Bei der Konjunkturumfrage der IHK Lübeck bewerten Stormarns Firmen die Entwicklung noch positiv. Aber: Abkühlung ist auch hier spürbar.

Ahrensburg. Verzweifelte Sparbemühungen in Griechenland und Spanien, herabgestufte Kreditwürdigkeiten - die Wirtschaftsnachrichten zeichnen derzeit ein düsteres Bild der Entwicklung. Doch über den Stormarner Betrieben scheint offenbar noch immer die Sonne. "Unser Mittelstand ist robust. Die Region um Ahrensburg gehört sogar zu den fünf wachstumsstärksten in der Metropolregion", sagt Norbert Leinius, Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn. Doch sieht auch er erste negative Signale. "Das Wachstum wird nicht mehr so rasant steigen. Eine gewisse Abkühlung ist zu spüren", so der Geschäftsführer.

Dies erwarten offenbar auch 270 Stormarner Firmen, die von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck zu ihren Konjunkturerwartungen befragt wurden. Demnach sank der Geschäftsklimaindex im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 136,3 auf 105,9 Punkte. Bewerteten im zweiten Quartal 2011 lediglich 11,7 Prozent der befragten Firmen in Stormarn ihre zukünftige Lage negativ, sind es im zweiten Quartal 2012 bereits mit 22,1 Prozent nahezu doppelt so viele.

"Die Unsicherheit und Zurückhaltung der Verbraucher wird steigen", sagt Tobias Fischer-Zernin, Vorstand der Ahrensburger Joh. Friedrich Behrens AG. Das Unternehmen stellt etwa für die Möbel- und Verpackungsindustrie Befestigungsgeräte her und ist in mehr als 30 Ländern aktiv. "Ich denke jedoch nicht, dass in den internationalen Geschäften ein Einbruch zu spüren ist", sagt er. Für das Exportgeschäft habe sein Unternehmen allerdings mit starken Währungsschwankungen zu kämpfen. Fischer-Zernin: "Das ist natürlich nicht gut für ein stabiles Geschäft." Nicht rund laufe es vor allem in Südeuropa, so der Vorstand. "Bei unseren Tochtergesellschaften in Italien und Spanien merkt man, dass die Geschäfte deutlich schwächer laufen als in Deutschland."

Ähnlich bewertet Ullrich Küchenmeister, Geschäftsführer von Getriebebau Nord, die Lage. Er sagt: "Bisher haben wir nur in Südeuropa festgestellt, dass die Geschäfte leicht rückläufig sind. Doch hat dies bisher keine Auswirkungen auf den Nord-Gruppenumsatz." Das Bargteheider Unternehmen produziert Antriebstechnik und gehört zu den größten Herstellern von Getriebemotoren der Welt. Küchenmeister sagt: "In einzelnen Ländern sind Schwierigkeiten zu erwarten, die von Finanzierungsproblemen beziehungsweise einer lokalen Bankenkrise hervorgerufen werden." Der Geschäftsführer erwarte jedoch, dass mögliche Umsatzeinbußen dort durch Wachstum andernorts ausgeglichen werden könnten.

Die wirtschaftliche Abkühlung in anderen Euro-Staaten ist auch bei Systra aus Reinbek angekommen. Das international agierende Transportunternehmen ist auf Osteuropa spezialisiert. "Wir merken in unserem Kerngeschäft eine rückläufige Nachfrage", sagt Prokuristin Katrin Wist. Einen Dämpfer habe es vor allem in Russland gegeben, so Wist. "Vor den Präsidentschaftswahlen war das Einkaufsverhalten der Russen eher gedämpft. Die Menschen wollten erst einmal gucken, was passiert." Dennoch rechne man für das laufende Geschäftsjahr mit einem Umsatzplus. "Wenn man sich richtig aufstellt, macht man immer noch ein gutes Geschäft", sagt die Prokuristin. Und in die "richtige Aufstellung" investiere Systra derzeit. Durch eine Ausweitung im Logistikbereich will das Unternehmen für seine Kunden auch die Lagerung von Produkten übernehmen. Ein Ausbau des Standorts ist geplant. Wist: "Bis Mitte kommenden Jahres bauen wir für 2,5 Millionen Euro unsere Lagerhalle und Büroflächen weiter aus."

Für WAS-Geschäftsführer Norbert Leinius ist jedoch nicht so sehr die aktuelle Eurokrise das Hindernis für zukünftiges Wachstum. "Wir müssen uns vor allem den Herausforderungen der Megatrends stellen, etwa dem technischen und dem demografischen Wandel", sagt er. Stormarn müsse in Zukunft neben der günstigen Lage weitere Standortfaktoren für die Ansiedlung von Mitarbeitern schaffen, so der Geschäftsführer. "Dazu gehört etwa auch ein gut funktionierender Busverkehr", sagt Leinius. Leider sei etwa in Ahrensburg der Masterplan Verkehr immer noch nicht vorgelegt worden, an dem die Stadt schon seit Jahren arbeite.

Die Bedeutung der Infrastruktur unterstreicht auch Christiane Link, in der Ahrensburger Verwaltung für die Wirtschaftsförderung zuständig. "Sie ist das A und O für Unternehmen und deren Mitarbeiter." Link: "Der Fachkräftemangel wird das Thema der kommenden Jahre sein." Daher würden Aspekte wie eine gute Kinder- und Seniorenbetreuung immer wichtiger, wenn ein Wirtschaftsstandort überdauern wolle. Link sagt: "Noch spüre ich hier keine Abkühlung. Doch kann sich das natürlich auch ganz schnell ändern."

Einen Negativtrend kann auch Nils Thoralf Jarck, Geschäftsbereichsleiter bei der IHK für Stormarn, nicht ausmachen. Er sagt: "Von unserer Geschäftsstelle in Ahrensburg erleben wir eher das Gegenteil."