Interview mit Thomas Schreitmüller, der in Barsbüttel vor der Wiederwahl steht. Gegenkandidaten trauen sich nicht.

Barsbüttel. Am kommenden Sonntag möchte der Barsbütteler Bürgermeister Thomas Schreitmüller wiedergewählt werden. Um möglichst viele Ja-Stimmen zu bekommen, hat er sogar Plakate im Ort aufgestellt - obwohl es gar keinen Gegenkandidaten gibt. Fotografiert zu werden gehört indes nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Viel lieber geht der 44-Jährige in Ruhe seiner Arbeit nach. Die wenigen Interessenten, die Bewerbungsunterlagen angefordert hatten, verzichteten auf eine Kandidatur. Denn sowohl von der Politik als auch von den Bürgern erhält Schreitmüller viel Rückendeckung. In den sechs Jahren seiner ersten Amtszeit hat er die Gemeinde wieder auf Kurs gebracht, die Verwaltung bürgernäher organisiert und die zerstrittenen Politiker zur Sacharbeit zurückgeführt. Der Schuldenberg schrumpfte von 17,4 Millionen auf 6,8 Millionen Euro. "Weitermachen" ist deshalb das Motto von CDU, SPD und der Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB), die den Amtsinhaber offiziell unterstützen. Auch FDP und Wählergemeinschaft D.U.B. sind überwiegend zufrieden.

+++ Stimmabgabe in sieben Wahllokalen +++

Dabei war Schreitmüllers Start in Barsbüttel nicht leicht. Der Streit zwischen seinem Vorgänger Arno Kowalski und den Parteien spaltete die Gemeinde. Im November 2006 gewann Schreitmüller, damals noch Bürgermeister von Tangstedt, die Stichwahl mit 56,6 Prozent der Stimmen gegen Kowalski. Die Wahlbeteiligung lag bei 53 Prozent.

Hamburger Abendblatt: Herr Schreitmüller, ist Barsbüttel bald schuldenfrei?

Thomas Schreitmüller: Für die nächsten Jahre kann ich das nicht in Aussicht stellen, weil die Gemeinde noch viel zu leisten hat. Wir müssen circa fünf Millionen Euro in Sanierungsarbeiten investieren, unter anderem in das Rathaus und die Schulen. Weil wir dafür Kredite aufnehmen müssen, wird unsere Verschuldung wieder ansteigen. Das ist auch Thema in den Haushaltsberatungen, die im Oktober starten.

Barsbüttel musste lange auf den Investor BMW warten, der neue Gewerbesteuereinnahmen bringen soll. Außerdem musste die Gemeinde rund 100 000 Euro für die Beseitigung von verunreinigtem Boden auf dem Baugelände bezahlen. Wann eröffnet BMW endlich?

Schreitmüller: Das Gebrauchtwagenhaus wird wohl Ende des Jahres eröffnen, die große Einweihungsfeier ist aber erst 2013 geplant. Wir hatten uns vertraglich verpflichtet, ein sauberes Grundstück zu übergeben, und halten uns daran. Wir haben das Grundstück auch so gut verkauft. Die Gewerbesteuer hat sich in diesem Jahr auch ohne BMW positiv entwickelt, wir sind im Moment mit 9,5 Millionen Euro schon 500 000 Euro über dem Planziel.

Wie geht es weiter bei der Kooperation mit den Nachbargemeinden? Der gemeinsame Bauhof ist gescheitert, wird jetzt die Barsbütteler Volkshochschule nach 54 Jahren aufgelöst und mit Reinbek zusammengelegt?

Schreitmüller: Wir wollen ja keine Kooperation als Selbstzweck - viele Barsbütteler wünschen sich eine eigene Lösung beim Bauhof. Derzeit gibt es Überlegungen, ob wir mit den Nachbargemeinden in der Personalverwaltung zusammenarbeiten können. Eine externe Beraterfirma prüft das gerade. Bei der Volkshochschule gibt es die Hoffnung der Mehrheit der Politiker im Hauptausschuss, dass die Gespräche mit Reinbek mehr Vorteile erbringen als die Vorschläge der VHS-Leiterin.

Barsbüttel, Glinde und Reinbek planen eine Anhebung der Schulkostenbeiträge, was sind die Hintergründe?

Schreitmüller: 2011 wurde das Schulgesetz geändert. Ziel ist, dass die Kommunen für ihre Schüler, die andernorts zur Schule gehen, keine pauschalen Beiträge mehr an die Träger zahlen, sondern dass konkret abgerechnet wird. Es ist aber rechtlich umstritten, ob dabei auch die Investitionen der Schulträger in den letzten zwei Jahren miteinbezogen werden. Darüber wird derzeit noch diskutiert. Der Schleswig Holsteinische Gemeindetag, in dessen Vorstand ich als Vorsitzender der Stormarner Gemeinden sitze, bekam gerade einen Entwurf des Landes zur Stellungnahme. Eine Entscheidung noch in diesem Jahr halte ich aber für unrealistisch.

Wie wird die Situation der Barsbütteler Gastschüler im kommenden Jahr sein? Und welche Alternativen haben die Gymnasiasten aus dem Ort künftig?

Schreitmüller: Hamburg wird sich aufgrund der stark gestiegenen Schülerzahlen weiter abschotten. Meine Hoffnung ist, dass wir auch mit der Hansestadt zu einer konkreten Abrechnung für die Gastschüler kommen, bevor 2015 das Gastschulabkommen ausläuft. Ich möchte, dass für die Barsbütteler Eltern die Wahlfreiheit bei den weiterführenden Schulen erhalten bleibt, das gehört zur Lebenszufriedenheit dazu. Außerdem haben wir eine attraktive Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe und arbeiten daran, sie noch attraktiver zu gestalten.

Die Barsbütteler werden immer älter. Reichen die 100 betreuten Wohnungen aus, die jetzt hinter dem Seniorenheim am Akku entstehen?

Schreitmüller: Wir werden beobachten, wie gut das ankommt, wie viele Barsbütteler hinziehen und wie viel Wohnraum dadurch frei wird für Zuzügler.

Um für junge Familien attraktiv zu bleiben, will Barsbüttel die Kinderbetreuung weiter ausbauen. Was ist geplant?

Schreitmüller: Neben dem Ausbau der eigenen Kindertagesstätten - wir planen derzeit eine neue Natur-Kindergartengruppe - sind wir im Gespräch mit Investor Wilhelm Kuhrt, der in seiner Anlage für betreutes Wohnen Am Akku auch eine Kindertagesstätte errichten möchte. Bis August 2013 könnten dort zwei weitere Krippengruppen und eine Kindergartengruppe entstehen. So etwas hat Herr Kuhrt schon in Pinneberg realisiert. Aber es wäre sicherlich nicht schwer, auch andere Träger zu finden. Ich finde die Idee, so etwas generationenübergreifend zu planen, sehr gut und habe gerade in unserer französischen Partnerstadt Guipavas erlebt, was für eine tolle Stimmung herrscht, wenn alte Menschen und Kinder sich einen Gemeinschaftsraum teilen.

Zu Barsbüttels Attraktivität trägt das grüne Umfeld viel bei. Jetzt gibt es Pläne, in der Feldmark ein weiteres Wohngebiet zu erschließen.

Schreitmüller: Es gibt Überlegungen für ein neues Baugebiet zwischen Gemeinschaftsschule und Bergredder. Die Politik kann es sich nur in einem kleinen Teil vorstellen. Wir haben ein Erschließungsproblem, weil die angrenzenden Straßen den Verkehr schwer aufnehmen könnten. Auch wird der neue Flächennutzungsplan dieses Jahr wohl noch nicht fertig, weil wir mit der Landesplanung in Sachen Gewerbegebietserweiterung einiges klären müssen.

Die Bürger wünschen sich seit langem bessere Einkaufsmöglichkeiten, seit der Schlecker-Pleite gibt es nicht einmal mehr eine Drogerie. Wann soll das neue Nahversorgungszentrum fertig sein und welche Läden ziehen hinein?

Schreitmüller: Der Investor, die Firma May & Co. aus Itzehoe, beabsichtigt, in den nächsten vier Wochen den Bauantrag zu stellen. Wir rechnen mit einer Genehmigung innerhalb von drei Monaten, das heißt, der Bau würde Anfang 2013 beginnen. Weihnachten 2013 könnten die Barsbütteler dort einkaufen. Die Verhandlungen mit den Mietern sollen in der Endphase sein. Wer es genau wird, wissen wir noch nicht.

Wie geht es weiter mit der Ortsmitte und dem Wochenmarkt, muss die Hauptstraße verkehrsberuhigt werden? Werden die Markthändler am Stiefenhoferplatz bleiben?

Schreitmüller: Was den Markt angeht, muss man ja erst einmal sehen, für welche Fläche sich die Wochenmarkthändler entscheiden. Die Hauptstraße groß umzubauen, zöge umfangreiche Tiefbaumaßnahmen nach sich, und die sind nicht nur sehr teuer für die Gemeinde, sondern auch für die Anlieger. Das Geld haben wir nicht. Der Durchgangsverkehr hat sich seit der Eröffnung der Umgehungsstraße verringert, und auch die verkehrlichen Maßnahmen wie die Ampeln am Ortsein- und -ausgang zeigen Wirkung. Derzeit fahren täglich 10 000 Pkw in den Ort hinein und heraus, vorher waren es doppelt so viele. Der Anteil des Durchfahrtverkehrs liegt bei 13 Prozent, der Lkw-Anteil beträgt nur noch 2,6 Prozent.

Barsbüttel investiert für Jugendliche: Zwischen Stadion, Schwimmhalle und Gemeinschaftsschule soll für 100 000 Euro ein Gelände für Mountainbiker und Skateboardfahrer entstehen.

Schreitmüller: Ja, das freut mich sehr, weil ich es für sehr wichtig halte, dass wir für Kinder und Jugendliche Freizeitmöglichkeiten im Ort schaffen. Ich hoffe, dass wir noch in diesem Jahr anfangen können und spätestens im nächsten Sommer fertig sind.

Auf welche bisherigen Erfolge sind Sie besonders stolz?

Schreitmüller: Am meisten Freude verspüre ich dabei, dass wir als Gemeinde in der Kinderbetreuung für alle Altersklassen gut aufgestellt sind - unser privater Schulhort, die "Ampelmännchen", hat zum Beispiel gerade 15. Geburtstag gefeiert und betreut heute rund 160 Kinder. Das macht mich auch deshalb zufrieden, weil ich in anderen Kommunen sehe, was die noch alles machen müssen und wie viel Frust und Ärger das produziert.

Welche Ziele stecken Sie sich für die nächsten sechs Jahre?

Schreitmüller: Ich möchte das, was wir bisher aufgebaut haben, weiter ausbauen und erhalten.

Seit Anfang des Jahres wohnen Sie auch in der Gemeinde. Was ist ihr Lieblingsplatz in Barsbüttel?

Schreitmüller: Mein Schreibtisch (lacht). Nein im Ernst, ich habe keinen aktuellen Lieblingsplatz, aber ich arbeite und lebe sehr gerne hier.