Die 13-jährige Stormarnerin Lina Finger spielt im Lübecker Kindertheater Pippi Langstrumpf die Rolle des kleinen Affen Herr Nilsson.

Lübeck. In ihrem Kostüm fühlt sich Lina Finger nicht wie sie selbst, sie spielt eine Rolle: Als kleiner Affe Herr Nilsson springt die 13-Jährige umher, macht Tierlaute, überrascht das Publikum mit besonderer Gestik und Mimik. Die Oldesloerin ist eines der sieben Kinder, die in diesem Sommer bei dem Kindertheater Pippi Langstrumpf der Lübecker Freilichtbühne mitwirken. Statt in den Sommerferien mit der Familie in den Urlaub zu fahren, widmet Lina ihre freie Zeit der großen Bühne. Vor jungen und erwachsenen Zuschauern verkörpert sie das kleine Totenkopfäffchen, das in Astrid Lindgrens Geschichten Pippis ständiger Begleiter ist.

"Mein Text besteht eigentlich nur aus: 'Uh ah ah'", sagt Lina und gibt eine Kostprobe ihrer erlernten Affenlaute. Sie benötigt vor dem Auftritt eine halbe Stunde, um sich in ihre Rolle als Pippis kleinem Spielgefährten zu verwandeln: Dazu streift Lina ihr dreilagiges Stoffkostüm samt Affenkopf über und malt sich ihr Gesicht mit brauner und weißer Theaterschminke an. Warum ihr die Rolle als Herr Nilsson so großen Spaß macht, begründet die Schülerin so: "Ich genieße es, die Kinder zum Lachen zu bringen. Ich bin der Narr in dem Stück und kann mit dem Publikum spielen."

Schon im letzten Jahr machte die 13-Jährige bei dem Lübecker Kindertheater Das Dschungelbuch mit. "Ich spiele Theater, seit ich fünf Jahre alt bin", erzählt die Oldesloerin. Erste Schauspiel-Erfahrungen sammelte Lina bei der Theatergruppe Oldesloer Bühne, bei der sie zusammen mit Erwachsenen auftrat. Doch eine Rolle, in der sie keinen Text auswendig lernen müsse, habe sie vorher noch nie gehabt. Deshalb habe die Schülerin versucht, sich immer weiter in die Rolle einzufinden. "Ein Affe bewegt sich viel schlaksiger als ein Mensch", sagt Lina. Ihre kleine Schwester Martha Finger, die jetzt neben ihr steht, wirft ein: "Wegen Lina sind wir einmal in den Zoo gefahren." Die Neunjährige spielt ebenfalls im Stück mit und übernimmt die Rolle der schüchternen Annika, einer Freundin von Pippi. Die beiden Geschwister stehen nicht immer gemeinsam auf der Bühne, da jede Kinderrolle zwei- bis dreifach besetzt ist und sich die jungen Schauspieler mit ihren Auftritten abwechseln. "Heute gucke ich nur Lina zu", sagt Martha.

Denn die spielt an diesem Abend wieder ihre Rolle als Herr Nilsson: "Zehn Minuten vor dem Auftritt nerve ich alle", sagt Lina. Richtiges Lampenfieber habe die 13-Jährige nicht. Sie freue sich vielmehr auf ihren Bühnenauftritt. Nach ihrer Schulzeit möchte Lina vielleicht einmal Lehrerin oder Theaterpädagogin werden. "Ich würde später gerne etwas machen, was mit Theater und Musik zu tun hat", sagt sie.

Der Regisseur Sven W. Pehla hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Neben Regiearbeiten übernimmt der Oldesloer zusätzlich die Rolle von Pippis Vater. Vor neun Jahren spielte der 44-Jährige ebenfalls Kapitän Langstrumpf, der in Lindgrens Geschichten die meiste Zeit auf seinem Schiff, der Hoppetosse, segelt und seine Tochter mit Goldschätzen aus dem Taka-Tuka-Land finanziert. "Als feststand, dass wir in diesem Jahr dieses Stück aufführen, wollte ich unbedingt wieder die Rolle haben", sagt er. "Es bringt mir Spaß, mit den Kindern auf der Bühne zu stehen." Und das merkt man auch: Kurz vor dem Auftritt albert er noch mit Lina, Martha und den anderen jungen Schauspielern herum. "Im Team herrscht eine familiäre Atmosphäre, darauf lege ich großen Wert", sagt Pehla. "Nur so entsteht wirklich gute Arbeit." Ob die minderjährigen Schauspieler am Ende der Saison eine Gage erhalten, entscheiden die Eltern. Oft zögen sie Geschenke wie Musical-Karten dem Geld vor.

Doch wie oft können die Schauspieler bei dem regnerischen Sommer auf der Freilichtbühne stehen? Die Premiere am Sonntag, 24. Juni, musste bereits abgesagt werden, eine weitere Vorstellung Mitte Juni wurde nach der Pause abgebrochen. Aber sie bleiben optimistisch: "Wir versuchen zu spielen, damit die Kinder nicht enttäuscht sind", sagt Pehla. "Ein paar Regentropfen machen uns nichts aus."