300 Besucher wollten Buchpreisträger Eugen Ruge in Ahrensburg sehen und hören

Ahrensburg. Roter Schal um den Hals, rotes, abgewetztes Lese-Exemplar in der Hand - so kommt Eugen Ruge auf die Bühne des Ahrensburger Marstalls. Er setzt sich hin, schaut über den Rand seiner halben Brille und sagt: "Ich bin erstaunt." Vor ihm ein voller Saal. An der Seite sind sogar zusätzlich Stühle aufgestellt. Dennoch mussten einige Besucher ohne Karte wieder abziehen. Mehr als 300 Zuhörer wollen den Buchpreis-Träger sehen und hören.

"Ich kann nur Auszüge lesen. Appetithäppchen sozusagen. Sie werden also auf jeden Fall einen falschen Eindruck von dem Buch bekommen. Tut mir leid. Aber das geht nicht anders", sagt der sonst eher sparsam wirkende Ruge, schmunzelt und hat das Publikum schon auf seiner Seite. Nicht alle Schriftsteller können ihr eigenes Werk gut vorlesen. Eugen Ruge kann das. Vielleicht ist es die Übung nach dem Lesemarathon, den er nach dem Preis für sein Buch "In Zeiten des abnehmenden Lichts" bereits hinter sich gebracht hat. Ein leichter Akzent lässt den Berliner erkennen und gibt den Figuren seines Romans, der den Untergang einer Familie und zugleich den Untergang der DDR schildert, Authentizität.

"Ich werde drei Teile lesen", kündigt er an. Das erste Appetithäppchen gibt den Zuhörern einen Geschmack vom Weihnachtsfest 1976. Es wird gelacht im Publikum, es herrscht Einvernehmen. Ja, so kann Weihnachten auch sein: große Erwartungen und dann der fast obligatorische Familienkrach. "Das Rezept für den Gänsebraten verrate ich ihnen jetzt nicht. Sie sollen ja schließlich noch einen Grund haben, das Buch zu kaufen", sagt Ruge verschmitzt und zugleich höchst professionell.

"Wie spät ist es", fragt Ruge nach einer Stunde und 15 Minuten in den Raum. "Na, dann reicht das ja. Ich signiere jetzt noch Bücher. " Das zweite und dritte Appetithäppchen waren schwerer verdaulich gewesen: die bedrückende Enge in der DDR, Wohnungsnot, Sprachlosigkeit und Missverständnisse zwischen den Generationen, Krankheit, enttäuschte Hoffnungen, Perspektivlosigkeit.

Am 8. Mai wird Ruge im Schloss Reinbek lesen, als Höhepunkt der Veranstaltungsreihe "Stormarn liest ein Buch". Sein Buch.