Dass es Gedenkaktionen zum 9. November gibt ist ohne jeden Zweifel richtig und wichtig. Und es gereicht den Ahrensburger Organisatoren zur Ehre, dass sie morgen, mit ihrem "Gang des Erinnerns", die einzige Aktion dieser Art im Kreis Stormarn anbieten werden. Es handelt sich nicht um ein rituelles Bekenntnis zur historischen Schuld - vielmehr wird vielen Bürgern ein Teil ihrer Stadtgeschichte gezeigt, den sie nicht oder kaum kennen. Ahrensburgs Bevölkerung verändert sich, deshalb muss ihr Gedächtnis immer wieder aufgefrischt werden.

Die Aktion weist in die richtige Richtung - nämlich in eine, die in der Konsequenz über die Betrachtung der Verbrechen der Nazizeit hinaus geht. So grausam diese Taten waren und so wichtig ihre Thematisierung ist - jene Juden und ihre Vorfahren hatten auch vor 1933 ein Leben, und sie verdienen es, nicht allein als Opfer betrachtet zu werden. Vielmehr gilt es, die Geschichte der Ahrensburger Juden insgesamt in den Blick zu nehmen. Sie siedelten sich schon im 18. Jahrhundert an, lebten in Ahrensburg, bereicherten die Stadt kulturell. Darüber ist bisher viel zu wenig bekannt, und es gilt, diesem Mangel abzuhelfen.

Heute hat Ahrensburg wieder eine jüdische Gemeinde. Eine, die dasselbe tut wie jene damals: Sie bereichert die Stadt kulturell. Sie sollte genauso ernst genommen werden wie historische Daten und ein selbstverständlicher Teil der Stadt sein.