Viele Bargteheider übernehmen Patenschaften und ermöglichen Kindern so, mit einem Hobby am sozialen Leben teilzuhaben.

Bargteheide. Die zwölf Jahre alte Kim will unbedingt tanzen. Seit Jahren wartet sie schon darauf. Aber ihre Eltern können die 27 Euro im Monat dafür nicht aufbringen. Jetzt hat das Bargteheider Mädchen eine Chance, ihren Traum leben zu können und Breakdance zu lernen. Möglich machen das Bürger, die eine Patenschaft übernommen und sich dazu verpflichtet haben, ein Kind aus einer armen Familie jeden Monat mit 30 Euro zu unterstützen.

"Ich bin hier in Bargteheide zur Schule gegangen und möchte vor Ort helfen", sagt der Immobilienkaufmann Heiko Bordewieck. "Makler sind nicht dazu da, Gold zu verdienen. Ich sehe meinen Beruf als soziale Verpflichtung an", sagt der 68-Jährige, der selbst drei Kinder hat und auch die Fußballjugend des TSV Bargteheide sponsert.

Die Bargteheider Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Abel und die Jugendbildungsreferentin Ute Sauerwein-Weber hatten den Patenschafts-Aufruf gestartet. Anlass war der erste UN-Weltmädchentag am gestrigen Donnerstag. Und punktgenau konnten die Initiatorinnen, die für diese Aktion mit dem Kinderhaus zusammenarbeiten, Erfolg vermelden.

"Unser Ziel war es, mindestens fünf Patenschaften vergeben zu können", sagt Sauerwein-Weber. Nun sind es sogar sieben geworden, denn zu der finanziellen Hilfe sind zwei immaterielle Angebote dazugekommen. Sie ermöglichen Mädchen, kostenlos beim Bargteheider Pfadfinderstamm Geisterburg mitzumachen und bei Kirsten Martensen kostenlos Theaterunterricht zu nehmen und im Blauen Wölkchen mitzuspielen. "Was Besseres kann den Mädchen gar nicht passieren, als auf der Bühne zu stehen und Applaus entgegenzunehmen", sagt die Regisseurin. Die Kinder machten in einem Jahr einen Riesenschritt. "Sie entwickeln Körpergefühl, lernen spielerisch Sozialverhalten, werden freier und selbstbewusster. Geld können wir nicht geben, weil wir selbst keins haben. Aber mit dem kostenlosen Unterricht, der genau die 30 Euro kosten würde, können wir die gute Sache unterstützen."

Soziale und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, genau das sei das Ziel. "Denn anders als beim Girls' Day geht es beim Weltmädchentag nicht um Berufsorientierung, sondern um den Ausgleich von Benachteiligung. Da wollen wir ran", sagt die Jugendbildungsreferentin Sauerwein-Weber. "Natürlich nagen nicht alle Kinder gleich am Hungertuch. Aber den Menschen macht eben mehr aus, als nur einen vollen Bauch zu haben", ergänzt die Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Abel und nennt ein Beispiel: "Wenn in einer Familie der Ernährer stirbt, ist es schwer genug. Aber oft ist dann auch kein Geld mehr für ein Hobby übrig und das Kind wird zusätzlich aus seinem gewohnten Umfeld gerissen und seiner Kontakte beraubt." Hier könnten Paten einspringen und das Schicksal mildern helfen.

Dass es schwere Schicksale gibt, weiß die Leiterin des Bargteheider Kinderhauses Andrea Schulz zur Genüge: "Wir betreuen hier ein sechsjähriges Mädchen, nennen wir es mal Nora. Die Mutter ist alleinerziehend, hat fünf Kinder und gerade eine Krebserkrankung hinter sich." An Ballettunterricht ist da nicht mehr zu denken. Trotzdem kann Nora tanzen gehen. Zu verdanken hat sie es dem Kinderhaus, das bereits seit 15 Jahren Patenschaften vermittelt. 20 sind es zurzeit, zehn fehlen noch. Für sieben Kinder bringt die Aktion zum Weltmädchentag jetzt die Chance, beim Tanzen oder Voltigieren Spaß mit anderen Kindern zu haben.

"Bisher haben wir die Patenschaften individuell geregelt. Dass wir jetzt eine Kooperation mit der Stadt haben, ist wunderbar", sagt Andrea Schulz, die den Erfolg täglich vor Augen sieht. "Nora macht Ballett unglaublich viel Spaß. Sie ist stolz und entwickelt trotz der Situation Selbstbewusstsein."

Auch der Rotary Club Bargteheide hat eine Patenschaft übernommen. "Wir machen mit, weil das Konzept unserer Förderung entspricht. Wir haben immer den Schwerpunkt auf Bargteheide gelegt. Und gerade die soziale Förderung ist uns wichtig. Deswegen haben wir spontan zugesagt", sagt der Rotary-Präsident Christian Wendt. Den Vorstand von der Idee zu überzeugen, war kein Problem. Wendt: "Wir haben bisher alles unterstützt, was das Jugendarbeitsteam auf den Weg geschickt hat. Auch das Anti-Gewalt-Projekt 'Fair ist cool' oder den Sport- und Spieletag." Inga Krambeck, die Vorsitzende der Senioren Union Bargteheide, hat nicht nur eine Patenschaft übernommen, sie hat die Aktion mit angeschoben. "Im Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten habe ich festgestellt, dass wir beide bei der Organisation Plan International Patenschaften übernommen haben", sagt die 69-Jährige. "Ich habe ein Kind in Burma von der Geburt bis zum 18. Geburtstag begleitet und unterstütze nun ein vietnamesisches Kind. So kam die Idee auf, nicht nur Kindern im Ausland, sondern auch Kindern in Bargteheide zu helfen."

Und es soll weitergehen. "Wir werden nicht ruhen", sagt die Gleichstellungsbeauftragte. "Der zweite Weltmädchentag kommt bestimmt."