Staatsanwältin fordert: Vergewaltiger von Reinbek soll auch nach langer Haft nicht frei kommen

Reinbek/Lübeck. Die Staatsanwaltschaft hält den Vergewaltiger von Reinbek für besonders gefährlich. Ihre Vertreterin forderte gestern vor dem Landgericht Lübeck eine Haftstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten mit anschließender Sicherungsverwahrung. Sie habe keinerlei Zweifel daran, dass Martin H. der gesuchte Triebtäter ist, sagte die Staatsanwältin. DNA- und Faseruntersuchungen hätten ihn eindeutig überführt.

Bei der Strafzumessung berief sich die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer auf das Gutachten des Sachverständigen. Der hatte in seinem Bericht das Rückfallrisiko für den 28 Jahre alten Fleischer aus Wentorf als sehr hoch eingeschätzt - auch nach einer langjährigen Haftstrafe. Zudem sei H. nicht therapierbar. Denn er könne sich eigenen Aussagen zufolge nicht an die Taten erinnern. Somit könne er sich auch nicht damit auseinandersetzen, so der Gutachter.

"Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich der Angeklagte nicht an seine Taten erinnern kann", sagte die Anklägerin. Stephan H. habe schließlich einen Anwalt, der ihn sicherlich über die für ihn womöglich nachteiligen Konsequenzen der Erinnerungslücken aufgeklärt habe. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass H. "vollumfänglich schuldfähig" ist.

Eine umfangreiche Pornosammlung, die aus einigen Tausend Bildern und Hunderten von Videos bestand, lasse sadistische Züge des Angeklagten erkennen, die er im März 2010 auch an einem seiner Opfer ausgelebt habe. Ihm sei es nicht in erster Linie um sexuelle Befriedigung gegangen, sondern um Macht. "Als eine Zeugen zum Schein so tat, als ob sie an den Handlungen Gefallen fände, ließ der Angeklagte vor ihr ab. Mit der Begründung, sie sei für ihn langweilig geworden", sagte die Staatsanwältin.

Besonders "erschreckend" fand sie die Brutalität, mit der H. bei den Taten vorgegangen war. In allen drei Fällen hatte er seine Opfer von hinten gepackt und gewürgt. "Je mehr die Frauen schrien und sich wehrten, desto stärker drückte er zu. Und als sich die 38-Jährige im März dieses Jahres gegen den Angriff wehrte, schlug er auf sie ein und riss ihr ganze Haarbüschel aus."

Der Verteidiger von Stephan H. stellte in seinem Plädoyer die Erinnerungslücken seines Mandanten infrage: "Vielleicht hat er uns alle getäuscht." Er stellte den Antrag, ein weiteres Gutachten einzuholen. Ob die Richterin diesem Antrag folgen wird, ließ sie gestern offen. Sie kündigte jedoch an, am Donnerstag kommender Woche das Urteil zu verkünden.

Stephan H. zeigte auch an diesem vierten und voraussichtlich vorletzten Prozesstag keinerlei Regung. Er stützte seine verschränkten Arme auf dem Tisch ab und starrte während der Plädoyers auf die helle Holzplatte vor sich. Nachdem sein Anwalt das Plädoyer gesprochen hatte, erteilte die Richterin dem Mann auf der Anklagebank das letzte Wort. Stephan H. wirkte abwesend, als er die folgenden Worte sprach: "Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen." Dann schüttelte der Mann mit den blonden Haaren und roten Wangen seinen Kopf.