Nicht rehabilitationsfähig

22. November: "Kirchengericht rehabilitiert Pastor"

Die Headline "Kirchengericht rehabilitiert Pastor" impliziert einen Freispruch von gemachten Vorwürfen. Bei genauerer Betrachtung wird dann deutlich, dass das Kirchengericht zu den Vorwürfen gar nicht Stellung bezogen hat. Es hat nur entschieden, dass eine Entfernung aus dem Dienst nicht verhältnismäßig sei, dem Pastor also weiterhin sein Ruhestandsgeld erhalten bleibt. Damit wurde dienstrechtlich vorerst Klarheit geschaffen, moralisch nicht. Wenn das Landeskirchenamt, wie zur Entscheidung kommentiert, bei seiner Rechtsauffassung bleibt, ist die Anrufung eines Berufungsgerichtes nicht ausgeschlossen und der Fall entgegen der Meinung des Anwaltes des Pastors nicht beendet. Die durch zweierlei Moral aufgeworfenen Verwerfungen in der Gemeinde können und werden durch diese disziplinarrechtlichen Verfahren nicht beseitig werden. Dem Ruf der Kirche schadet es, wenn Mitarbeiter ihre Stellung ausnutzen, um "intime Beziehungen", egal ob zu Kindern, Jugendlichen oder anderen Schutzbefohlenden, zu knüpfen oder zu dulden. Gefühlt sollen Schutzbefohlene im Raum der Kirche so sicher und geborgen sein, wie in Abrahams Schoß. Da wiegen menschliche Fehleinschätzungen und Vergehen besonders schwer. Die Kirche vertritt in der Gesellschaft die Aufrechterhaltung von Werten wie Moral, Empathie, Eigenverantwortung und Nächstenliebe. Diesen hohen Ansprüchen müssen sich alle Mitarbeitenden stellen, und wenn sie das nicht können oder wollen, freiwillig aus dem Dienst der Kirche ausscheiden. Dieser Pastor ist nicht rehabilitationsfähig, da er seine intimen Beziehungen ja öffentlich zugegeben hat und seine Mitwisserschaft sattsam bekannt ist. Als selbst ernannter Täter bleibt ihm nur, auch jetzt etwas zu tun; etwas Sinnvolles für die Opfer seines Fehlverhaltens und seiner Fehleinschätzung.

Dorothea E. Thie, Ahrensburg

Fragen zur Vorbildfunktion

23. November: "Das Bekenntnis der Bischöfe"

Wenn erst in diesem Jahrtausend erste Ansätze zum fachgerechten Umgang mit Verdachten von sexueller Kindesmisshandlung und deren Aufdeckung entwickelt worden wären, wenn nicht im Kreis Stormarn seit langer Zeit entsprechende Fachkonzepte vorliegen würden, wenn nicht unser Kirchenkreis selbst, als Träger von ambulanten und stationären Jugendhilfemaßnahmen und Lebensberatungsstellen, über eine entsprechende Fachkompetenz verfügen würde, könnte man Verständnis für unseren Kirchenkreis und die Bischöfe haben. Es stellen sich grundlegende Fragen in Bezug auf die Vorbildfunktion, die vermittelte humanistische, christliche Haltung und die inhaltliche Verantwortung gegenüber allen in den Einrichtungen und Arbeitsstellen betreuten Kindern und Jugendlichen. Dem Kirchenkreis sei angeraten, seine Werte und Haltungen im Sinne des amerikanischen Philosophen Michael, J. Sandel intensiv zu reflektieren.

Gabriela M. Klöber, Ahrensburg

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