Derzeit gehen sechs statt drei Anträge pro Woche ein. Der Kreis rechnet mit Mehrkosten für 2013. Bundesweiter Anstieg um 61,9 Prozent.

Bad Oldesloe. Die Zahl der Anträge auf Asyl hat sich im Kreis Stormarn seit Mitte des Jahres verdoppelt. "Bei uns gehen zurzeit sechs Anträge pro Woche ein. Normalerweise sind es etwa drei", sagt Jan-Christian Heth, der bei der Kreisverwaltung zuständig ist für Grundsatzangelegenheiten aus dem Fachbereich Soziales und Gesundheit.

Damit macht sich ein deutschlandweiter Trend auch im Kreis Stormarn bemerkbar. 6691 Asylanträge zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im September, gegenüber dem Vorjahresmonat bedeutet das einen Anstieg um 61,9 Prozent. Damit baten 2559 mehr Personen um Asyl.

Gut ein Drittel der Antragsteller stammt aus den Balkanstaaten Serbien und Mazedonien. Die meisten von ihnen gehören der Minderheit der Roma an. Da viele der Bewerber offen sagten, dass sie aufgrund der erhöhten Unterstützungssätze nach Deutschland kämen, beklagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) unlängst, es handele sich hierbei um einen "klaren Asylmissbrauch". Voraussetzung für das Recht auf Asyl ist laut Grundgesetz politische Verfolgung im Heimatstaat, Wirtschaftsflüchtlinge werden nicht anerkannt. Im Juli hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, die Leistungen für Asylbewerber auf das Niveau von Sozialhilfe und Hartz IV anzuheben. Sie waren seit 1993 nicht mehr angepasst worden.

Schleswig-Holsteins Beauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, Stefan Schmidt, warnte dagegen vor einer "Lex Roma". Man könne nicht pauschal von einer ganzen Bevölkerungsgruppe sagen, dass diese nicht einer Menschenrechtsverletzung ausgesetzt sei. Im Gegenteil sei eine Überprüfung der individuellen Situation erforderlich.

Ob auch die zusätzlichen Bewerber in Stormarn vermehrt aus den beiden Balkanstaaten stammen, kann Jan-Christian Heth "so noch nicht bestätigen". "Bisher verzeichnen wir nur einen Anstieg der Bewerber allgemein. Wir können noch nicht sagen, woher die Asylbewerber stammen und aus welchen Beweggründen sie nach Deutschland kommen", sagt der Fachbereichsleiter. Normalerweise stammten die Flüchtlinge, die nach Stormarn kommen, aus diversen Staaten. "Afghanistan, Iran, Syrien", zählt Heth drei der häufig vertretenen Heimatländer auf.

Den verstärkten Zulauf an Asylbewerbern hat auch Gerd-Günther Finck bemerkt. Dem Geschäftsführer des Vereins FIT - Für Integration und Toleranz, ist auch aufgefallen, dass einige Asylanträge aus Serbien und Mazedonien kommen. "Wir haben in jüngster Zeit zwei Asylbewerber aus den beiden Balkanstaaten beraten", sagt Finck. Normalerweise seien die meisten Bewerber aus dem Balkan Kosovo-Albaner.

Die beiden Flüchtlinge aus dem Balkan holten sich bei FIT Tipps für die Arbeitssuche ein. "Zunächst müssen sie einen Arbeitgeber finden, der bereit ist, sie einzustellen und der keine möglichen deutschen Bewerber für die Stelle hat", erläutert Finck. "Dann kann bei der Arbeitsagentur eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden." Ob diese erteilt werden, sei allerdings keineswegs garantiert.

"Wir sind gern bereit zu helfen, denn Arbeit ist essenziell wichtig für die Asylbewerber", betont Finck. Auch, weil viele Flüchtlinge aufgrund des Arbeitsverbotes keine berufliche Perspektive für sich sähen, ließen sich einige zu Straftaten verleiten. So nahm die Polizei erst kürzlich zwei junge Männer fest, die einige Zeit in der Oldesloer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber gelebt hatten und nun unter dem Verdacht stehen, mit Drogen gehandelt zu haben (wir berichteten). Finck: "Das sind glücklicherweise Einzelfälle."

Die Asylbewerber, die nicht in der Gemeinschaftsunterkunft an der Oldesloer Kampstraße leben, werden dezentral in Wohnungen in den ihnen zugewiesenen Kommunen untergebracht.

Der Kreis und die Kommunen teilen sich auch die Kosten für die 160 Asylbewerber, die zurzeit im laufenden Verfahren im Kreis Stormarn leben. Nach der Anhebung der Leistungen im Sommer hat voraussichtlich auch Stormarn mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen. Bis zu 100 000 Euro müsse der Kreis möglicherweise nachzahlen, sagte Heth dem Abendblatt im Juli, kurz nach Bekanntwerden des Urteils der Karlsruher Richter.

Ob sich diese Rechnung bewahrheiten wird, ist derzeit noch unklar. Genaue Zahlen dazu gebe es noch immer nicht. "Wir sind gerade dabei, die Kosten zu errechnen", sagt Heth. Er gehe jedoch davon aus, dass erst für das Jahr 2013 Mehrkosten für den Kreis auftreten werden. "Wir hatten zunächst damit gerechnet, dass uns im jetzt ablaufenden Berechnungszeitraum mehr Bewerber zugewiesen werden als es tatsächlich der Fall war. Die eingesparten Mittel können wir in die Nachzahlungen investieren. So bewegen sich die Kosten für dieses Jahr noch im Rahmen unseres ohnehin eingeplanten Haushaltes", erläutert Heth. Am 31. Oktober sollen die genauen Zahlen vorliegen.