Sonnabend-Serie: Das Abendblatt stellt Stormarner Vereine und ihre Mitglieder vor. Dieses Mal: die Landjugend Bargteheide.

Frederike Sczepan trägt weder Gummistiefel noch Latzhose. Ihre braune Lederjacke passt gut zu den halbhohen Absatzstiefeln. Die Auszubildende zur Industriekauffrau könnte dem Äußeren nach beim Einkaufsbummel in der Hamburger Innenstadt unterwegs sein. Doch Frederike Sczepan steht vor dem Bauernhof, auf dem sich die Mitglieder der Landjugend (LaJu) Bargteheide regelmäßig zum Stammtisch treffen.

"Wir Landjugendlichen sind längst keine typischen Bauern mehr", sagt die junge Frau, "wir kommen zwar alle irgendwie vom Land, aber viele von uns wohnen auch gar nicht mehr auf Bauernhöfen." Früher sei es das vorrangige Ziel der LaJu gewesen, die landwirtschaftliche Weiterbildung der Mitglieder zu gewährleisten. Doch heute gehe es hauptsächlich um den Spaß an gemeinsamen Unternehmungen und das Organisieren von Projekten zusammen mit Freunden aus der Umgebung.

Es wird immer schwieriger, neue Mitglieder zu finden

Frederike Sczepan ist die erste Vorsitzende des Vereins, der schon 1947 in Bargfeld-Stegen gegründet wurde. Das Klischee, dass alle Mitglieder der Landjugend in Ställen arbeiten, Misthaufen anlegen und mit Kühen kuscheln, ist ihrer Meinung nach einer der Gründe für die aktuellen Nachwuchssorgen des Vereins. Hinzu komme die Nähe zur Großstadt Hamburg. "Wer jung ist und feiern will, fährt eher die halbe Stunde nach Hamburg rein, als sich hier zu treffen", meint auch der zweite Vorsitzende Hauke Ruge.

Die Landjugend Bargteheide hat momentan rund 70 Mitglieder im Alter von 15 bis 30 Jahren. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Eintritte allerdings stetig gesunken. Dabei ist das Programm der Jugendlichen durchaus abwechslungsreich. Ein Vorstand, bestehend aus zwei Vorsitzenden, deren Vertretern, Kassenwart, Schriftführer und Pressewart, organisiert jedes Jahr Aktivitäten für die Mitglieder. Dazu gehören Ausflüge zur Kartbahn, Orientierungstouren und die Reise zur Landwirtschaftsmesse "Grüne Woche" in Berlin.

Scheunenfest, Winter- und Osterball sind die größten Veranstaltungen

"Orientierungstouren sind eine Art Schnitzeljagd mit dem Auto", sagt Frederike Sczepan. "Es gibt Stationen, an denen Aufgaben erledigt werden müssen. Dann bekommen wir den nächsten Hinweis. Wer zuerst am Ziel ankommt, hat gewonnen." Im Anschluss an die Orientierungstouren organisieren die Jugendlichen meistens eine kleine Party. Unter den Gewinnern wird ausgelost, wer die Tour im nächsten Jahr organisieren darf. Die LaJu bietet aber auch Veranstaltungen an, zu denen auch junge Leute kommen können, die nicht Mitglied sind. Über das genaue Programm wird auf der Jahreshauptversammlung besprochen. Dort wird außerdem die Kasse geprüft und ein Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate geworfen. Treffpunkt ist die Gaststätte Harms in Ammersbek.

"Insgesamt lernen wir viel in der Landjugend", sagt auch Mitglied Julia Büchler. Vor allem die Organisation von Veranstaltungen bringe viel. "Das erfordert ein hohes Maß an Vorbereitungen und Überlegungen."

Zu den Großveranstaltungen der LaJu gehören das alljährliche Scheunenfest, ein Winter- und ein Osterball und der Elternabend. Dieser Elternabend ist genau genommen ein weiterer Ball, den die LaJu dieses Jahr Anfang des Monats veranstaltet hat. Gefeiert wird meistens im Schützenhof in Bargteheide.

"Elternabend heißt es, weil wir unseren Eltern dort zeigen können, was wir das Jahr über geleistet haben", sagt Frederike Sczepan. In den meisten Fällen waren die Eltern früher selbst in der Landjugend. Die Mitgliedschaft werde sozusagen weitergegeben. Auch deswegen sind wohl neue Mitglieder von außerhalb schwer zu finden.

Ältere Einwohner werden zum Theaternachmittag eingeladen

"Wir sind damit aufgewachsen, wir kennen die Landjugend von unseren Eltern", meint auch die 16 Jahre alte Lisa Osterhoff. Sie ist eines der jüngsten Mitglieder und tanzt gern auf den Bällen. An den Abenden wird traditionell auch ein Showtanz aufgeführt. "Wer Lust hat, kann bei den Proben mitmachen", sagt Lisa. "Wir sind immer rund15 Leute beim Einüben und dem anschließenden Auftritt." Die Tänze werden zwei bis drei Monate lang einstudiert, eine Choreografin leitet das Training. "Der Showtanz ist eine Eigenheit von uns aus Bargteheide. Die anderen Landjugenden machen das nicht", sagt Hauke Ruge. Er selbst steht aber lieber mit der plattdeutschen Theatergruppe der Landjugend auf der Bühne.

Einmal im Jahr organisieren die LaJus außerdem einen Seniorennachmittag, an dem ebenfalls ein plattdeutsches Stück aufgeführt wird. Außerdem verteilen sie dort Kaffee, Tee, Kuchen und Torte. Für die älteren Besucher ist der Nachmittag kostenfrei.

Die Landjugend finanziert sich selbst. Der Großteil des Geldes in der Kasse stammt von den Einnahmen der Scheunenfeste und der Bälle. Im vergangenen Jahr musste allerdings ein Sparkurs gefahren werden. Denn das Scheunenfest musste ausfallen: Von Behördenseite gab es die Auflage, dass um ein Uhr nachts Schluss sein sollte. Für den Vorstand kam das nicht infrage. "Das lohnt sich doch überhaupt nicht. Dann braucht man ja gar nicht erst hinzugehen", sagt Hauke Ruge.

Zudem sei der Bescheid erst wenige Tage vor dem festgesetzten Termin angekommen. Das führte dazu, dass ein erneuter Antrag zeitlich nicht mehr möglich war. "Solche Vorkommnisse machen es für uns natürlich finanziell sehr schwierig", sagt Julia Büchler. Da ist es hilfreich, dass sich auf Nachfrage immer wieder auch private Sponsoren bereit erklären, den Verein zu unterstützen.

Über das "Bauer sucht Frau"-Vorurteil müssen die Mitglieder lachen

Auf den finanziell wichtigen Bällen und Feiern bleiben die Jugendlichen nicht nur unter sich, es sind alle Altersklassen vertreten. Das gemeinsame Feiern von Jung und Alt ist ein weiteres charakteristisches Merkmal der Landjugend. Dass auch manchmal die Eltern auf den Partys dabei sind, stört die LaJus nicht. "Ich hab mich mit Haukes Eltern schon gut verstanden, bevor ich ihn überhaupt richtig kannte", sagt die Freundin des 25-Jährigen, Alina Osterhoff. Sie ist die zweite Vorsitzende der Landjugend und schätzt den Zusammenhalt der Gruppe. "Man muss wenigstens keine Angst haben, dass die Eltern des Freundes einen nicht leiden können", sagt sie.

Die Landjugend sei eben auch eine kleine Kontaktbörse. Wo viele Jugendliche im selben Alter aufeinandertreffen, bilden sich häufig Pärchen. "Wir werden öfter mal als 'Bauer sucht Frau'-Verein abgestempelt", sagt Frederike Sczepan. "Eigentlich kann man über solche Vorurteile doch nur lachen." Die Jugendlichen, die auf dem Land aufwachsen, hätten selbst kaum Vorurteile gegenüber anderen. "Wir sind alle sehr offen gegenüber Neuem. Wir lernen die Menschen erst kennen, bevor wir uns ein Urteil über sie erlauben."

Auch Kathrin Rehders lernte ihren Freund in der Landjugend kennen. Inzwischen ist die 21-Jährige Vertreterin der Vorsitzenden des Landjugendverbands Schleswig-Holstein. Angefangen hat sie bei der Landjugend Wilstedt. Damals war sie 16 Jahre alt. "Meine Verantwortung im Landesverband ist deutlich größer als in den Ortsverbänden", sagt sie. "Ich betreue den Kreis Herzogtum Lauenburg und schreibe bereits seit 2010 regelmäßig an der neuen Satzung mit." In der Landjugend möchte sie so lange aktiv mitwirken, wie es ihr Spaß macht und sie sich jung fühlt. So, wie es die meisten LaJus machen.

Auch für die Bargteheider Vorsitzende Frederike Sczepan bedeutet die Landjugend viel. Der Zusammenhalt unter den Jugendlichen mache die Gruppe für sie einzigartig. "Wer Freunde in der Landjugend findet, hat Freunde fürs Leben. Wir unterstützen uns alle gegenseitig", sagt sie. Und deshalb lautet das Motto der Landjugend Bargteheide: Gemeinsam sind wir stark!

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