Bei dem Raub wurden 150 Euro erbeutet. Nun steht eine Frau wegen Mittäterschaft vor Gericht

Ahrensburg. Hat sie angerufen oder nicht? Um diese Frage geht es bei einem Prozess vorm Jugendschöffengericht Ahrensburg. Dort muss sich eine 22 Jahre alte Frau aus Bad Segeberg seit dieser Woche wegen gemeinschaftlich begangener schwerer räuberischer Erpressung verantworten. Die Frau ist angeklagt, zusammen mit zwei Komplizen am 8. September 2009 einen Pizzaboten in Bad Oldesloe überfallen und beraubt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, dass sie am Tattag abends von einer Telefonzelle in der Oldesloer Straße Schanzenbarg bei einem Pizzadienst eine Bestellung aufgegeben hat, mit dem Ziel, den Boten zu einer Adresse in den Anna-Heitmann-Weg zu locken. Als dieser dort eintraf, wurde er bereits von den beiden Männern erwartet: Sie bedrohten ihn mit Schreckschusspistolen und zwangen ihn so, sein Geld herauszugeben: 150 Euro. Der Überfall sollte laut der Anklage dazu dienen, Geld für Drogen zu beschaffen.

Die junge Frau, von Beruf Verkäuferin, bestreitet in der Verhandlung, in den Überfall verwickelt zu sein. Diesen haben ihre Komplizen in gesonderten Verfahren bereits gestanden, sie wurden für diese und andere Straftaten schon verurteilt. Und sie haben ausgesagt, dass es die Angeklagte war, die per Telefon den Pizzaboten herbestellt hat.

"Meine Mandantin hat mit der Sache überhaupt nichts zu tun", behauptet demgegenüber ihr Rechtsanwalt Patric von Minden. Die junge Frau weint und sagt, ihre damaligen Bekannten hätten ihr im Drogenrausch von der Tat erzählt, dies habe sie jedoch nicht weiter ernst genommen. "Ich weiß nichts weiter von dem Überfall", sagt sie vor Gericht. Die Männer hätten den genauen Ablauf der Tat nicht geschildert.

Die Angeklagte räumt ein, dass sie damals eine Beziehung mit einem der Täter hatte. Ende September 2009 habe sie sich von ihm getrennt. "Es ging einfach nicht mehr, wir haben eigentlich nur gestritten", sagt sie. Mit der Trennung habe er sich dann nur schwer abfinden können, auch weil sie ihm während der Beziehung immer den Großteil ihres Arbeitslohnes zum Drogenkauf abgeliefert habe.

Der Ex-Freund und sein Mittäter, den auch die Angeklagte flüchtig kannte, werden im Prozess jeweils für sich als Zeugen vernommen. R. und H. schildern den Überfall und bleiben dabei, dass es die Angeklagte gewesen sei, die den Pizzaboten telefonisch zum Tatort gelockt habe. "Wir haben sie überredet mitzumachen", sagt Zeuge H. "Sie sollte von uns ablenken." Während die beiden Männer ihre Aussage machen, sitzt die Angeklagte regungslos auf ihrem Stuhl, starrt vor sich hin und vermeidet jeden Blickkontakt mit den Zeugen. In der Verhandlung geht es auch um die Rolle einer anderen Frau. Diese Frau K. war vergangenes Jahr angeklagt worden, den fraglichen Anruf beim Pizzadienst gemacht zu haben, wurde aber freigesprochen. Ist sie womöglich doch die Täterin? Wollen die beiden Männer sie mit falschen Aussagen zu Lasten der Angeklagten schützen? War sie die Freundin des Mittäters und Zeugen H.? Diese Fragen stehen im Raum. Zeuge H. behauptet, er habe mit K. keine Beziehung gehabt. Zeuge R. sagt, sie und H. seien kurz ein Paar gewesen, hätten sich aber erst nach der Tat kennengelernt.

Es werden noch weitere Zeugen angehört, frühere Bekannte von R. und H. Zwei von ihnen meinen sich zu erinnern, dass die Mittäter ihnen gegenüber gesagt hätten, die Angeklagte habe den Pizzadienst angerufen. Eine Zeugin sagt hingegen, Mittäter H. habe Frau K. als Anruferin erwähnt. Alle Angaben sind widersprüchlich, die Aufklärung des Falles gestaltet sich schwierig.

Einen Beitrag zur Wahrheitsfindung kann womöglich die Tonbandaufzeichnung des Anrufs beim Pizzadienst leisten. Der Betrieb nimmt alle Bestellungen routinemäßig auf Band auf. Das Gericht will nun ein Sachverständigengutachten beim Bundeskriminalamt einholen, um feststellen zu lassen, ob die Stimme auf dem Tonband die der Angeklagten ist. Zudem sollen weitere Bekannte der Mittäter R. und H. befragt werden. Der Prozess wird am 4. September fortgesetzt.