Zum 50-jährigen Bestehen ist Ewert Ahrensburg Electronic nach schwierigen Zeiten wieder auf Erfolgskurs. Gründer begann in einem Kohlenschuppen

Ahrensburg. Anfang der 60er-Jahre herrschte Aufbruchstimmung in Deutschland. Die Nachwirkungen des Krieges waren kaum noch zu spüren, viele junge Menschen wagten den Schritt in die Selbstständigkeit - so auch der damals 30 Jahre alte Elektronikingenieur Richard Ewert. In einem Kohlenschuppen in Ahrensburg gründete er das Ingenieurbüro Ewert (IBE). Das Geld war knapp, und die Banken waren skeptisch. Doch es gab Aufträge - die Kunden der ersten Stunde waren die Verlage Axel Springer und Heinrich Bauer - und erste Mitarbeiter.

Genau 50 Jahre später ist Ewert Ahrensburg Electronic (EAE) einer der weltweit führenden Anbieter in der grafischen Industrie. Das Unternehmen liefert die Technik zur Steuerung von Zeitungsdruckmaschinen. Es sorgt dafür, dass die größten Medienhäuser der Welt wie Axel Springer, in dem auch das Hamburger Abendblatt erscheint, "Daily News" in New York, "O Globo" in Rio de Janeiro und die "South China Morning Post" in Hongkong mit der modernsten Druckersoft- und -hardware arbeiten können. Heute feiert EAE das 50-jährige Bestehen.

Die Nachfrage nach Elektronik für Druckmaschinen stieg in der Gründerzeit so schnell, dass die Firma mehr Platz brauchte. 1970 wurde ein neues Verwaltungs- und Produktionsgebäude am Kornkamp im Ahrensburger Gewerbegebiet bezogen, in dem die Firma noch heute zu finden ist. Richard Ewert setzte von Anfang an auf die jeweils neueste Technik. "Er war ein harter Arbeiter, der immer viel von seinen Mitarbeitern forderte, aber mindestens genauso viel auch zurückgab. Es hat Spaß gemacht, für ihn zu arbeiten", sagt Birgit Wagner, 56, Assistentin der Geschäftsführung. Sie ist seit 24 Jahren bei EAE, hat also fast die Hälfte der Firmengeschichte miterlebt.

Die Grundlage für den rasanten Aufstieg bildete Mitte der 70er-Jahre die neue Mikroprozessortechnik: Die Firmenleitung war innovativ und mutig, während viele Mitbewerber der konventionellen Technik treu blieben. Ewert entwickelte mit seinem Team erste komplette Antriebs- und Steuerungssysteme für Rollen-Offsetdruck und in den Folgejahren auch im Tiefdruckbereich. Ein Büro in London, die Tochtergesellschaft Ewert America Electronics Ltd. in den USA und Ewert Automation Electronic in Coswig bei Dresden wurden gegründet. Das Familienunternehmen wuchs auf weltweit 450 Mitarbeiter, die Zentrale in Ahrensburg wurde auf 8500 Quadratmeter erweitert.

Doch weltweite Wirtschaftskrisen, die seit rund einem Jahrzehnt auch die Zeitungslandschaft stark verändern, stoppten den Aufschwung jäh. Die Firma musste Beschäftigte entlassen, zwei Jahre lang gab es Kurzarbeit. "Das war eine harte Zeit", sagt Geschäftsführer Werner Ringel, 59, "und das ist auch der Grund, warum die Jubiläumsfeier nicht in einem allzu großen Rahmen ausfallen wird." Heute sind die Geschäftspartner zu einem Empfang ins Ahrensburger Park-Hotel eingeladen, morgen folgt eine Feier für die Mitarbeiter.

Seit zweieinhalb Jahren schreibt die Firma wieder schwarze Zahlen

Werner Ringel ist seit drei Jahren Geschäftsführer. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater und Restrukturierungsmanager. Firmengründer Richard Ewert hat sich vor vier Jahren aus dem Alltagsgeschäft zurückgezogen.

"Wir haben die Prozesse und Einkaufsbedingungen optimiert, das Unternehmen neu organisiert und somit die Kosten gesenkt", sagt Ringel, "wir sind auf einem guten Weg. EAE schreibt seit zweieinhalb Jahren wieder schwarze Zahlen, und wir konnten trotz der Probleme eine große Fluktuation innerhalb unserer Mitarbeiterschaft verhindern."

Ein Beispiel für Firmentreue ist Bernd Poff, der seit 18 Jahren dabei ist. Der 50-Jährige zeichnet für den Verkauf im osteuropäischen Raum verantwortlich. Er hält den Kontakt zu Kunden, führt Preisverhandlungen und macht Werbung für die Automatisierungssysteme für Druckmaschinen. "Für mich ist jeder Tag anders", sagt Poff, "jedes Projekt hat unterschiedliche Herausforderungen, das macht den Beruf so interessant."

Mit EAE-Technik werden täglich mehr als 125 Millionen Zeitungen gedruckt

Seit der Gründung hat die Firma 581 junge Menschen im gewerblichen und kaufmännischen Bereich ausgebildet. Einer davon ist Marcel Wollgramm, heute Abteilungsleiter für Projektkalkulation. 1995 begann er seine Ausbildung als Industriekaufmann. "Ich arbeite noch immer gerne hier", sagt Wollgramm. "Richard Ewert hatte immer einen sehr persönlichen Kontakt zu seinen Angestellten und kannte so gut wie jeden Namen. Sein Geist ist auch jetzt noch zu spüren. Die Arbeitsatmosphäre ist sehr angenehm."

550 Druckereien vertrauen weltweit auf EAE-Steuerungen. Tag für Tag werden damit mehr als 125 Millionen Zeitungen gedruckt. Für den reibungslosen Ablauf gibt es die Service- und Montageabteilung, die Christoph Wenk leitet. Der 37-Jährige betreut alle laufenden Baustellen. 16 Monteure sind rund um den Erdball unterwegs, 15 Servicemitarbeiter beantworten am Telefon Fragen und nehmen Ersatzteilbestellungen an.

Für den größten Unternehmensbereich ist Heiko Küttner verantwortlich. Der 43-Jährige ist technischer Leiter und beschäftigt sich mit der gesamten Produktion. Das geht bei der Kalkulation los und hört mit der Abarbeitung aller Projekte auf. Mehr als 100 Ingenieure und Techniker arbeiten bei EAE. "Wir haben einen großen Anspruch an unsere Mitarbeiter. Aber wenn man Leistung bringt, wird das auch anerkannt", sagt Heiko Küttner.

In den vergangenen 50 Jahren hat das Familienunternehmen Höhen und Tiefen erlebt. Geschäftsführer Werner Ringel blickt positiv in die Zukunft: "Wir haben mehrere Projekte in der Tiefdruckindustrie in Planung, die auch kurzfristig umgesetzt werden. Wir wollen in diesem Markt weiter wachsen." Wichtig sei der persönliche Umgang, damit man bei EAE immer von einem traditionsbewussten Familienunternehmen sprechen könne. Ringels Jubiläumsfazit: "Wir stoßen auf 50 Jahre Leidenschaft und Innovation für die Druckindustrie an."