Lukas Lüders, 17 Jahre, und Valeri Prinz, 58 Jahre, leisten Bundesfreiwilligendienst. Ein Jahr nach dessen Start ziehen sie nun Bilanz

Storman. Auf den ersten Blick scheinen Lukas Lüders und Valeri Prinz sehr verschieden zu sein. Der eine, Lukas Lüders, ist 17 Jahre alt und kommt aus Siek. Der andere, Valeri Prinz ist 58 Jahre alt und kommt aus Chanty-Mansijsk im autonomen Kreis der Chanten und Mansen/Jugra in Russland. Und doch haben sie eines gemeinsam: In Stormarn widmen sie ihre Zeit der gleichen Sache, dem Bundesfreiwilligendienst - jener Einrichtung, die vor einem Jahr nach dem Ende der Wehrpflicht mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, den Zivildienst zu ersetzen.

"Das es so etwas überhaupt gibt, habe ich erst erfahren, als ich auf der Suche nach einer Stelle für ein Freiwilliges soziales Jahr war und eher zufällig im Rosenhof angerufen habe", sagt Lukas Lüders. Nach seinem Realschulabschluss 2011 an der Ahrensburger Selma-Lagerlöf-Schule hat er sich gegen die Möglichkeit entschieden, im Anschluss sein Abitur zu machen. Stattdessen suchte er eine praktische Herausforderung. "Zwei Tage, nachdem ich angerufen habe, durfte ich zum Vorstellungsgespräch kommen", sagt Lukas Lüders. "Und eine Woche später habe ich auch schon angefangen."

Der Start in der Seniorenwohnanlage war schwierig. "In den ersten zwei Wochen dachte ich regelmäßig, dass ich das nicht überlebe. Es war unheimlich anstrengend, jeden Tag von 8 bis 17 Uhr zu arbeiten und nur eine Stunde Pause zu haben", sagt Lüders. Zu seinen Aufgaben gehört es im Rosenhof unter anderem, die Bewohner zu Arztbesuchen zu begleiten. "Ich bekomme dann die wichtigsten Informationen von der Pflegedienstleitung und muss berichten, welche Diagnosen der Arzt dem Bewohner gestellt hat", sagt er. Außerdem reicht er den Bewohnern das Essen oder hilft bei Toilettengängen.

Der Umgang mit den älteren Menschen fällt ihm leicht. "Natürlich sind da auch schon mal schwierige Kandidaten dabei, die einen beschimpfen. Aber das nehme ich mir dann nicht zu Herzen ", sagt der Sieker. "Die meisten Bewohner sind sowieso froh, dass jemand da ist und mit ihnen Bingo spielt oder Kuchen backt."

Auch mit der Tatsache, dass es oft vorkommt, dass einige der Bewohner überraschend sterben, hat er sich abgefunden. Lüders: "Gewöhnen kann man sich daran nicht. Ich schaffe es aber, diese negativen Erfahrungen nach Feierabend nicht mit nach Hause zu nehmen." Er sieht seine Arbeit im Bundesfreiwilligendienst als Chance. "Hier kann ich einen echten Einblick in die Berufspraxis kriegen, den ich als Praktikant niemals hätte", sagt Lüders.

Berufserfahrung hat Valeri Prinz reichlich. Seit seiner Jugend hat er in der ehemaligen Sowjetunion als Lkw-Fahrer gearbeitet. Vor elf Jahren beschloss er jedoch, mit seiner Familie nach Deutschland zu kommen, um ein bessere Leben zu führen. "Das war im Endeffekt aber gar nicht so leicht, denn mein Führerschein ist hier nicht gültig und die Sprache ist immer wieder eine Barriere", sagt Prinz, der nun in Barsbüttel lebt.

Um etwas zu tun zu haben, meldet der 58-jähriger sich immer wieder freiwillig. So arbeitete er beispielsweise zwischen 2009 und 2011 als Ein-Euro-Jobber an der Grundschule Barsbüttel als Gehilfe des Hausmeisters. "Die Stelle lief dann aus und ich war erst mal gezwungen, zu Hause zu bleiben, Fernsehen zu gucken und den Tag mit Essen und Trinken zu verbringen", sagt der Russe. Irgendwann habe ich mir gesagt, dass es so nicht weitergehen kann und bin ins Rathaus gegangen und habe mich beraten lassen, was ich noch tun kann." Im Dezember 2011 war das und im Barsbütteler Rathaus vermittelte man ihm eine Stelle, wieder als Gehilfe des Hausmeisters, diesmal als Bundesfreiwilliger in der Grundschule Willinghusen. "Das trifft sich ganz gut, denn meine Enkelin geht hier in die erste Klasse. So kann ich hin und wieder ein Auge auf sie haben", sagt Valeri Prinz.

20 Stunden in der Woche erledigt er, was in der Schule anfällt: Hecken schneiden, Glühbirnen wechseln oder Stühle leimen. Knapp 170 Euro im Monat bekommt er dafür. "Davon kann ich nicht leben, deswegen bekomme ich dazu noch Hartz IV", sagt Prinz. Unzufrieden ist er aber nicht. Denn: "So komme ich aus dem Haus und mache etwas Nützliches."

Die Hoffnung, noch mal einen festen Job zu bekommen, hat Prinz aufgegeben. "Ich bin schon alt, wer stellt mich denn schon ein?", sagt er. Noch immer habe er Probleme mit der deutschen Sprache. "Da hat auch ein Deutschseminar, das ich im Rahmen des Freiwilligendienstes besuchen musste, nicht geholfen", so der 58-jährige. Weitere Fortbildungsmaßnahmen gab es für ihn nicht. Dabei soll der Bundesfreiwilligendienst auch eine pädagogische Begleitung beinhalten. Valeri Prinz aber sagt: "Wer mich hier begleitet, das sind der Hausmeister und die Schulleitung. Von dem zuständigen Bundesamt habe ich in dem halben Jahr kaum etwas gehört."

Auch Lukas Lüders in Großhansdorf hat fast nur kritische Worte für die Organisation des Freiwilligendienstes über. "Ja, es gab einige Seminare, aber ich bin nicht zu allen hingegangen", sagt er. "Und die, bei denen ich war haben nicht zu meinem Job gepasst. Ich sollte da über Politik diskutieren, aber hängen geblieben ist nichts. Ich habe den Eindruck, dass sie selbst noch nicht so genau wissen, wie sie arbeiten sollen, weil alles noch so neu ist", sagt er.

Ob sich dieser Missstand verbessern wird, ist Lüders mittlerweile egal. Denn seine Zeit im Großhansdorfer Altenheim endet heute. "Danach fange ich eine Ausbildung zum Fluggerätetechniker bei der Lufthansa Technik an", sagt er. Das freiwillige Jahr im Rosenhof sei zwar "immer wieder aufregend" gewesen und gut, um die Disziplin eines Arbeitsalltags kennen zu lernen. Aber er wissen nun auch, was er nicht für den Rest seines Lebens machen möchte. Lüders: "Altenpfleger zu sein, ist nichts für mich. Ich mag Menschen zwar gerne, aber ich interessiere mich auch sehr für Maschinen. Jetzt freue ich mich darauf bald mit Flugzeugen zu arbeiten."

Dennoch fällt sein persönliches Fazit positiv aus. "Beim Bundesfreiwilligendienst würde ich immer wieder mitmachen.