Hans-Jürgen Hansen unterstützt Projekt Kaokoland. Neues Haus für die Kinder ist im Bau. „Lebensgrundlage wird schlechter.”

Ammersbek/Namibia . "3 Linden" steht auf der Fahne, die im Wind vor dem weißen Haus flattert. Der Name des früheren Berliner Grenzkontrollpunktes erregt die Aufmerksamkeit des Hamburgers Günther Süfke, als er auf der Straße, an der auch die bei Touristen beliebten Epupa-Wasserfälle liegen, unterwegs ist. Er hält an und lernt ein Ostberliner Ehepaar kennen, das hier, mitten in der namibischen Trockenregion Kaokoveld, nahe der Grenze zu Angola, ein Kinderhilfsprojekt leitet.

Süfke ist begeistert von dem Engagement des Ehepaares und entschließt sich, zu helfen. Ende 2009 kommt er zurück - gemeinsam mit einem Freund, dem Ammersbeker Hans-Jürgen Hansen. "Wir waren knapp drei Wochen in Namibia unterwegs, zehn Tage davon haben wir das Projekt Kaokoland besucht", erzählt Hansen, der den Verein seitdem unterstützt.

Gisela und Andreas Horn haben den Verein Kaokoland 1996 gegründet. Die Apothekerin und der Wasserbauingenieur leben mittlerweile im Kaokoveld, einer Region im Nordwesten Namibias, in der die Trockenzeit sieben bis zehn Monate dauert. Rund 30 Kinder im Alter von drei bis 16 Jahren kommen seit 2001 täglich zu dem Haus, das hinter der "3 Linden"-Fahne steht. Sie sind zumeist Waisen oder Halbwaisen, ihre Eltern sind an Aids gestorben. "Nahezu 40 Prozent der Erwachsenen der Himba-Bevölkerung in der Region sind infiziert", sagt Hansen.

Die Kinder, die von der Regierung für das Projekt ausgewählt werden, essen dort zu Mittag. "Wir wollen den Kindern ein ausgewogenes Essen bieten, das eiweiß- und vitaminreich ist. Üblicherweise essen die Menschen im Kaokoveld sonst hauptsächlich Maisbrei. Das führt zu einer qualitativen Unterernährung", erläutert Hansen.

Etwa 150 Enten und Hühner leben auf dem Hof, regelmäßig wird geschlachtet. Auch der Ammersbeker hat während seines Aufenthalts in Namibia dabei geholfen. Das Gemüse für das Mittagessen stammt aus dem eigenen Garten. Dafür schickt Hansen immer mal wieder Saat nach Namibia.

Ursprünglich gedacht war das Hilfsprojekt für die Kinder des im Kaokoveld ansässigen Hirtenvolkes der Himba. Wie so oft während der Arbeit in Namibia sei die Realität aber anders als erwartet. "Häufig verweigern die Chiefs den Kindern die Teilnahme an den Mittagessen, weil die Himbas die Einstellung haben, die Familien sollten sich selbst kümmern", sagt Hansen, der während seiner Namibia-Reise auch selbst ein Himba-Dorf besucht hat. "Es war sehr interessant, die Himbas und ihre Lebensweise kennenzulernen, aber gleichzeitig war es auch deprimierend", sagt der Ammersbeker. Von vier Frauen, die bei seinem Besuch in dem Dorf anwesend waren, sei eine an Aids erkrankt gewesen. "Durch die Krankheit entstehen oft auch gravierende Probleme innerhalb der Familien", hat Hansen beobachtet. Er habe viele Himba-Kinder gesehen, die unterernährt gewesen seien. "Dagegen machten die Ovamba-Kinder, die an dem Mittagessen teilnehmen, einen ausgesprochen guten Eindruck", sagt Hansen. "Es ist toll, dass durch das Projekt für einen kleinen Kreis so viel getan werden kann."

Der Verein plant, ein Waisenhaus für zehn bis zwölf Kinder zu eröffnen, das Gebäude dafür ist bereits im Bau. "Kaum etwas läuft dort so, wie man es sich vorstellt und aus Deutschland kennt", sagt Hansen. Auch während des Baus habe es immer wieder Probleme gegeben, unter anderem, weil sich Einheimische unerlaubt Baumaterial "geborgt" hätten. "Inzwischen sind wir aber ein riesiges Stück vorangekommen, das Dach ist fertig."

In dem Waisenhaus sollen die Kinder auch eine schulische und praktische Ausbildung bekommen. "Das Problem ist, dass es in der Gegend kaum Beschäftigungsmöglichkeiten für die jungen Leute gibt", sagt Hansen. Die nächste Stadt Opuwo, die von der Größe vergleichbar sei mit Ahrensburg, liege 150 Kilometer entfernt. Zudem hat sich laut Hansen die Lebensweise der Himbas während der vergangenen Jahre stark verändert. So seien die Hirten von der Rinderhaltung auf die weniger aufwendige, bequemere Ziegenhaltung umgestiegen. "Ziegen richten aber ungleich größere ökologische Schäden an. Dadurch wird die Lebensgrundlage der Hirtenvölker zusehends schlechter."

Hansen hat es das westafrikanische Land dennoch angetan. "Namibia ist einfach toll, die Menschen sind unglaublich herzlich", sagt er. Er "liebäugele" mit dem Gedanken, in diesem Winter noch einmal das Kaokoveld zu besuchen. So lange unterstützt er das Projekt von Ammersbek aus, organisiert Flohmärkte, deren Erlös er spendet. "Vor allem die laufenden Kosten müssen finanziert werden, Grundnahrungsmittel und Treibstoff, um zum Einkaufen zu fahren", sagt Hansen.

Die Zentrale des Vereins sitzt in Berlin, Spender kommen vor allem aus Deutschland und der Schweiz. Namibischen Kindern zu helfen, hatten viele von ihnen nicht geplant. Der Zufall machte sie zu Unterstützern des Projekts, als sie wie Hans-Jürgen Hansens Freund auf dem Weg zu den Epupa-Wasserfällen neugierig wurden darauf, was sich in dem weißen Haus hinter der"3 Linden"-Fahne verbirgt.