Serie “Meine Firma“: Die Stern-Wywiol-Gruppe stellt Nahrungsergänzungsmittel her. 130 Mitarbeiter forschen im Technologiezentrum.

Ahrensburg. Man könnte sagen, sie hätten auf Mehl gebaut. Aber das hört der Chef nicht so gerne. "Da ist zwar etwas dran", sagt Torsten Wywiol, "aber das ist durch das Sprichwort mit dem Sand einfach zu negativ besetzt." Gleichwohl wurde die Stern-Wywiol-Gruppe mit der Mehlverbesserung zu dem, was sie heute ist. Ein weltweit operierendes Unternehmen mit rund 700 Mitarbeitern und elf Spezialfirmen, das Lebens- und Futtermittelzusatzstoffe entwickelt und einen Umsatz von rund 310 Millionen Euro erwirtschaftet. Torsten Wywiol und sein Vater Volkmar führen das Unternehmen als Inhaber vom Hamburger Hauptsitz aus.

Geforscht und entwickelt wird aber im Technologiezentrum in der Kurt-Fischer-Straße in Ahrensburg. Rund 130 Menschen arbeiten dort. Schon bald werden es noch mehr sein, denn Stern-Wywiol baut gerade weitere Labore. "Außerdem haben wir das Nachbargrundstück gekauft", sagt Torsten Wywiol. Der Mittelständler will die Möglichkeit wahren, in Ahrensburg weiter zu wachsen. Wywiol: "Als wir 2003 vom Kornkamp an den Standort gezogen sind, dachten wir noch, dass der Platz reichen würde." Doch schon 2007 wurden weitere Labore angebaut. Und im Mai 2012 werden dann noch einmal 1700 Quadratmeter hinzukommen.

Während draußen Bauarbeiter auf den Gerüsten arbeiten, wird drinnen fleißig geforscht. Lutz Popper schaut dem Laborant Christophe Hebert dabei zu, wie er mit Hilfe einer Maschine einen Mehlteig in die Länge zieht, bis dieser reißt. "Das ist unser Folterinstrument für Teig", sagt Popper und lacht. Er steht im Enzymlabor der Firma. Popper ist so etwas wie der Herr über die Enzyme. Der Lebensmittelingenieur ist Wissenschaftlicher Leiter bei Mühlenchemie, einer Tochter der Stern-Wywiol-Gruppe.

"Eigentlich braucht gemahlenes Getreide Reife - bevor man es verbacken kann, vergehen normalerweise 14 Tage", sagt Popper. "Doch heutzutage muss schnellstmöglich und auf den Punkt gebacken werden. Daher arbeiten wir unter anderem daran, die Reifung zu beschleunigen." Dabei helfe etwa die Ascorbinsäure, besser bekannt als Vitamin C, erklärt der Lebensmittelingenieur, der seit 18 Jahren für das Unternehmen forscht. Popper: "Früher setzte man Chemie ein, speziell Kaliumbromat. Das ist in Deutschland aber seit 1957 verboten. Heute werden Enzyme verwendet." In den Laboren wird etwa die Gärkraft oder die Knet-Toleranz des Mehls getestet.

Mühlenchemie entwickelt Bakterienstämme für die Enzymproduktion. "Aus Hunderten von Enzymen versuchen wir, geeignete Bausteine auszuwählen, die wir verändern und zu individuellen Lösungen zusammenfügen. Wir verstehen uns also als Enzym-Designer", beschreibt Popper die tägliche Arbeit. Mit dem Kunden, etwa einer großen Bäckereikette, werde dann abgestimmt, wie das Mehl für den jeweiligen Zweck am besten zusammengesetzt werden muss. Es gehe letztlich darum, die Schwankungen in der Qualität auszugleichen. Popper: "Die Industrie-Bäckereien können sich nicht ständig auf anderes Mehl umstellen."

Vor Reihen von Brotlaiben steht Pong Tip Keng. "Ich experimentiere hier mit Vormischungen für Mehl", sagt der Chinese, der für Stern-Wywiol in Singapur arbeitet. "Die Regierungen asiatischer Länder machen immer strengere Auflagen für den Einsatz von chemischen Mitteln", so Pong, "zugleich steigt dort der Brotverbrauch." Höchste Zeit also, im Labor zu experimentieren. Für zwei Wochen ist der Lebensmittelingenieur und Berater nach Ahrensburg gekommen, um Erkenntnisse für den asiatischen Markt zu gewinnen und im Gegenzug seine Kollegen in Deutschland über Neuerungen in Fernost zu informieren.

Im Molkerei- und Eistechnikum, einem anderen Labortrakt, schaut Justyne Wilinska Heike Aschenbrenner über die Schulter. "Wir versuchen, Pizzakäse zu stabilisieren", sagt Wilinska. Die Polin arbeitet für das Unternehmen CSK Food Enrichment und berät Kunden, die Molkereiprodukte erzeugen. Von Heike Aschenbrenner lässt sie sich neue Rezepte zeigen.

Sebastian Barsch rührt im selben Raum an einer anderen Maschine Joghurt an. "Ich entwickle speziell für den arabischen Raum", erläutert der Lebensmittelingenieur. "Dort mögen die Konsumenten ihren Joghurt gerne besonders fettig", sagt der 28-Jährige. Es gebe dort zum Beispiel eine sahnige Frühstückscreme, die gerne mit Honig garniert auf einer Scheibe Brot gegessen werde. Barsch reist regelmäßig in die Länder der arabischen Halbinsel. "Ich lerne die Leute und ihre Vorlieben vor Ort kennen. Das ist so reizvoll an meinem Job", sagt Barsch. Oft müsse man sich örtlichen Bedingungen anpassen und auch mal improvisieren. Barsch: "So ist jedes Produkt etwas ganz Neues." Besonders fasziniere ihn Dubai mit seiner Extravaganz, meint der Lebensmittelingenieur. Und wo gibt es das beste Essen im arabischen Raum? Barsch: "Teheran ist unschlagbar. Man merkt, dass dort Gewürze eine lange Tradition haben."

Für die Abteilung Fleisch- und Wurstwaren ist Friedemann Nau verantwortlich. Er steht an einem sogenannten Cutter, einer Schneidemaschine. In ihrem Inneren dreht sich eine Vorrichtung, die aussieht wie eine Schiffsschraube. "Sie kommt auf 5000 Umdrehungen in der Minute. Das schafft keine Schiffsschraube", erläutert Nau, Leiter der Produktentwicklung. "Es ist eine Pilotanlage für die Produktion von Brühwurst und Kochschinken", so Nau. Hinein kommen neben Fleisch auch Speck und Wasser, Heraus kommt ein hellrosa Brei. Nau: "In Deutschland gibt es strenge Vorschriften. Da muss der Fleischanteil sehr hoch sein." Die Herausforderung bestehe jedoch darin, eine qualitativ hochwertige Wurst mit einem geringeren Fleischanteil herzustellen. "International sind dabei Neuerungen gefragt, weil man günstige Lösungen benötigt", sagt der 59-Jährige. So kommt er auf die eigentliche Herausforderung zu sprechen: "Sie besteht darin, die Menschheit mit weniger Fleisch gleichwertig zu ernähren."

Um Aufgaben wie diese meistern zu können, gelte es für seine Angestellten, mit Leidenschaft zu arbeiten und über den Tellerrand hinauszuschauen, meint Torsten Wywiol. "Außerdem ist Teamarbeit gefragt." Nur so komme man dem näher, was auch Bestandteil des Firmennamens ist: den Sternen.