Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Verein und dessen Mitglieder vor. Heute: Der Spiel Sport Club Hagen Ahrensburg von 1947.

Ahrensburg. Gibt es einen Sportverein, der freiwillig auf einen Hauptsponsor verzichtet - und damit auf viel Geld? Diesen Verein gibt es: Es ist der Spiel Sport Club Hagen Ahrensburg von 1947, kurz SSC Hagen. Seine erste Fußball-Herrenmannschaft ist kürzlich in die Schleswig-Holstein-Liga aufgestiegen. Viele Vereine, die dort spielen, haben finanzkräftige Sponsoren im Rücken. Warum bemüht sich der SSC nicht auch darum? "Das wäre ein Tabubruch", sagt der Vorsitzende Ole Junker. "Wir wollen nicht vom großen Geld abhängig sein. Unser Verein soll bodenständig bleiben. Deshalb kaufen wir auch keine Spieler - und sie bekommen auch kein Geld, wenn sie für uns kicken."

Erfolg: Fußball- und Tischtennisteams spielen in der Landesliga

Das ungewöhnliche Verhalten in Sachen Fußball macht deutlich, wie sich der SSC Hagen sieht, was ihn seit Jahrzehnten ausmacht. Mitglieder und Kenner der sportlichen Landschaft in Stormarn schildern ihn als familiären Klub, in dem das Gemeinschaftliche zählt. Der Breitensport geht vor Höchstleistungen in einzelnen Sparten. So haben Generationen von Ahrensburgern beim SSC Hagen Schwimmen gelernt - wer aber Leistungssport betreiben will, geht anschließend zu anderen Vereinen.

Erfolge feiert der SSC Hagen durchaus - nicht nur im Herrenfußball, sondern auch im Tischtennis und im Damenfußball. Beide Bereiche haben Teams in der Landesliga. Doch für sie gilt das selbe Prinzip: Sie werden nicht bevorzugt, etwa durch den Einkauf von Spielern. "Das Gesamtwohl des Klubs geht vor", wie Ole Junker sagt.

Die 16-jährige Kimberly Buhs, die für den SSC in der Bezirksliga Tischtennis spielt, lobt die Vereinskultur: "Es ist einfach sehr familiär. Alle gehen sehr nett miteinander um. Das Training ist gut, aber es wird auch auf Spaß gesetzt", sagt die 16-Jährige. Sie ist seit vier Jahren beim SSC. "Mich hat schon einmal ein anderer Verein gefragt, ob ich wechseln will. Wollte ich aber nicht." Ähnlich lief es bei Fußballspielern wie Kai und Rico Pohlmann, Timo Twachtmann oder Lars Weltin. Andere Vereine wollten sie in den vergangenen Jahren abwerben, doch sie entschieden sich für den SSC Hagen - obwohl der kein Geld bieten kann und will.

Engagement: Alle Mitarbeiter des Klubs sind ehrenamtlich tätig

Eine weitere Besonderheit des Klubs: Die Mitarbeiter des SSC sind Ehrenamtler - und zwar alle. Bezahlte Kräfte gibt es nicht. Dafür ist die Bereitschaft, selbst mit anzupacken, besonders ausgeprägt. Der Vorsitzende nennt Beispiele: "Wenn etwas neu gemacht werden muss, wie kürzlich die Terrasse unseres Vereinsheims, machen wir viel in Eigenarbeit. Und wenn die Tennisplätze winterfest gemacht werden, rückt die ganze Sparte an. Zum Schluss wird ein Grillfest gefeiert."

Mit rund 1600 Mitgliedern zählt der SSC Hagen zu den zehn größten Sportvereinen in Stormarn. Neben Fußball und Tennis wird Tischtennis angeboten, außerdem Leichtathletik, Turnen, Volleyball, Schwimmen und Tanzen. Auch Folklore hat der SSC im Programm: Dafür sorgen "De vedreihten Överpedder", eine Gruppe mit viel gesammelter Lebenserfahrung, die traditionelle Tänze pflegt.

Im Stadtteil Hagen, an der Hagener Allee, hat der Verein ein schönes Sportgelände mit einem Vereinshaus, das auch über eine kleine Halle verfügt.

Die Anfänge des blau-weißen Klubs waren wesentlich bescheidener - die Erinnerung daran wird im Verein gepflegt. "1947 haben wir mit 50 Mitgliedern begonnen. Dafür mussten wir uns damals die Genehmigung der britischen Besatzungs-Kommandatur einholen", erzählt der zweite Vorsitzende Matthias Wehlitz.

Ole Junker, der im Hagen aufgewachsen ist, ergänzt: "Die Wiege unseres Vereins sind die Hagener Schulturnhalle und der dortige Sportplatz." Mit Turnen und Boxen sei es dort losgegangen, sowie mit Leichtathletik - "überwiegend im Freien" natürlich. "Der Dänenweg war damals die Laufbahn. Die Bahnen wurden mit Kreide aufgemalt".

Bei ihm ist die Mitgliedschaft im SSC Hagen gute Familientradition. Mit zehn Jahren trat er dem Klub bei. Das war im Jahr 1975. Im selben Jahr pachtete der Verein das heutige Gelände an der Hagener Allee von der Stadt. Eine Fußballsparte konnte gegründet werden. Der Komfort war noch nicht so wie heute: "Wir mussten damals noch die Steine vom Feld sammeln", sagt Ole Junker. Umkleidekabinen gab es damals nicht. Die Sportler mussten sich in einem ausrangierten Bus umziehen, der neben dem Fußballfeld stand.

Tradition: Tischtennis-Sparte spielt um "Günther-Nadolny-Pokal"

Mit den Jahren kamen Neuerungen, die das Sportlerleben leichter machten und neue Mitglieder anzogen. Dafür sorgte der langjährige Vorsitzende Harro Timm, der im Frühjahr dieses Jahres nach 28 Jahren sein Amt an Ole Junker weitergab. Aus dem Bus wurde ein Container, aus dem Container ein Vereinsheim. Zum Rasenplatz kamen ein Kunstrasenplatz und ein Grandplatz, außerdem eine Leichtathletikbahn und Tennisplätze.

Der Grundschule Am Hagen blieb der Verein treu: Er nutzte weiterhin die dortige Turnhalle, etwa für Tischtennis. Günther Nadolny, seines Zeichens Hausmeister in der Schule, gründete die Sparte im Jahr 1966. "Nach den Spielen ging es zu den Nadolnys ins Wohnzimmer. Da habe ich Skat gelernt", erinnert sich Ole Junker. Günther Nadolny, der kürzlich verstorben ist, ging in die Vereinsgeschichte ein - nicht zuletzt deshalb, weil er im Alter von 85 Jahren noch selbst den Schläger schwang und sogar Punktspiele machte. An ihn erinnert unter anderem der "Günther-Nadolny-Pokal", um den einmal im Jahr vereinsintern gespielt wird.

Beim SSC sieht man sich heute als "Stadtteilverein, der für andere offen ist", wie Ole Junker sagt. Gut 30 Prozent der Mitglieder, so schätzt er, kommen heute noch aus dem Ahrensburger Stadtteil, der kaum älter ist als der Sportklub. Die Verbindung ist noch immer eng: "Wir bereiten mit der Hagener Bürgergemeinschaft das 80-jährige Jubiläum des Stadtteils vor", nennt Matthias Wehlitz ein Beispiel. Die Feier steigt im Sommer 2013.

Zukunft: Der SSC Hagen will in acht Jahren 2020 Mitglieder haben

Der Vorsitzende des SSC Hagen hat noch eine weitere Jahreszahl im Blick. Es handelt sich um eine Art Agenda: "2020 wollen wir 2020 Mitglieder haben", formuliert Ole Junker. Beim Verein denkt man deshalb darüber nach, neue Sparten zu eröffnen. "Wir denken an Badminton und Basketball. Aber die Überlegungen sind noch vage."

Zumindest der Platz dafür wird voraussichtlich ab 2013 vorhanden sein. Zurzeit wird an der Grundschule Am Hagen eine neue Turnhalle gebaut. Der SSC Hagen wird sie - wie eh und je - mit nutzen können und hätte dann die Möglichkeit, weitere Sportarten anzubieten. Auch über den demografischen Wandel macht man sich beim SSC Hagen Gedanken. In der Region gibt es immer mehr ältere Menschen und immer weniger jüngere. Sein Klub wolle darauf reagieren, sagt Matthias Wehlitz. "Wir merken zum Beispiel, dass der Bedarf nach Gymnastik immer größer wird. Deshalb überlegen wir, in diesem Bereich neue Sachen anzubieten." Eine weitere, geplante Neuerung wird hauptsächlich der jungen Generation zugute kommen. Der SSC Hagen soll ein Soccerfeld bekommen, das neben der Tartanbahn aufgebaut wird. Außerdem soll die Terrasse des Vereinsheims neue Sitzgarnituren und einen festen Grillstand bekommen.

Was auch immer geschieht, wer auch immer neu beitritt - eine Sache, die soll sich nie ändern beim SSC, wie der Vorsitzende und sein Stellvertreter betonen. Es ist der Charakter, das besondere Profil des Vereins. Ole Junker: "Wir dürfen niemals so groß werden, dass das Wir-Gefühl verloren geht. Denn dann verlieren wir unsere Seele. Und das darf nie passieren."