Erstmals wurde ein Kind in die Babyklappe des St. Adolf-Stifts gelegt. Für die Mutter besteht nun die Möglichkeit sich anonym zu melden.

Reinbek. Paul ist 46 Zentimeter groß, wiegt 2200 Gramm und ist das erste Kind, das in der Babyklappe des Reinbeker Krankenhauses St. Adolf-Stift abgegeben wurde. Um 3.45 Uhr in der Nacht zu Sonnabend schloss jemand die Babyklappe von außen, zwei Minuten später ertönte auf mehreren Stationen der Klinik ein Alarm. "Unsere Nachtschwester ist nach unten gegangen, um nachzusehen und hat den Säugling in dem Wärmebett gefunden", sagt der Kaufmännische Direktor der Klinik, Lothar Obst.

Die Babyklappe befindet sich abgelegen vom Haupteingang der Klinik und von der Straße an der Seite des Gebäudes. Sie ist ausgestattet mit einem Wärmebett und einer Wärmelampe, die für eine Temperatur von 37 Grad sorgen. "Dem Kind geht es gut. Es ist gesund und wohlauf", sagt die Leitende Hebamme der Klinik, Christiane Schwarz.

Nachdem die Nachtschwester das Baby gefunden hatte, wurde Paul direkt in den Kreißsaal gebracht und dort von der diensthabenden Gynäkologin untersucht. "Am Morgen haben wir das Jugendamt des Kreises Stormarn informiert und Paul damit in dessen Obhut übergeben", sagt Lothar Obst. "Er befindet sich in kompetenter kinderärztlicher Betreuung." Der Säugling habe genau die gleiche Versorgung erhalten wie jedes andere Neugeborene im St. Adolf-Stift auch.

Seit Juni 2008 verfügt das Krankenhaus über eine Babyklappe. "Wir haben lange gerungen, ob wir die Klappe einrichten sollen. Ich bin froh, dass es so gekommen ist", sagt Lothar Obst, und betont, die Einschränkung der Babyklappen, wie unter anderem Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sie zurzeit fordert, sei der falsche Schritt. "Das Kind hat trotzdem die Möglichkeit, seine Familie kennenzulernen. Die Mutter kann das Baby innerhalb der nächsten acht Wochen zurückfordern." Das gelte auch für die Mutter des kleinen Paul.

In der Babyklappe befand sich ein Brief der Klinikleitung an die Mutter des abgegebenen Kindes, den diese auch mitgenommen hat. Neben Informationen auf mehreren Sprachen zu ihren Rechten befindet sich darin ein Armband. "Das Baby hat ein Armband in der gleichen Farbe erhalten. Das legitimiert denjenigen, der es abgegeben hat, dazu, zu sagen: 'Das ist mein Kind.'", erläutert Klinikchef Obst.

Das Armband werde das Kind auch später noch behalten, so dass eine Kontaktaufnahme auch dann noch möglich sei. "Die Entscheidung, ein Kind in eine Babyklappe zu geben, ist eine sehr emotionale, sie muss aber nicht endgültig sein", sagt Obst. In jedem Fall aber könne die Mutter Kontakt zu Paul aufnehmen, indem sie anonym an die Klinik schreibe oder eine Nachricht in der Babyklappe hinterlasse.

Gesehen hat Pauls Mutter oder denjenigen, der das Kind in die Babyklappe gelegt hat, in der Nacht niemand. "Die Anonymität der Mutter ist absolut gewahrt. Sie kann sich auf das Vertrauen des Krankenhauses verlassen", sagt Lothar Obst.

Der in eine Jacke gewickelte dunkelhaarige Säugling war vermutlich erst am Freitag oder wenige Tage zuvor geboren worden. "Da die Nabelschnur nicht fachgerecht abgetrennt war, gehen wir davon aus, dass die Mutter ihr Kind allein zur Welt gebracht hat", sagt Lothar Obst. Paul sei wahrscheinlich etwa vier Wochen zu früh geboren worden. Obst:"Deshalb haben wir ihn nach der Erstversorgung bei uns in das Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg abgegeben. Dort wird er erst einmal bleiben." Alle in Reinbek geborenen Kinder, die weniger als 2500 Gramm wögen, würden in das Wilhelmstift verlegt. Verlangen die Eltern Paul nicht zurück, wird er im Anschluss an eine Pflegefamilie vermittelt.

Auf dem Papier heißt Paul eigentlich Amber. "Er sieht aber einfach aus wie ein Paul", sagt die pflegerische Abteilungsleiterin der Frauenklinik, Eva Möller. Aber:"Nach einer genau vorgeschriebenen Organisations- und Verfahrensanweisung für die Babyklappe müssen die abgegeben Kinder alphabetisch benannt werden. Da dies unser erstes Kind ist, sollte der Name mit A beginnen", erläutert Obst. "Damit soll verhindert werden, dass der Ablauf zu emotional verläuft."

Ein bisschen emotional verlief das Zusammentreffen der Klinikmitarbeiter mit dem ersten Reinbeker Babyklappen-Kind dann aber doch. Evelyn Beckmann arbeitet als Schwester auf der Mutter-Kind-Station und betreut das Projekt Babyklappe. Sie sagt: "Wir haben den kleinen Jungen alle sofort in unsere Herzen geschlossen."

Wenn die Mutter sich doch dazu entschließt, Kontakt zu ihrem Kind aufnehmen zu wollen, kann sie anonym einen Brief an die Klinikleitung (Lothar Obst, Hamburger Straße 41, 21465 Reinbek) schreiben oder sich telefonisch an das Jugendamt Stormarn (Gerald Wunderlich, 04531/16 05 15) wenden. Außerdem besteht die Möglichkeit, eine Nachricht in der Babyklappe zu hinterlassen. Die Klinikleitung betont: Innerhalb der nächsten acht Wochen steht es Pauls Eltern jederzeit zu, ihren Sohn vom Jugendamt zurückzuverlangen. Eine Strafe droht Mutter und Vater nicht.