Täter gefasst: Ein DNA-Abgleich bringt die Polizei auf die Spur das Mannes, der 1993 die Ahrensburgerin Ursula M. erdrosselt haben soll.

Ahrensburg. Polizei und Staatsanwaltschaft sind sich sicher: 19 Jahre nach dem gewaltsamen Tod der damals 49 Jahre alten Ahrensburgerin Ursula M. ist der Täter gefasst. Der inzwischen 47 Jahre alte Mann ist wegen Totschlags angeklagt. Er muss sich von morgen an vor dem Lübecker Landgericht verantworten.

Ursula M. wurde in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 1993 um 0.15 Uhr von ihrem Freund, dem Hamburger Geschäftsmann Klaus G., damals 46 Jahre alt, tot in ihrem Haus an der Straße Vierbergen in Ahrensburg gefunden. Die Leiche lag im Kleiderschrank im Schlafzimmer. Die Obduktion ergab, dass Ursula M. am 17. Juli, einem Sonnabend, zwischen 12 und 24 Uhr erdrosselt worden war.

Die Ermittlungen der Polizei konzentrierten sich damals auf den Verwandten- und Bekanntenkreis der Getöteten. Sie kannte den Täter vermutlich, denn die Polizei fand keine Einbruchsspuren. Es wurde auch nichts gestohlen. Auch der jetzige Angeklagte wurde damals vernommen, wie Günter Möller, Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft, bestätigt. Es hätten sich jedoch keine Hinweise auf eine Täterschaft des damals 28 Jahre alten Mannes ergeben. Die Ermittlungen waren 1996 eingestellt worden.

Dass der Fall nun offenbar doch geklärt werden konnte, ist dem technischen Fortschritt zu verdanken. "Alte Fälle werden routinemäßig überprüft", sagt Oberstaatsanwalt Günter Möller. "Wir hatten das Glück des Tüchtigen." Auf die Spur des 47-Jährigen kamen die Ermittler durch einen DNA-Abgleich. Diese Analyse stand der Polizei 1993 bei Straftaten noch nicht zur Verfügung. Mittlerweile ist die Technik aber so weit entwickelt, dass Kriminalisten selbst aus kleinsten Haaren und Hautpartikeln die Identität eines Menschen durch Datenabgleich feststellen können. Voraussetzung ist, dass die DNA, eine Art genetischer Fingerabdruck, in der Datenbank des Bundes- oder eines Landeskriminalamtes erfasst ist.

Bei erneuten Untersuchungen entdeckten Fahnder fremde DNA an der aufbewahrten Kleidung von Ursula M. Ein Abgleich mit den Datenbanken ergab dann eine Übereinstimmung mit der DNA des Angeklagten. Seine Daten wurden gespeichert, weil er 2010 wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt worden war. Er hatte seine Freundin angegriffen. Jetzt steht der gebürtige Hamburger, der weiterhin im Gefängnis sitzt, wegen Totschlags an Ursula M. vor Gericht. "Es gibt eine sehr dichte Verdachtslage", sagt Günter Möller.

1993 versuchten 25 Beamte der Mordkommission der Lübecker Kriminalpolizei, den Mann zu schnappen, der Ursula M. umgebracht hatte. Ihr Freund Klaus G. war in der Nacht zu Montag, 19. Juli, von einem Tauchwochenende auf Rügen nach Ahrensburg zurückgekehrt. Der Computerfachmann hatte in der Nacht von Freitag auf Sonnabend etwa um Mitternacht zuletzt mit Ursula M. telefoniert. Dass sie bei seiner Ankunft scheinbar nicht zu Hause war, kam ihm seltsam vor. Nachdem auch Nachfragen bei Nachbarn keine Klarheit brachten, durchsuchte Klaus G. das Haus gründlicher - und entdeckte seine tote Partnerin.

Die Beiden hatten große Pläne für die Zukunft, wollten noch 1993 heiraten. M. hatte einen Sohn, der damals 19 Jahre alt und am Tatwochenende verreist war. Ihr erster Mann war 16 Jahre zuvor gestorben. Nachbarn und Mitarbeiter ihrer Firma beschrieben Ursula M. als sehr häuslich. Die Geschäftsfrau, die eine Firma für Oberflächentechnik in Barsbüttel mit acht Mitarbeitern führte, sei freundlich und lebenslustig gewesen.

Vor 19 Jahren suchte die Polizei nach zwei Männern, die Nachbarn am Tattag an der Doppelhaushälfte von Ursula M. gesehen hatten. Sie waren zwischen 14 und 15 Uhr in einem dunkelblauen Kombi vorgefahren. Offenbar kannte M. zumindest einen der Männer: Sie ließ ihn in das Haus, wo er sich etwa 15 Minuten lang aufhielt.

Anwohner, Bekannte und Mitarbeiter hatten damals zudem berichtet, dass Ursula M. häufiger Streit mit ihrem Ex-Freund hatte, der bis kurz vor der Tat als Buchhalter in ihrer Firma arbeitete. Dabei soll es um Geld gegangen sein. Sogar von tätlichen Angriffen und Telefonterror wurde gesprochen. Ursula M. hatte anderen Menschen gesagt, dass sie Angst um ihr Leben habe. Bei den Ermittlungen stellte sich dann heraus, dass der Ex-Freund, der damals bei Berlin lebte, ein Alibi hatte. Letztlich brachte auch eine Belohnung von umgerechnet rund 1500 Euro, die Klaus G. später auf knapp 10 000 Euro erhöhte, keine Hinweise, die zur Aufklärung der Tat führten.

Wolfgang Kasten kann sich an den Fall Ursula M. noch erinnern. Er war von 1970 bis 1996 Chef der Kriminalpolizei in Ahrensburg. "Ich war damals einer der Ersten am Tatort", sagt der heute 75-Jährige. Er sicherte den Fundort der Leiche bis zum Eintreffen der Spurensicherung. Später unterstützte die Ahrensburger Kripo die Lübecker Mordkommission, die die Ermittlungen übernahm. "Leider kamen wir irgendwann an den Punkt, an dem wir nichts mehr hatten", sagt Kasten. Daher wurden die Ermittlungen eingestellt. "Der Fall war mir aber immer präsent. Ich habe gehofft, dass er mit Hilfe der DNA-Analyse noch aufgeklärt wird", sagt der ehemalige Kripo-Chef .

Für den Prozess vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Lübeck sind 13 Verhandlungstage eingeplant. Geladen sind 38 Zeugen und drei Sachverständige.