nur abgegeben und liegen daher bereits unter dem Weihnachtsbaum." Manchmal gebe es nach dem Auspacken Stress, weil alle Kinder ihre Geschenke gleichzeitig im Wohnzimmer aufbauen wollten, dafür aber nicht genug Platz sei. Doch das nehmen Rita und Hans-Egon Wulf gern in Kauf - zumal sich anschließend beim gemeinsamen Festessen in der Regel alle wieder beruhigen.

Für eine Abkühlung der Gemüter sorgt auch der Spaziergang nach dem Essen durch den Ort. "Das machen wir jedes Jahr, weil es sonst zu laut im Haus wird. Dabei können sich die Kinder etwas austoben", sagt Rita Wulf. "Wenn dann alle durchgefroren sind, gibt es zu Hause Kaffee und Torte."

Danach geht es für Johann Wulf wieder in den Stall, denn die Kühe müssen ein zweites Mal gemolken und gefüttert werden. "Ich muss um 16.30 Uhr im Stall sein, denn die Tiere sind auf feste Melkzeiten eingestellt", sagt der Bauer. Der Rest der Familie musiziert währenddessen zusammen im Wohnzimmer. Auch das hat bei den Wulfs Tradition. Gesungen werden Lieder wie "O Tannenbaum", "O du Fröhliche" und "Leise rieselt der Schnee". Dazu spielt Marvin, der mit zwölf Jahren älteste Enkel, auf dem Keyboard. "Danach erzähle ich die Weihnachtsgeschichte", sagt Hans-Egon Wulf.

Gefeiert wird bis zum Abend. Dann machen sich Christiane Ahnfeldt und Martina Stölken mit ihren Familien auf den Weg zurück nach Ammersbek und Großhansdorf. Die jüngste Tochter Stefanie Bäumer bleibt mit ihrer Familie über Nacht und begibt sich erst am zweiten Weihnachtstag auf den Rückweg in Richtung Flensburg. Rita und Hans-Egon Wulf freuen sich dann bereits wieder auf das nächste Weihnachtsfest, an dem sie die ganze Familie um sich versammelt haben.