Gerold Rahmann (Grüne) provoziert FDP-Frau Anita Klahn, die den Saal verlässt

Bad Oldesloe. Es erinnert an eine Szene aus dem Kasperletheater. Doch heißen die Hauptfiguren nicht Kasper, Seppl, Krokodil und Prinzessin, sondern Anita Klahn und Gerold Rahmann. Sie ist FDP-Landtagsabgeordnete, er Agrarwissenschaftler und bei den Grünen. Als Stadtverordnete sollen sie die politischen Entscheidungen in Bad Oldesloe treffen. Ihre Bühne ist die Festhalle an der Olivet-Allee, der Saal für die Stadtverordnetenversammlungen. Einen roten Vorhang gibt es auch dort, allerdings fehlen die Kinder, die sich erwartungsvoll vor der Bühne versammelt haben.

Das Stück beginnt. In der ersten Szene sehen die Zuschauer - es sind nur einige Bürger da - eine Abstimmung über die Zertifizierung von Forstbetrieben. Gerold Rahmann, der Vorsitzende des Umwelt- und Energieausschusses, möchte gern, dass Bad Oldesloe Mitglied des FSC wird. Diese Abkürzung steht, wie er anmerkt, nicht für Flensburger Segel-Club, sondern für Forest Stewardship Council.

Mit 14 zu elf Stimmen wird die Zertifizierung beschlossen. Rahmann könnte zufrieden sein - ist es aber nicht. Ihm missfällt, dass Anita Klahn wie ihre FDP-Fraktionskollegen gegen die FSC-Zertifizierung gestimmt hat. "Ihr Mann hat aber im Umwelt- und Energieausschuss für den Vorschlag gestimmt", ruft der 49-Jährige der Liberalen über die Tische hinweg zu. Anita Klahn straft ihn mit einem ersten bösen Blick.

Szene zwei: Bürgerworthalter Rainer Fehrmann (CDU) ruft den nächsten Punkt der Tagesordnung auf. Es geht um die Einrichtung eines Naturlehrpfads an der Trave. Gerold Rahmann hat als Vorsitzender des Umwelt- und Energieausschusses erneut das Wort. Er nutzt die Gelegenheit, um Anita Klahn vom Redepult aus darauf hinzuweisen, dass ihr Mann Michael im Umwelt- und Energieausschuss ganz begeistert von dem Projekt gewesen sei und sich stark dafür ausgesprochen habe. Jetzt platzt Anita Klahn der Kragen. "Sie überschreiten hier bei weitem Ihre Kompetenzen als Ausschussvorsitzender", sagt die 51-Jährige, "ich erwarte eine Entschuldigung."

Doch Rahmann denkt gar nicht daran. Erneut tritt er an das Rednerpult. Rainer Fehrmann versucht, den Grünen mit Zwischenrufen davon abzuhalten, wieder vom Thema abzuweichen und persönlich zu werden. Doch ohne Erfolg. "Ich kann ja nichts dafür, wenn Sie innerhalb der FDP nicht kommunizieren", sagt Rahmann in Richtung Anita Klahn, "ich hätte aber erwartet, dass Sie wenigstens mit ihrem eigenen Mann reden." Nun reicht es der Angesprochenen. "Das ist eine Frechheit", sagt Klahn, "ich gehe jetzt erst einmal fünf Minuten nach draußen." Dann steht sie von ihrem Stuhl auf und stürmt aus dem Saal. Zurück bleiben ratlose Stadtverordnete, entsetzte Zuschauer und ein Bürgerworthalter, der die Emotionen aus dem Spiel nehmen möchte. "Ich unterbreche die Sitzung für fünf Minuten", sagt Fehrmann, "ich denke, wir brauchen alle erst einmal ein bisschen Zeit, um uns abzukühlen."

Vermutlich wird auch er daran denken, dass das Oldesloer Polit-Theater auch einen Prolog hatte. Teil eins war bereits bei der vorherigen Stadtverordnetenversammlung Ende November zu bestaunen. Damals schlug Fehrmann vor, einen gemeinsamen städtischen Neujahrsempfang mit allen Parteien ins Leben zu rufen. Ein auf den ersten Blick harmloser Vorschlag, der aber einen heftigen Streit zwischen den Oldesloer Politikern ausgelöst hat. Denn sie hatten alle unterschiedliche Vorstellungen davon, wie so ein Neujahrsempfang aussehen müsste. Unter anderem gab Anita Klahn den Grünen die Schuld am Scheitern der gemeinsamen Veranstaltung. Sie sagte damals: "Es ist unfair, wie sie Rainer Fehrmann angehen und uns alle spalten wollen."

Den Prolog hatte der Bürgerworthalter auf der Sitzung am Mittwochabend mit den Worten "Es wird 2012 keinen gemeinsamen Neujahrsempfang geben" kurz und bündig beenden können. Diesmal war es die Pause, die den Akteuren offensichtlich gut tat. Anita Klahn kehrte zurück an ihren Platz, Gerold Rahmann hielt den Mund. Und für den Rest des Abends gab's Politik statt Theater.