Immer weniger Jugendliche bewerben sich um Lehrstellen bei Finanzamt, Rathäusern und anderen Verwaltungen. Problem ist das verstaubte Image.

Bad Oldesloe. Wie es ist, mit 21 Jahren im Finanzamt zu arbeiten? Sehr gut, findet Joshua Jaekel. "Man erwartet spießige, eingestaubte Leute. Aber es ist genau das Gegenteil. Das Arbeitsklima ist super. Und der Job ist abwechslungsreicher, als viele denken", sagt der junge Mann aus Geesthacht, der im Finanzamt Stormarn eine duale Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt macht. Ähnlich sieht es Christopher Steeg. "Mir gefällt die Vielseitigkeit. Jeder Fall ist anders", sagt der 17 Jahre alte Lasbeker, der eine Ausbildung zum Finanzwirt macht. Wichtig ist ihm auch, dass er einen sicheren Job hat.

Wie Joshua Jaekel hatte sich Christopher Steeg schon zu Schulzeiten für einen Job beim Finanzamt interessiert, im vergangenen Jahr konnte er seine Ausbildung beginnen.

Doch junge Leute, die so denken wie Joshua und Christopher, gibt es in Stormarn immer weniger. Das Finanzamt, aber auch andere Behörden haben Nachwuchssorgen. Das Interesse an einer Laufbahn im öffentlichen Dienst wird immer geringer. Der demografische Wandel verschärft die Lage.

+++Die Amtsstube lockt mit Lehrstellen+++

Bei ihrem Antrittsbesuch im Finanzamt Stormarn machte Schleswig-Holsteins neue Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) auf das Problem aufmerksam. "Wir haben landesweit Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen", sagte Heinold. Dabei soll die Zahl der Plätze noch steigen: Derzeit gibt es 80 Lehrstellen in den Finanzämtern, im kommenden Jahr sollen es 90 sein. Zur Lage im Stormarner Finanzamt sagte Vorsteher Henning Schreiner: "Wir werden in den nächsten 15 Jahren enorme Weggänge haben. Von 327 Beschäftigten werden 148 altersbedingt aufhören." Dem gegenüber steht die seit Jahren geringe Zahl an Bewerbungen um Ausbildungsplätze. "Wir besetzen im kommenden Jahr fünf Stellen, bisher haben wir 21 Bewerbungen", sagt Ausbilderin Katja Paetz. Eine Zahl, die noch deutlich zu gering sei - und die Bewerbungsfrist endet schon in diesem Monat. "Unser Problem ist das Image. Viele Jugendliche meinen, eine Tätigkeit im Finanzamt ist langweilig, obwohl sie unsere Arbeit gar nicht kennen", so Paetz.

Mit ähnlichen Problemen hat man derzeit im Großhansdorfer Rathaus zu kämpfen. Bis zum 12. Oktober können sich Interessenten noch um einen Ausbildungsplatz zum Verwaltungsfachangestellten bewerben. Doch das Interesse ist deutlich zurückgegangen: "Wir rechnen mit zehn bis 20 Bewerbungen. Früher waren es einmal 30 bis 40", sagt Personalleiterin Gabriele Hettwer. Die Schwierigkeiten kennt auch der Bargteheider Bürgermeister Henning Görtz: "Im vergangenen Jahr haben wir einen Beamtenanwärter gesucht. Aber wir konnten den Ausbildungsplatz nicht besetzen." Bei Jugendlichen gelte ein Beamtenjob bisweilen als "staubig". Bis zum 30. September läuft jetzt eine neue Ausschreibung für die Stelle.

+++Noch 4600 freie Lehrstellen warten auf Bewerber+++

In Ahrensburg verzeichnet man noch keinen Rückgang der Bewerberzahl - sie liegt "konstant bei 100 bis 120 pro Jahr", sagt Stadtsprecher Andreas Zimmermann. Indes: "Die Zahl der geeigneten Bewerber nimmt ab. Viele verfügen nicht über elementare Kenntnisse in Bereichen wie Rechnen und Rechtschreibung. Manchen fehlt auch die persönliche Reife."

Wie können die Ämter dem Trend entgegen wirken? Monika Heinold hofft, dass die Sicherheit der Jobs künftig mehr Jugendliche überzeugen wird. Sie betont auch: "Beruf und Familie können gut vereinbart werden." Das Finanzamt Stormarn will künftig stärker um junge Leute werben, wie kürzlich bei der Nachtschwärmer-Jobtour.

Vielleicht sind es auch neue Arbeitszeitmodelle, die überzeugen. Dafür spricht ein Beispiel aus Bargteheide. "Wir haben 2011 erstmals eine Ausbildung in Teilzeit ermöglicht", sagt Henning Görtz. "Die Bewerberzahl war sehr gut, die Stelle hat eine allein erziehende Mutter bekommen."