Richterin glaubt den Aussagen der zur Tatzeit 14 Jahre alten Ex-Freundin des Angeklagten. Der 26-Jährige erhält ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung

Ahrensburg. Am Ende hat ihm das Gericht nicht geglaubt: Die Beteuerungen des 26 Jahre alten Angeklagten, er habe mit seiner früheren Freundin niemals Sex gegen ihren Willen gehabt, beeindruckten Richterin Silke Freise und die beiden Schöffen nicht. Sie sahen es als erwiesen an, dass der Mann an einem Tag zwischen Juni und August 2009 seine damals 14 Jahre alte Freundin in seiner Wohnung in Bad Oldesloe zum Sex gezwungen hat. Sie verurteilten den Angeklagten daher gestern im Ahrensburger Amtsgericht wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird.

Nach Auffassung des Gerichts hatten der Angeklagte und seine damalige Freundin zunächst einvernehmlich Geschlechtsverkehr. Für das Mädchen war es ihr "erstes Mal". Als sie Schmerzen hatte, bat sie den Angeklagten, aufzuhören. Doch der reagierte nicht, machte auch weiter, als sie schrie und versuchte, ihn wegzuschubsen, hielt sie an den Handgelenken fest und vollzog den Geschlechtsverkehr. Sie ließ es schließlich über sich ergehen.

So hatte das Mädchen die Tat in der Verhandlung dargestellt. Das Gericht hielt deren Aussagen für glaubwürdig. So habe sie die Geschehnisse "emotional sehr betroffen geschildert" und erst gar nicht erneut vor Gericht aussagen wollen. Tatsächlich hatte das Opfer weinend und mit leiser Stimme von den Ereignissen berichtet. Es habe auch glaubhaft erzählt, welche Folgen die Tat für sie hatte. Die mittlerweile 17-Jährige hatte geschildert, dass sie sich "beschmutzt" fühle, sich in die Arme geritzt habe, kaum schlafen konnte und ihr Heil im Alkohol gesucht habe.

Der Verteidiger des Angeklagten hatte dagegen in seinem Plädoyer auf Widersprüche in der Aussage des Opfers sowie zwischen ihrer Schilderung und denen der ebenfalls vernommenen Zeugen hingewiesen. So hatten zwei Freundinnen des Opfers berichtet, dass es ihnen von ihrem ersten Sex erzählt habe, er sei "in Ordnung und schön" gewesen. Andere Freunde meinten sch zu erinnern, dass sie die Schnittwunden an den Armen des Opfers schon vor der Tat gesehen haben. "Vielleicht hat sie sich wegen Problemen in der Schule in die Arme geritzt", sagte der Anwalt dazu. Er erinnerte auch daran, dass der Fall schon drei Jahre zurückliege und daher schwierig zu rekonstruieren sei. Der Verteidiger forderte schließlich einen Freispruch für seinen Angeklagten.

Demgegenüber sah das Gericht keinen Grund und kein Motiv für die Ex-Freundin des Angeklagten, sich die Vergewaltigung auszudenken und den 26-Jährigen einfach so zu belasten. Dagegen spräche schon die Tatsache, dass das Opfer erst Monate nach der Tat und auf Drängen von Freunden zur Polizei ging und Anzeige erstattete. "Und wenn sie sich alles ausgedacht hätte, hätte sie wohl nicht gesagt, dass der Geschlechtsverkehr erst einvernehmlich erfolgte", sagte Richterin Freise. Dass das Opfer den Geschlechtsverkehr gegenüber ihren Freundinnen zunächst anders darstellte, erklärte das Gericht damit, dass es die Tat als sexuell noch unerfahren erst nicht einordnen konnte, später habe sie sich dann geschämt.

Das Gericht folgte mit seinem Strafmaß weitestgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft Lübeck. Und wie diese sah sie den Angeklagten auch als vermindert schuldfähig an. Der 26-Jährige war von einem psychologischen Sachverständigen begutachtet worden, der seine Ergebnisse gestern vorstellte. Dieser bescheinigte dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung. Er sei "leicht minderintelligent" und vermeide alles, was ihn frustriere, könne daher auch nicht auf seine Triebe verzichten.

Der Angeklagte nahm das Urteil ohne erkennbare Regung auf. Er kommt aus schwierigen Verhältnissen, lebte zeitweise in Pflegefamilien, die Mutter war Alkoholikerin, zum Vater hatte er nie Kontakt. Der 26-Jährige hat nie richtig gearbeitet und lebt von Sozialleistungen. Er darf sich nun drei Jahre nichts weiteres zuschulden kommen lassen, ansonsten muss er die verhängte Strafe doch noch absitzen.