Anwohner sammelten 2685 Unterschriften zum Erhalt von Freiflächen zwischen Wohn- und Industriegebiet. Kiel entscheidet düber Bürgerbegehren.

Reinbek. Die landschaftlichen Freiflächen zwischen den Reinbeker Ortsteilen sollen erhalten bleiben. Das fordert die Bürgerinitiative Schönningstedt 2011. Die Freifläche zwischen dem Gewerbegebiet Haidland und dem Ortsteil Schönningstedt soll zumindest teilweise bebaut werden: Das wird der Bauausschuss der Stadt vermutlich am 1. Dezember beschließen. Diese beiden Positionen, die einander ausschließen, dürften für Ärger im Ort sorgen. Zumal die Bürgerinitiative 2685 Unterschriften gesammelt hat, um ihre Position auf dem Weg eines Bürgerbegehrens durchzusetzen.

Derzeit liegt der Antrag im Landesinnenministerium. Das muss prüfen, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Klaus Kühl, einer der Sprecher der Initiative, hat von der Sondersitzung des Ausschusses erfahren, fragt sich: "Was haben die für ein Demokratieverständnis? Das geht gar nicht, wir sind gegen eine Bebauung der Freiflächen."

Die überraschende Aufstellung eines Bebauungsplans für einen Teil des Areals wird seitens der Politik mit Erweiterungswünschen des Papiergroßhändlers Michaelis erklärt. Der hat seinen Firmensitz im Gewerbegebiet Haidland. "Wir müssen etwas machen, sonst droht die Abwanderung des Unternehmens", sagt Ernst Lohmann (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses. Offenbar liegt das unter anderem an einer angemieteten Lagerhalle der Firma. Die befindet sich in Breitenfelde im Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg, der Mietvertrag läuft 2013 aus.

Bürgermeister Axel Bärendorf will das nicht bestätigen, sagt aber: "Ein Bebauungsplan dauert anderthalb Jahre. Wenn wir der erweiterungswilligen Firma helfen wollen, müssen wir bald anfangen. Deswegen braucht die Verwaltung jetzt eine Entscheidung der Politik." Wie die Entscheidung ausfallen wird, ist laut Lohmann klar: "Wir brauchen Michaelis. Das ist ein bedeutender Gewerbesteuerzahler." Er findet es "eigentlich egoistisch", die Bebauung von Freiflächen verhindern zu wollen. "Natürlich sieht Landschaft schöner aus, wenn keine Gebäude draufstehen", sagt er. Aber das gelte für alle Häuser. "Auch für die Häuser derjenigen, die nun eine Bebauung verhindern wollen."

Das Bürgerbegehren wird seiner Ansicht nach von der Entscheidung für eine Gewerbegebietserweiterung nicht berührt. Auch andere Stadtverordnete sind dieser Meinung. Heinrich Dierking vom Forum 21 sagt: "Mit der Ausweitung des Gewerbegebiets bewegen wir uns exakt im Rahmen des Landschaftsplans. Und auf diesen Landschaftsplan bezieht sich ja die Fragestellung des Bürgerbegehrens."

In der Tat hat sich die Schönningstedter Bürgerinitiative für eine wenig konkrete Formulierung entschieden. Die Frage, die zur Abstimmung gestellt werden soll, lautet: "Sind Sie dafür, dass hinsichtlich des Erhalts der landschaftlichen Freiflächen zwischen allen Reinbeker Stadtteilen von den Darstellungen des derzeit gültigen Landschaftsplans keine Ausnahmen gemacht werden?"

Nun ist im Landschaftsplan aber nicht nur beschrieben, wozu die Flächen derzeit genutzt werden, sondern auch, wozu sie in Zukunft genutzt werden könnten. Für das fragliche Areal zwischen Gewerbegebiet und Schönningstedt bedeutet das: Ja, dort ist laut Plan eine Gewerbeansiedlung möglich. Für Dierking ist das Bürgerbegehren deshalb "ein bedauerlicher Irrtum". "Diejenigen, die in der Überzeugung unterschrieben haben, damit eine Ausweitung des Gewerbegebiets zu verhindern, sind falsch informiert worden."

Klaus Kühl von der Bürgerinitiative setzt weiter darauf, dass das Innenministerium das Bürgerbegehren zulässt. Er weiß, dass die Zeit drängt. "Wenn am 1. Dezember die Aufstellung des B-Plans beschlossen wird, dann können wir über diese Fläche nicht mehr abstimmen. Bürgerbegehren gegen B-Pläne sind rechtlich nicht möglich. Insofern wäre es schön, wenn wir bald Post vom Ministerium bekämen."

Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, ist unklar. Seit Mitte Oktober liegen die 2685 Unterschriften im Ministerium. Anfang November hat die Behörde die Stadt Reinbek um Zusendung weiterer Unterlagen gebeten. Erst danach, sagt der Ministeriumssprecher Thomas Giebeler, könne mit der Zulässigkeitsprüfung begonnen werden. Doch bis Ende vergangener Woche waren die angeforderten Unterlagen noch nicht eingetroffen.

Was fehlt eigentlich? Es gehe unter anderem um die Frage, ob sich in den vergangenen Jahren die Beschlusslage insbesondere hinsichtlich der Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen geändert habe, sagt Thomas Giebeler. Diese Frage, so scheint es, kann Reinbek in wenigen Tagen mit Ja beantworten. Genauer gesagt: nach der Sitzung des Bauausschusses am kommenden Donnerstag.