Ein Gastwirt an der L 94 beklagt Umsatzeinbußen. Auch an der Tankstelle gibt es Ärger. Die Anlieger bemängeln den Informationsfluss.

Witzhave. Bagger schaufeln entlang der Möllner Landstraße Erde, schaffen Platz für neue Fahrbahn- und Radwege. Vor dem Ortseingangsschild Witzhave rollen Autos auf einer unebenen Betontragschicht ohne Asphalt. Neue Rohrleitungen werden verlegt, damit Regenwasser künftig besser abfließen kann. Die Arbeiten für das rund 2,3 Millionen Euro teure Bauprojekt laufen im ersten Bauabschnitt an der L 94 zwischen Witzhave und Grande auf Hochtouren. Doch während sich einige Anlieger auf eine neue Straße freuen, sind andere knapp drei Wochen nach Baubeginn schon genervt. "Hier passiert zurzeit gar nichts mehr", sagt eine Angestellte der Shell-Tankstelle, die namentlich nicht genannt werden möchte. "Die Baustelle ist schlecht ausgeschildert. Nur Ortsansässige wissen, dass man trotz der Arbeiten weiterhin bei uns tanken kann."

Seit Ende Juni ist die Baustelle nur für den Anliegerverkehr freigegeben. Werktags nutzten sonst rund 9000 Autofahrer die L 94. Eine Kollegin der Angestellten, die ihren Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen will, ergänzt: "Die Leute vom Straßenbauamt denken nicht darüber nach, was mit den Menschen passiert, die hier arbeiten. Am Ende sind wir die Leidtragenden." Auch Hartmut Knaack hat Probleme mit der Baustelle. Sein Gasthof liegt, wie die Shell-Tankstelle ein paar Meter weiter, an dem Abschnitt der Möllner Landstraße, der momentan nur einseitig befahrbar ist. Da Knaack über seiner Gaststätte wohnt, hat er die Baustelle täglich vor Augen. "Natürlich bin ich genervt", sagt er. "Als Gastwirt liege ich oft erst nachts um halb eins im Bett. Wenn dann um 7.15 Uhr die Rüttelwalze einsetzt, wackelt das ganze Haus." Das sei angesichts des Tagesrhythmus' des 56-Jährigen eine große Belastung. Die Baustelle bedeute für ihn auch weniger Einnahmen. "Zwar kommen die Stammgäste noch, doch die Kundschaft während des Durchgangsverkehrs bleibt weg."

Zu diesen Stammgästen gehört auch das Ehepaar Radke. Das Grundstück der beiden Witzhaver grenzt ebenfalls an die L 94. Doch in diesem Abschnitt existiert zurzeit keine Straße mehr, sondern nur noch Sandboden. "Man muss sich damit abfinden", sagt Emil Radke. Der 74-Jährige sei schon länger mit der Beschaffenheit der Straße unzufrieden gewesen. Und begrüße daher die Arbeiten. "Der Baulärm nervt mich nicht", sagt er. Der Rentner sei zudem begeistert von der Flexibilität der Bauarbeiter: "Als ich kürzlich nicht von meinem Grundstück fahren konnte, habe ich einmal Bescheid gesagt. Sofort haben die Leute vom Straßenbau den Absatz aufgeschüttet."

Im Katerstieg, einer Seitenstraße der L 94, ist die Laune der Anwohner momentan deutlich schlechter. Während Nachbarn aus anderen Nebenstraßen eine direkte Verbindung zum Ortskern nutzen können, müssen sie immer durch die Baustelle fahren. Dort wird der Verkehr zurzeit mit Ampeln geregelt. Für Autofahrer, die aus dem Katerstieg kommen, sind diese jedoch nicht zu sehen. Und das birgt Gefahren. Anwohnerin Birte Bargholz berichtet: "Mir wäre kürzlich beinahe jemand ins Auto gefahren. Vom Katerstieg aus ist nicht erkennbar, aus welcher Richtung Autos kommen." Denn eine der beiden Ampeln steht rund 400 Meter weit entfernt. Die Sicht auf entgegen kommende Autos ist innerhalb der Großbaustelle versperrt. Die 31-Jährige fühle sich zudem schlecht über die Baumaßnahmen informiert. "Erst zwei Tage nach Beginn der Bauarbeiten wurden wir informiert", sagt sie.

Darüber ist auch Jens Feldhusen entsetzt. Der Bürgermeister der 1400-Einwohner-Gemeinde sagt: "Die Informationspolitik des Verkehrs- und Straßenbau-Amtes Lübeck ist katastrophal. Wir möchten alle eine neue Straße haben - aber wir wollen vernünftig informiert werden." Beschwerden genervter Autofahrer leite er an das zuständige Amt in Lübeck weiter. Dort heißt es auf Anfrage dieser Zeitung, die Gemeinde sei frühzeitig über das Projekt informiert worden. "Wir hatten bezüglich der Verkehrsführung vor Monaten ein Gespräch mit den betroffenen Ämtern", sagt Jens Sommerburg vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein. Was den Zeitplan der Bauarbeiten angeht, gibt er sich zuversichtlich: "Wenn nichts Unerwartetes passiert, werden die Arbeiten in diesem Abschnitt wie geplant am 3. August beendet sein."