Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Es ist Abend, die U-Bahn kommt nicht. Müsste aber längst da sein. Ein Mann im HVV-Outfit wartet mit Rucksack, an dem Plüschtiere baumeln. Der U-Bahn-Zugführer, der seine Schicht beginnt. Doch seine Bahn kommt nicht. Er weiß, dass er seinen Dienst mit Verspätung antreten muss. Er ist genervt.

Tatsächlich wirken auch die anderen Wartenden langsam genervt. Endlich kündigt ein druckvoller Luftzug die kommende Bahn an. Kaum steht sie, fluten die Fahrgäste die Waggons. Erleichtert springt der U-Bahn-Zugführer in den ersten Triebwagen, schließt die Fahrerkabine auf. Die Menschen auf den Sitzen reißen ihre Mobiltelefone hervor. "Die U-Bahn hat Verspätung, keiner sagt was. Geh schon mal vor zu unserem Italiener!", telefoniert eine Dame. Ein Geschäftsmann verschiebt ein Abendessen, ein Mädchen ihr Date.

Der Zug fährt an. Plötzlich, ein Schlag - und er steht wieder. Und aus der Fahrerkabine erschallt dreimal das deutsche Fäkal-Kraftwort, gefolgt von einem "Leck mich doch am ..."

Der Tag des HVV-Zugführers wird nicht besser. "Ich bin über ein Rotsignal gefahren - weiß nicht warum, ist eben so!", brüllt er in ein Telefon. Alle Fahrgäste, die das hören, werden ganz still. Wenn wir Rot hatten, wer hatte dann Grün - und wann kommt er? Nach unendlich langen Sekunden fährt der Zug an und einfach weiter. Nichts passiert. Und alle sind froh, jetzt zu spät zum Abendessen kommen zu dürfen.