Jubiläum: Die Schüler der Theodor-Mommsen-Schule analysieren die Prüfungen aus der Anfangszeit der Schule vor 100 Jahren.

Bad Oldesloe. Vor 100 Jahren und fast genau sieben Monaten haben die ersten Oberprimaner an der Theodor-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe ihre Abiturprüfungen abgelegt. Das war am 21. und 22. Februar 1912. Sie mussten ihr Können in drei Fächern beweisen: Englisch, Deutsch und Mathe. Wenig später hielten 14 Schüler stolz ihre Abschlusszeugnisse in der Hand. Es waren ausschließlich junge Männer. Ihre Mütter häkelten zur Erinnerung einen Teppich mit der Aufschrift "Oberrealschule zu Bad Oldesloe" und stifteten ihn der Schule. Er hängt noch heute, 100 Jahre später, in der Aula des Gymnasiums.

"Durch ihn bin ich überhaupt erst darauf aufmerksam geworden, dass wir dieses Jahr ein Jubiläum zu feiern haben", sagt Henning Bergmann, Leiter der Theodor-Mommsen-Schule. Der Direktor hat mit aktuellen und ehemaligen Kollegen sowie Elternvertretern eine Festwoche mit zahlreichen Aktionen (siehe unten) organisiert.

In Deutsch mussten die Schüler früher geschichtliche Fragen beantworten

Viele Schüler haben sich bereits im Vorfeld der Festtage mit der Geschichte ihrer Schule auseinandergesetzt, so zum Beispiel der 13. Jahrgang mit Geschichtsprofil. Die Jugendlichen haben sich die früheren Abiturarbeiten angeschaut - angefangen im Jahr 1912 bis zur Zeit des Zweiten Weltkriegs - und sie übersetzt. "Die Schüler mussten damals zwei Schriftarten beherrschen: die lateinische Ausgangsschrift und Sütterlin", sagt Bernd Wienecke, der das Archiv der Theodor-Mommsen-Schule verwaltet. "Während Englischarbeiten in der lateinischen Ausgangsschrift verfasst werden mussten, war bei Mathematik Sütterlin gefragt."

Die 18-jährige Lea Paulsdorff hat aber etwas ganz anderes überrascht. "In den Englischarbeiten wurden ausschließlich Texte übersetzt", sagt sie. "Es gab keine Grammatikübungen oder Ähnliches, wie wir es aus den heutigen Klausuren kennen." Auch der Inhalt der Deutscharbeiten erstaunte die Schüler. "Sie waren sehr geschichtlich ausgerichtet", sagt Sarah Lippold. So lautete eine Frage zum Beispiel: Worin gleichen sich Wallenstein und Napoleon I.? "Das wäre heute keine Frage für Deutsch, sondern für Geschichtsprüfungen", sagt Mitschüler Rune Weichert.

Für Überraschung sorgte auch die Tatsache, dass die Schüler damals Bewerbungen schreiben mussten, um zu den Abiturprüfungen zugelassen zu werden. "Sie waren bis zu zehn Seiten lang", sagt Sarah Lippold. "Da standen dann so Sätze wie 'spielte viel mit Freunden draußen', aber auch negative Aspekte wie 'fehlender Fleiß in Französisch brach mir das Genick'."

Je nach Jahrzehnt seien in den Bewerbungsschreiben andere Themen in den Vordergrund gerückt worden. "Während der Nazi-Herrschaft war zum Beispiel Sport wichtig und die Frage, in welcher Partei der Abiturient war", sagt die 18-Jährige. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war die Theodor-Mommsen-Schule eine reine Jungenschule. Die Mädchen gingen zur benachbarten Königin-Luise-Schule. Ein Zaun trennte beide Einrichtungen. Wienecke: "Nach dem Krieg wurden die Einrichtungen zusammengelegt."

Während der beiden Weltkriege wurde die Gymnasialzeit verkürzt

Während in den vergangenen Jahren sehr viel und kontrovers über die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun (G 9) auf acht Jahre (G 8) diskutiert wurde, waren solche Veränderungen früher ganz normal. In den ersten Jahren dauerte die Zeit auf dem Gymnasium sechs Jahre, dann wurde sie auf neun Jahre erhöht. Doch schon während des Ersten Weltkriegs wurden die Abiturprüfungen teilweise früher abgelegt, damit die Schüler schneller als Soldaten eingesetzt werden konnten. "In der 30er-Jahren gab es dann eine offizielle Verkürzung auf acht Jahre, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgehoben wurde", sagt Bernd Wienecke.

Bis in die 30er-Jahre sei die Zahl der Abiturienten pro Jahr sehr übersichtlich gewesen, sagt Schulleiter Hennig Bergmann. So schafften zum Beispiel 1927 nur neun Schüler ihren Abschluss, 1937 waren es 19. Zum Vergleich: Dieses Jahr haben 110 junge Männer und Frauen ihr Abitur an der Theodor-Mommsen-Schule gemacht. Schulleiter Henning Bergmann sagt: "Mit dem Bewusstsein und dem Wissen aus der Vergangenheit wollen wir nun in die Zukunft blicken."