Demograf rät, Grundschulen zusammenzulegen und auf Oberstufe zu verzichten. Grund: Zunehmende Überalterung der Stadtteile und immer weniger Kinder.

Reinbek. Es gibt Punkte, bei denen die Stadt Reinbek neidisch auf die kleine Nachbarin Glinde blickt. Neben der Investition in eine neue Feuerwehrwache ist es sicherlich der Kindersegen, den das Neubaugebiet Alte Wache Glinde gebracht hat. Während in den vergangenen beiden Jahren viele junge Familien mit Kindern nach Glinde zogen, verschlug es nach Reinbek eher die älteren Semester und kinderlose Paare.

Das war nur eine Erkenntnis, die der Demograf und Gutachter der Projektgruppe Bildung und Region, Wolf Krämer-Mandeau, am Dienstagabend dem Schul- und Sozialausschuss sowie zahlreichen Eltern und Lehrern der Reinbeker Schulen vorlegte. Auf der Tagesordnung stand die bereits heiß diskutierte Schulentwicklungsplanung und Raumoptimierung der Reinbeker Schulen, die die Weichen für die Bildungslandschaft in der Schlossstadt für die Zukunft stellen soll.

"Die Zahl der Kinder in Reinbek ist rückläufig. Ohne weitere Neubaugebiete wird sich die Situation auch nicht mehr ändern", sagte Krämer-Mandeau. Und das werde bereits mittelfristig Folgen für die Schulen haben. Zwar sei die Einwohnerzahl in den vergangenen Jahren in Reinbek gestiegen, jedoch habe sich die Zahl der Jungeltern nicht wesentlich gesteigert - und das zeige sich auch in den Einschulungszahlen.

Besonders düster sehe es für die Stadtteile Ohe, Schönningstedt und Neuschönningstedt aus. "In Schönningstedt werden in zehn Jahren 30 Prozent der Grundschüler fehlen. Auch in Neuschönningstedt und Ohe wird die Zahl der Jungeltern beziehungsweise der Frauen im gebärfähigen Alter einbrechen", sagte der Gutachter voraus. Schon heute gebe es in Ohe in manchen Jahrgängen der Altersstufen zwischen 20 und 45 weniger als zehn Männer und Frauen. Wegen der zunehmenden Überalterung der Stadtteile empfiehlt Krämer-Mandeau der Stadt, in einem ersten Schritt die Grundschule Schönningstedt im Jahr 2017 zu schließen. Die Gertrud-Lege-Schule in Neuschönningstedt solle dafür die Schüler aus Schönningstedt übernehmen.

Dagegen hatte sich bereits im Mai Widerstand geregt, als die Pläne erstmals öffentlich wurden. Und auch diesmal waren zahlreiche Eltern und Lehrer der Grundschule Schönningstedt gekommen, um für ihre Schulen zu kämpfen. "Wir werden erst über die Grundschule Schönningstedt entscheiden, wenn die Rahmenplanung Schönningstedt abgeschlossen ist und damit feststeht, ob es dort weitere Neubauflächen gibt oder nicht", sagte Tomas Unglaube (SPD), Vorsitzender des Ausschusses, bereits bei Beginn der Veranstaltung, um Eltern und Lehrer frühzeitig zu beruhigen.

Bärbel Kruse, Schulleiterin der Grundschule Schönningstedt, aber auch Christian Naterski, Leiter der Gertrud-Lege-Schule, gaben zu Bedenken, dass eine Schließung Folgen für die Betreuung der Kinder haben werde. "Wir haben heute 15 Räume, die als Klassenräume genutzt werden. Werden wir zusammengelegt, werden wir alleine 17 bis 18 Klassenräume brauchen. Und Räume für die Nachmittagsbetreuung würden fehlen", sagte Naterski. Es könne nicht sein, dass eine politische Entscheidung auf Kosten der Kinder getroffen wird. "50 Prozent der Grundschüler müssen heute schon nachmittags betreut werden. Wir können sie nicht zehn Stunden in einen Klassenraum sperren. Wir brauchen auch Differenzierungsräume", machte er auf den so drohenden Platzmangel aufmerksam.

Während die Zahlen im Grundschulbereich in den kommenden Jahren sinken werden, sollen die Anmeldungszahlen am Gymnasium Sachsenwald zunächst weiter anwachsen, prognostizierte Krämer-Mandeau. "Seit etwa zwölf Jahren sind die Schülerzahlen ansteigend, das zeigt die hohe regionale Akzeptanz. Und es wird auch noch so bleiben", sagte der Gutachter. Die Stadt Reinbek und die Politik hätten mit der Investition von knapp zwei Millionen Euro in sieben neue Klassenräume und eine neue Mensa richtige Entscheidungen getroffen, um den Bedarf erfüllen zu können.

Mit der Offensive, die Gemeinschaftsschule mit einer gymnasialen Oberstufe aufzuwerten, würde die Stadt nach Ansicht des Gutachters ihrem Gymnasium jedoch Konkurrenz machen. "Das Wachsen der einen Schule, würde das Schwächeln der anderen nach sich ziehen", gab Krämer-Mandeau zu Bedenken. Zudem gebe es mit den Standorten Wentorf, Glinde und Barsbüttel zusätzliche Konkurrenz. "Künftig wird jeder gern die Kinder des anderen haben wollen, jeder muss zusehen, dass er seine Schulen noch voll bekommt."