Nach den jüngsten Abwahlgerüchten stellt sich Oststeinbeks Bürgermeisterin erstmals den Bürgern

Oststeinbek. Spannung liegt in der Luft. Etwa 40 Oststeinbeker Frauen sitzen an einer langen Tafel im dem kleinen chinesischen Restaurant an der Möllner Landstraße. Die Frage: Kommt sie oder kommt sie nicht? Die Frauen warten auf die Bürgermeisterin der Gemeinde, Martina Denecke, die derzeit stark in der Kritik steht. Nach einer von ihr initiierten Umfrage im gemeindeeigenen Mitteilungsblatt Oststeinbek Aktuell, dass die Bürger nur kurz "Grünes Blatt" nennen, erwägen einige Gemeindevertreter, die Abwahl Deneckes einzuleiten (wir berichteten). Nach dem Aufruhr hätte es niemanden verwundert, wenn Denecke dem Klönschnack, eine reine Damenrunde, fern geblieben wäre. Aber sie kommt.

Kurz nach 19 Uhr steht sie plötzlich im Raum, lächelt und wird von Radegunde Brüggemann, der Veranstalterin, herzlich begrüßt. Doch herzlich soll es nicht den ganzen Abend bleiben. Denecke muss sich vielen Fragen, vor allem vielen heiklen Fragen stellen, die den Damen auf den Nägeln brennen. "Sie schießen aber auch regelmäßig die Böcke ab, Frau Denecke", sagt Brüggemann. "Das Grüne Blatt ist ein Kind von Oststeinbek", leitet sie das erste Thema ein und läutet anschließend mit einem kleinen Glöckchen, das sie auf den Tisch stellt. Wer immer etwa sagen möchte, könne es ergreifen.

"Mit Schrecken habe ich das letzte Grüne Blatt gelesen. Ich bin fassungslos über den Fragebogen. Wer hat das veranlasst?", will eine der Damen als erstes wissen. Denn der Text, in dem unter anderem von einem "shitstorm" die Rede ist, ist lediglich mit dem Hinweis "Die Verwaltung" unterzeichnet.

Denecke sagt, dass es "lediglich eine Umfrage" zu dem Thema sei, ob die Bürger so hinter dem Grünen Blatt stehen. Eine Entscheidung, das Blatt einzustellen, könne sie nicht treffen. Dies sei Sache der Politik. "Ich habe über lange Zeit die einseitige Berichterstattung so laufen lassen." Ob sie die Verfasserin ist, lässt sie offen. Sie sagt lediglich: "Es kann nicht sein, dass Parteien das Gemeindeblatt nutzen, um darin Mitarbeiter der Verwaltung vorzuführen. Es dürfen darin keine diskriminierenden Artikel verbreitet werden." Es gebe keine andere Gemeinden, die Blätter herausgeben würden, in denen Parteien politische Inhalte verbreiten dürften. Sie spricht laut, auch sehr erregt, spricht von "verdeckter Subventionierung der Parteien" und davon, dass sie nicht wolle, dass die Bürger falsche Tatsachen vorgelegt bekämen. "Sie sollen richtig informiert werden."

Das Vorgehen der Bürgermeisterin können aber viele der Damen nicht verstehen. "Das ist ein Verstoß gegen die Pressefreiheit", sagt eine ältere Teilnehmerin. "Sie dürfen das nicht zensieren", sagt eine andere. "Es gibt kein Gut und kein Falsch. Nicht jedem gefallen die Äußerungen aller Parteien. Aber wir wollen uns unsere eigene Meinung bilden. Das ist Demokratie." Das Glöckchen wandert kreuz und quer über den Tisch, viele wollen etwas dazu loswerden. Die Debatte wird hitziger. Zwischendurch springt Radegunde Brüggemann ein, um die Diskussion auf eine sachliche Ebene zu holen.

"Wenn die Parteien etwas gegen mich schreiben, muss ich reagieren", beharrt Denecke. Mit ihrer Meinung steht sie jedoch an diesem Abend allein da. Die Besucherinnen aber wollen ihr einen Rat geben: "Als Bürgermeisterin müssen sie das aushalten. Sie müssen über den Dingen stehen und cool bleiben", sagt eine ältere Dame. Auch Brüggemann empfiehlt ihr, mehr Gelassenheit an den Tag zu legen. "So bringen sie nur noch mehr Leute gegen sich auf", sagt eine weitere Besucherin.

Es geht nicht nur ums Grüne Blatt. "Stimmt es, dass der Krankenstand im Rathaus so hoch ist? Warum ist das so?", will eine der Damen wissen. Denecke erläutert, dass in den Jahren vor ihrer Amtszeit viele Verwaltungsangelegenheiten nicht aufgearbeitet worden seien. Die Arbeitsbelastung sei sehr hoch. "Es gibt keinen Datenschutzbeauftragten, auch sind über viele Jahre hinweg keine Gebührenbescheide für Feuerwehrleistungen bearbeitet worden, die wir jetzt erst alle verschicken. Dazu haben wir viele Bauvorhaben", erklärt Denecke. Die Personaldecke sei viel zu dünn.

Für einige Damen sagt sie das viel zu hitzig. "Sie nimmt alles zu persönlich, ist viel zu aufgeregt", sagt eine der Frauen am Tischende. Und schon greift wieder eine ältere Dame zum Glöckchen: "Wie empfinden sie Oststeinbek?"

Denecke: "Ich fühle mich wohl hier. Aber ich bin von Anfang an unter Beschuss gewesen. Das ist nicht einfach für mich. Ich wünsche mir, dass man auf mich zukommt. Aber ich kann nicht mehr leisten, als 13 Stunden am Tag meine Tür geöffnet zu haben."

"Es scheint so, als sei der Zeitpunkt verpasst worden, richtig miteinander zu reden", zieht eine der Frauen ein Fazit und rät der Bürgermeisterin dringend zu einer Mediation mit den Gemeindevertretern.

Brüggemann hofft, dass sich die Wogen in Oststeinbek glätten und ihre Veranstaltung "Klönschnack mit der Bürgermeisterin" zu einer besseren Gesprächskultur beiträgt. Im Januar soll es einen erneuten Termin geben. Brüggemann: "So können Annäherungen geschaffen werden, die vielleicht zu einem guten Ergebnis führen werden."