Die Firma GE Seifert in Ahrensburg baut Strahlen-Kontrollgeräte für die Industrie-Produktion. Heute feiert die Firma 120-jähriges Bestehen.

Ahrensburg. Hier wird genau hingeschaut - ganz genau sogar. Eine millimeterkleine Luftblase oder ein im falschen Winkel wachsender Kristall bleibt den Kontrollgeräten von General Electric (GE) Seifert Analytical X-Ray mit Sitz an der Bogenstraße im Ahrensburger Gewerbegebiet West nicht verborgen.

Dank der Röntgenstrahlung können die Geräte wie das Galaxy XRD XL in die Welt der Atome leuchten und zum Beispiel nachspüren, wie Kristalle in einem Silicium-Block angeordnet sind. Das müssen Hersteller von Wafern, also Bauteilen der Mikrosystemtechnik oder der Solarindustrie, wissen. Ist ein Kristall nicht wie gewünscht angeordnet, leitet der Wafer später nicht so gut. Um solche Fehler zu vermeiden und möglichst wenig Materialverlust bei den teuren Silicium-Blöcken zu haben, zahlen Hersteller auch schon einmal 500 000 Euro für so ein Kontrollgerät. Denn Röntgenstrahlen haben noch einen entscheidenden Vorteil: Die Bauteile müssen für die Kontrolle nicht zerschnitten oder beschädigt werden - im Fachjargon heißt das NDT, nondestructive testing, zu Deutsch: zerstörungsfreie Werkstoffprüfung.

"Die für die Geräte notwendige Technologie bewegt sich immer kurz vor Nobelpreis-Niveau", sagt Alfried Haase, Geschäftsführer bei GE Seifert und erinnert an den ersten Nobelpreisträger der Physik, Wilhelm Conrad Röntgen. Auf den von ihm entdeckten und nach ihm benannten Strahlen basiert bei GE Seifert in Ahrensburg alles.

Seifert produziert keine Massenware, sondern Geräte, die auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. Deshalb kosten sie auch viel. "Bei einigen Bauteilen ist die Prüfung das teure", erläutert Haase. So betrage bei manchen zu prüfenden Produkten der Materialwert pro Stück zehn Euro. Durch die aufwendigen Tests kosteten sie schließlich aber 1000 Euro. "Hersteller im Flugzeugbereich müssen für ihre Produkte teilweise eine Materialprüfung über die vergangenen 40 Jahre dokumentieren können", so Haase.

Neben der Flugzeugindustrie sind auch Autohersteller auf die Prüfinstrumente aus Ahrensburg angewiesen. GE Seifert spielen dabei zwei Entwicklungen der modernen automatisierten Massenfertigung in die Hände. Etwa bei der Produktion von Motorblöcken kommt es auf Schnelligkeit, zugleich aber auch auf Präzision an.

"Da die Motoren immer energieeffizienter arbeiten sollen, werden die Blöcke komplexer", erläutert Werksleiter Edzard Leffers. Ältere Kontrollgeräte, die mittels Roboter-Greifarm ein Teil vom Fließband nehmen und es aus verschiedenen Positionen mit einem Röntgenstrahl beleuchten, reichten vielfach nicht mehr aus. "Die Kontrolle eines Motorblocks kann bei diesem Verfahren schon einmal mehrere Stunden dauern", so Leffers. Für die Kunden dauere das jedoch oft zu lange. Der 54 Jahre alte Werksleiter steht in der Produktionshalle vor einem großen grauen Kasten. Der ist die Antwort von GE Seifert auf die Ungeduld der Hersteller und der modernen Massenproduktion.

In schwarzen Buchstaben steht Speed Scan CT auf dem containergroßen Gerät. An der Seite befindet sich eine Öffnung, ein Fließband ragt heraus, das an das Förderband an der Kasse von Supermärkten erinnert. Es macht dreidimensionale Bilder der Bauteile. Drei Minuten dauert der Test. Auch die nötige Software, die Produktionsfehler erkennen soll, stammt von GE Seifert.

Sven Kärgling legt ein silbernes Bauteil darauf. Der Feinmechaniker, der 1987 als Auszubildender in der Firma anfing, hat eine Schutzbrille auf der Nase, trägt eine blaue Arbeitshose und Spezialschuhe mit einer dicken Gummisohle. Am Gürtel trägt er zwei kleine Mess- und Warngeräte, die die Strahlung im Raum messen. "Einen Alarm haben wir noch nie gehabt", sagt Leffers. Die Strahlung beim Speed Scan wird vom grauen Kasten aus Blei eingedämmt. "Außerdem sind die Dosen bei den Tests minimal", so der Werksleiter.

Auf den Speed Scan sind sie an der Bogenstraße besonders stolz. Um die Neuentwicklung in Ahrensburg testen zu können, hat der US-amerikanische Mutterkonzern rund eine Million Euro in den Standort investiert. Und offenbar ist das Gerät beliebt.

"Ein Kunde war so verzweifelt, dass er uns mit Lastwagen rund 400 Motorblöcke hierher geschickt hat, weil wir sie in unserem Werk mit dem Speed Scan kontrollieren sollten", erinnert sich der Werksleiter.

Leffers selbst ist ein Jungspund, was die Betriebszugehörigkeit angeht. Im Oktober 2011 fing er in Ahrensburg an, nachdem er zuvor bei Philips in Hamburg gearbeitet hatte. Leffers steht auch in Verbindung mit dem US-amerikanischen Mutterkonzern General Electric (GE). Hin und wieder gilt es für Werksleiter Leffers, die Mentalität der US-Amerikaner zu berücksichtigen. "Wenn wir Besuch von nordamerikanischen Managern haben, versuchen wir schon, ihnen eine Show zu bieten", gibt Leffers zu. Nur beeindruckte Konzernlenker machten auch Geld für den Standort locker. Und offenbar haben Leffers und die Ahrensburger die Gäste mit dem Scheckheft überzeugt. "Wir haben in diesem Jahr 600.000 Euro in unsere Produktion investieren können. Außerdem haben wir noch rund eine Million Euro für die Entwicklung bekommen", sagt Leffers. Die Million floss in den Speed Scan.

2003 übernahm das US-amerikanische Pendant zu Siemens das Ahrensburger Traditionsunternehmen Richard Seifert von der belgischen Agfa AG. Das Unternehmen Seifert war am 12. Dezember 1892 im Hamburger Grindelhof gegründet worden. Seit 1964 sitzt Seifert an der Bogenstraße und hat heute 153 Mitarbeiter.

Wenn es um Leffers Einstand geht, spricht Alfried Haase scherzhaft von der "Oktoberrevolution". Denn mit dem neuen Chef kamen ein frischer Wind und Veränderungen auf die Mitarbeiter im Ahrensburger Werk zu. Einige Mitarbeiter mussten das Büro wechseln.

"Chefs müssen Duftmarken setzen", sagt Leffers. Doch sagt er auch, dass er die Mitarbeiter mitnehmen müsse bei den Veränderungen. Leffers: "Man muss viel zuhören und weniger reden." In der Firma herrsche eine positive Stimmung, so der Werksleiter. Man bemühe sich, die Leute langfristig zu halten. Daher werde auf die Ausbildung des Nachwuchses besonderer Wert gelegt. Zwölf Auszubildende arbeiten bei GE Seifert in Ahrensburg.

Einer von ihnen ist Kevin Wehrenberg. Der 21-Jährige lässt sich zum Industriekaufmann ausbilden und ist Sprecher der Auszubildenden. Bei Problemen müsste er daher mit den Vorgesetzten sprechen. "Aber Probleme gab es bislang nicht", sagt Wehrenberg, der in seinem zweiten Lehrjahr ist. Er durchläuft verschiedene Abteilungen. Derzeit ist er in der Buchhaltung und prüft Rechnungen der rund 1200 Zulieferer des Werks in Ahrensburg.

Durch das 120-jährige Jubiläum kommt nun noch ein weiterer hinzu. Für die Feier hat Leffers bei einem Ahrensburger Konditor eine Torte bestellt. "Die wird Supply-Chain-Leiterin Alicia Hammersmith anschneiden."