Eine Glosse von Frank Adrian

Das unfreiwillige Mithören von Handy-Monologen ist nicht immer lästig. Es kann auch unterhaltsam sein. Gelegentlich sind Telefonate spannende Kurzhörspiele mit einer Stimme. Am Nebentisch im Café telefoniert eine Frau. Sie sagt: "Mama, bleibe bitte ruhig. Das ist nur eine neue Stereo-Anlage. Es kann nichts passieren, selbst wenn du was falsch machst."

In Gedanken sehe ich Mama etwas furchtsam vor der Anlage stehen. Dem Alter der telefonierenden Frau nach könnte die Mutter Anfang bis Ende siebzig sein. "Prima, Mama, jetzt hast du das Gerät eingeschaltet. Nun musst du unter dem CD-Fach auf die Taste drücken, auf der Open steht. Siehst du, und auf die Platte legst du die CD mit dem Aufdruck nach oben. Jetzt drückst du auf die Taste, auf der Close steht. Wie bitte? Aber du weißt doch, dass auf elektronischen Geräten alles auf Englisch beschrieben ist."

Ein leicht ungeduldiger Ton schwingt jetzt in der Stimme mit. "Nein, Mama, um die Zahlen auf dem Display brauchst du dich nicht zu kümmern. Das ist die Zahl der Lieder auf der CD. Wie? Ja, ich weiß, dass es bei Vivaldi-Konzerten keine Lieder, sondern Sätze gibt." Angespannt hört die Tochter zu. Dann ermutigt sie Mama: "Das kannst du auch. Ich erkläre es dir, wenn ich gleich bei dir bin. Ja, in einer Viertelstunde." Mama wird wohl bald viele Konzerte ohne fremde Hilfe hören. Ich glaube, das war ein Kurzhörspiel mit einem Happy End für Mama.