Der Großhansdorfer Club startet eine Spendenaktion für den 19-Jährigen, der vor vier Jahren vom Parkhaus in Ahrensburg stürzte.

Großhansdorf. Als Erwin Lampe vom Schicksal des heute 19-jährigen Nico aus Hoisdorf in der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn liest, denkt er sofort an seine eigenen Kinder. "Sie sind ungefähr im gleichen Alter wie Nico. Mein ältester Sohn kennt ihn sogar", sagt der Großhansdorfer. Dann fügt er nachdenklich hinzu: "Das hätte auch meinen Kindern passieren können." Was Lampe meint, ist ein schrecklicher Unfall, der vor vier Jahren das Leben eines damals 15-Jährigen und dessen Mutter von einer Sekunde auf die andere veränderte. Der junge Hoisdorfer stürzte in Ahrensburg vom Dach des Parkhauses am Bahnhof sieben Meter tief auf eine Betonrampe, verletzte sich lebensgefährlich.

Heute sitzt Nico im Rollstuhl, kann nicht sprechen. Er lebt in einem Schul- und Therapiezentrum in der Nähe von Kiel. Seine Mutter Angela Meyer kümmert sich aufopfernd um ihn. Über Benefizveranstaltungen, wie sie jetzt auch der Lions Club Großhansdorf plant, sagt sie: "Ich bin überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Menschen. Die Unterstützung, die wir bekommen, ist eine riesige Erleichterung für mich und meinen Sohn. Ohne sie hätte Nico kaum Chancen auf Besserung."

Rückblick: Es ist ein Freitag im Oktober 2008. Nico trifft sich nach der Schule mit Freunden auf dem obersten Deck des Parkhauses Alter Lokschuppen in Ahrensburg. Die Schüler feiern den Beginn der Ferien. Sie sind leichtsinnig, klettern auf ein ungesichertes Plateau. Nico macht einen unbedachten Schritt, stürzt in die Tiefe und schlägt mit dem Kopf auf eine Betonrampe, eine Auffahrt zum Parkdeck. Die geschockten Freunde alarmieren den Notarzt. Die Diagnose: Schädel-Hirn-Trauma, apallisches Syndrom, Beckenbruch und eine Lungenquetschung. Der Jugendliche liegt monatelang im Wachkoma und wird immer wieder operiert. Bis heute leidet er unter lebensbedrohlichen epileptischen Anfällen, muss rund um die Uhr betreut werden.

Der Großhansdorfer Erwin Lampe möchte Nicos Familie helfen. Beim Lions Club in seinem Heimatort findet er Unterstützung. "Das Schicksal von Nico ist bei uns schon lange ein Thema", sagt Präsident Roger Rinck. "Es hat uns alle berührt. Da wollen wir etwas tun."

Der Unfall habe das Leben der Familie von einer Sekunde auf die andere komplett verändert. "Nicos Mutter muss eine Verantwortung tragen, mit der wir alle überfordert wären", sagt Rinck. Der Lions Club Großhansdorf, der schon einmal 1000 Euro für Nico gespendet hat, hat jetzt ein Spendenkonto eingerichtet. 1500 Euro haben die Lions als Startkapital eingezahlt. Zwei Firmen aus Großhansdorf und Hamburg haben bereits ihre Unterstützung signalisiert. Sie wollen zusammen 2500 Euro spenden. Auch die Abendblatt-Aktion "Von Mensch zu Mensch" unterstützt Nicos Mutter (siehe unten).

"Wir möchten der Mutter dabei helfen, kurzfristig die Dinge zu beschaffen, die Nico dringend braucht", sagt Lions-Schatzmeister Ferdinand Plehn. Die Abrechnung erfolgt über vorgelegte Rechnungen. Der Lions Club übernimmt die Kosten, die nicht durch die Krankenkasse gedeckt sind. "Was gespendet wird, geht eins zu eins an Nico", sagt Plehn, "es entstehen keine Verwaltungskosten, weil wir alle ehrenamtlich aktiv sind."

Als Nächstes wollen die Lions-Mitglieder mit Angela Meyer eine Liste erstellen, welche Zuschüsse in den kommenden Jahren nötig sind. Erwin Lampe sagt: "Wir hoffen, dass Nico und seine Mutter dadurch etwas zur Ruhe kommen können und sie mehr Zeit füreinander haben, anstatt sich Sorgen um Geld machen zu müssen." Fest steht bereits, dass die Lions einen Teil der Kosten für einen Duschtoilettensitz übernehmen wollen. Er kostet rund 5500 Euro, etwa 1100 Euro übernimmt die Krankenkasse nicht.

Zudem bitten die Lions bei ihrer Après-Ski-Party "Hüttenzauber" am 9. Februar um Spenden für Nico. Bei der Wohltätigkeitsveranstaltung sammelt der Serviceclub jedes Jahr Geld für soziale Jugendprojekte. Karten gibt es für 35 Euro bei Schreibwaren Rieper (Eilbergweg 16) in Großhansdorf.

Nicos Mutter ist gerührt von der großen Hilfsbereitschaft. "Ich bin sprachlos", sagt sie, "die Unterstützung gibt mir eine unheimliche Sicherheit, weil ich mir jetzt bei der Anschaffung von neuen Hilfsmitteln für Nico nicht mehr so große Sorgen machen muss, wie ich sie bezahlen soll." Es gibt einiges, was Nico in nächster Zeit gut gebrauchen könnte, zum Beispiel eine Lauflernhilfe und einen neuen kleineren Rollstuhl.

"Nico macht zurzeit auf allen Ebenen Fortschritte", sagt Angela Meyer. Sie hat noch eine weitere gute Nachricht: Ihr Sohn darf wahrscheinlich ein weiteres Jahr im Schul- und Therapiezentrum in Raisdorf bei Kiel bleiben. Zunächst sah es so aus, als müsse der Hoisdorfer die Einrichtung im Sommer 2013 wegen seines Alters verlassen. Meyer: "Wenn er die Schule noch länger besuchen darf, stehen die Chancen gut, dass er danach in der Lage ist, in einer Behindertenwerkstatt zu arbeiten."

Nico kommuniziert mit seinem Beinen. Für ein "Ja" wippt er mit dem linken Bein hoch und runter, für ein "Nein" bewegt er das Bein von links nach rechts. Seit Kurzem kann er "Nein" sogar aussprechen. Es ist bisher das einzige Wort. Doch seine Mutter glaubt fest daran, dass Nico irgendwann wieder richtig reden kann. Angela Meyer sagt: "Dann wird er sich bei all seinen Unterstützern mit seinen eigenen Worten bedanken. Diesen Moment wünsche ich mir so sehr."