Endlich ist es so weit

20./21. Oktober: "Denkmalschutz: Politiker zögern"

Auch ich gehöre zu denen, die schon immer laut vernehmlich hofften, dass das Ahrensburger Rathaus eines Tages unter Denkmalschutz gestellt wird. Endlich ist es so weit. Würde man die Fassade einfach einmal waschen, würde es weiß wie das Schloss erscheinen. Es ist allerdings verständlich, wenn die Ahrensburger Bürger über die äußere Form ihres Rathauses keinen Lobgesang anstimmen, wenn drinnen hinter Schuldenbergen weiterhin in Sachen Baukunst ausgeprägte Bürgerferne herrscht. In Ahrensburg wird leider nicht über Baukunst gesprochen, sondern allenfalls über schön oder hässlich und verdreckt bis erschreckend. Daher verwundert es auch nicht, dass der zum Rathaus gehörende Rathausplatz kein Versammlungsplatz der Demokraten ist, sondern ordinärer Parkplatz und die nächste Spielwiese für Investoren.

Hermann Jochen Lange, Ammersbek

Zeit des Pioniergeistes

Der Denkmalschutz soll markante Bauwerke einer Epoche für die Nachwelt erhalten. Eine solche Epoche, leider nur sehr kurze, gab es in Ahrensburg, als die Nachkriegs- und Aufbaugeneration aktiv war. Ahrensburg sollte mit den Bürgermeistern Fischer und Samusch eine moderne Kleinstadt werden. Der Ostring wurde beschlossen, für die Verlegung der B 75 über die Friedensallee hatte die Stadt alle Grundstücke gekauft, das Gewerbegebiet Nord wurde ausgewiesen mit Gleisanschluss und Bahnhof, das Badlantic kam noch dazu. Das Gewerbegebiet war das erste in Stormarn und das Badlantic das erste und einzigartige im großen Umkreis.

In dieser Zeit des Pioniergeistes wurde aus einem Architektenwettbewerb das Rathaus ausgewählt und als Zweckbau gebaut. Man wählte bewusst diese Waschbetonfassade, weil es ein Fortschritt gegenüber den sonst üblichen Plattenbauten war. Eine Backsteinfassade (war auch ein Vorschlag) sollte es nicht sein. Man wollte wohl kein Dorfrathaus und außerdem nichts künstlich historisches analog einer Theaterkulisse. Mercedes zeigte am Rathausplatz im großen Geschäft mit Schaufenstern 20 Jahre lang die neuesten Modelle des technischen Fortschritts.

1988 war das Ende der Epoche und der Beginn einer vergleichsweise kleinkarierten Kommunalpolitik. Trotz aller Proteste und Warnungen wurde das Rondeel gesperrt, die Zeit der leeren oder zugeklebten Schaufenster begann. Dadurch wurde der Rathausplatz öde, Mercedes war weg. Zur Erinnerung an diese Epoche sollte das Rathaus erhalten bleiben, und Ahrensburg wird bleiben, wie es seit 100 Jahren ist: Man wohnt hier schön und kann gut schlafen. Übrigens: Der Architekt Karl-Heinz Scheuermann war kein Ahrensburger, er wurde in Lüneburg geboren und ist dort aufgewachsen.

Günter Bunke, Ahrensburg

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