Stormini-Bürgermeister Sebastian bittet Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Torsten Albig zum Gespräch.

Hamberge. Es ist ein Gipfeltreffen der besonderen Art: Sebastian, 11, der frisch gewählte Bürgermeister der Kinderstadt Stormini, empfängt Torsten Albig, 49, den ebenfalls frisch gewählten Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein. Auf der Tagesordnung steht nicht etwa die Euro-Schuldenkrise, wie beim G20-Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer vor knapp zwei Wochen in Mexiko. Beim G2-Gipfel in Hamberge geht es um zwei neue Amtsträger, die sich kennenlernen, austauschen und vom anderen lernen wollen.

Sebastian ist sichtlich angespannt vor der Begegnung. Am Stadttor von Stormini läuft er auf und ab, lässt sich zwischendurch immer wieder erschöpft auf eine Bank fallen. Denn er hat an diesem Tag schon viele Gäste empfangen, Landrat Klaus Plöger, Kreispräsidentin Christa Zeuke und zahlreiche Stormarner Politiker sowie Sponsoren zum Beispiel. Sie alle sind zum VIP-Tag auf das Stormini-Gelände rund um die Grundschule in Hamberge gekommen. "Meine Hände sind vom vielen Händeschütteln schon ganz rau", sagt Sebastian, und fügt nach einer kurzen Pause mit leicht bedauernder Stimme hinzu: "Ich bin deshalb heute noch zu gar nichts anderem gekommen."

Torsten Albig lässt auf sich warten, und Sebastian bleibt nichts anderes übrig, als in die Innenstadt von Stormini zurückzukehren. Denn seine Bürger, 230 Kinder im Alter von neun bis 13 Jahren, verlangen nach seiner Anwesenheit. Sie haben Wünsche: mehr Eis, saubere Toiletten und längere Schlafzeiten zum Beispiel. "Zurzeit werden wir um 7.15 Uhr geweckt", sagt der Elfjährige. "Ich will durchsetzen, dass wir bis 7.30 Uhr schlafen dürfen."

Doch momentan hat er keine Zeit, dieses Anliegen weiterzuverfolgen, denn sein Gast ist eingetroffen. Mutig und mit schnellen Schritten läuft Sebastian dem Ministerpräsidenten entgegen und reicht ihm seine Hand. Torsten Albig ergreift sie, und legt auch gleich noch seinen Arm um den Bürgermeister von Stormini. Das deutet auf ein sehr harmonisches Treffen der G 2 hin. "Du musst nicht aufgeregt sein", sagt Torsten Albig zu dem Oldesloer. "Du machst das schon sehr gut."

Sebastian führt seinen Gast vor die Stormini-Bühne. Eine Sonderstadtstunde steht auf dem Programm. Auf den Bänken haben sich bereits die Bürger der Kinderstadt versammelt. Sebastian und die anderen Mitglieder des Kinderparlaments berichten, welche Probleme es gibt. "Das Finanzamt schreibt, dass wir zu wenig Steuern eingenommen haben und nun die Teamer nicht mehr bezahlen können. Wir müssen vielleicht Staatsschulden machen", sagt Sebastian. Als Bürgermeister hat er aber auch gleich eine Lösung parat: "Wir haben seit heute Selbstständige, die viele Steuern zahlen müssen. Wir werden dieses Geld einfach für die Löhne der Betreuer nehmen." Die Stormini-Bürger honorieren die Entscheidung mit lautem Applaus.

Torsten Albig ist begeistert. "Es ist toll, was ihr hier macht", sagt er. "Ich war ja bis vor wenigen Tagen selbst Bürgermeister. Es ist schön, eine Stadt zu organisieren, aber man braucht Leute, die mitmachen. Die sind in den echten Städten da draußen gar nicht so leicht zu finden." Ein wenig neidisch ist er auch auf die Wahlbeteiligung. 86 Prozent der Kinder gaben bei der Bürgermeisterwahl ihre Stimme ab. "Als ich zum Kieler Bürgermeister gewählt wurde, sind nur 36 Prozent der Menschen zur Wahl gegangen", sagt Albig.

Sebastian interessiert vor allem eins: Er möchte von Torsten Albig wissen, wie man einen Wahlkampf gewinnt. Dabei braucht er in diesem Bereich eigentlich keine Nachhilfe, denn der Elfjährige hat selbst gerade einen sehr erfolgreichen Wahlkampf hinter sich. Der Ministerpräsident erklärt es ihm trotzdem. "Es reicht nicht, nur Plakate aufzuhängen", sagt er. "Man braucht viele Unterstützer, denen man vertraut und die den anderen Leuten sagen, was für ein Mensch man ist." Sebastian ist zufrieden. "Torsten Albig ist viel lockerer, als ich gedacht habe. Das hat Spaß gemacht", sagt der Stormini-Bürgermeister nach dem Gipfeltreffen.

Er ist schon wieder von zahlreichen Bürgern umringt. Ihre Forderung: Eis für alle. "Nachdem ich die Wahl gewonnen hatte, habe ich allen ein Eis ausgegeben", sagt der Sechstklässler. Seine Bürger erwarten das nun scheinbar täglich von ihm. Aber Sebastian winkt ab. "Heute nicht mehr, aber morgen gibt es noch mal Eis für alle", verspricht er.

Torsten Albig investiert währenddessen seine drei Stormis Begrüßungsgeld in Form von Kaurischnecken in ein Würstchen, das die Selbstständigen Felix und Tim verkaufen. Und was konnte er sich von dem Stormini-Bürgermeister abgucken? "Die Begeisterung, mit der hier Politik gelebt wird", sagt Albig. "Die geht Menschen in einem gewissen Alter ab. Vielen älteren Politikern täte es gut, mal zu Stormini zu kommen und sich etwas von der Begeisterung abzuschauen. Wenn wir alle mit so einer Begeisterung dabei wären, hätten wir auch eine Wahlbeteiligung von 86 Prozent."