Ahrensburgs Verwaltungschef Sarach wirft den Stadtverordneten “mangelnden Mut zu Entscheidungen“ vor. Die sind irritiert.

Ahrensburg. Bürgermeister Michael Sarach fordert von Ahrensburgs ehrenamtlichen Politikern "mehr Mut, Entscheidungen zu treffen". "Daran hat es mir in letzter Zeit gemangelt", sagt der Chef im Rathaus. Ein Machtwort quasi, wenn auch ein sanftes. Aber weil Sarach es öffentlich ausgesprochen hat, hagelt es nun - bei der Stadtverordnetenversammlung ebenfalls öffentlich - Kritik aus den Reihen der gescholtenen Politiker. Matthias Stern (CDU): "Ich finde es außergewöhnlich ungewöhnlich, dass ein Bürgermeister pauschal alle 32 Stadtverordneten ausschimpft, ohne dabei konkret zu werden." Und Sterns Fraktionschef Tobias Koch sagt: "Auch in der Verwaltung muss sich vieles ändern. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen schmeißen."

Anlass für diesen ersten öffentlichen Disput zwischen Verwaltungschef und Politik ist eine Rede, die der Bürgermeister im kleineren Kreise bei einem Treffen des Verbands der Südholsteinischen Wirtschaft (VSW) gehalten hat. "Er hat vom Tenor her auch gesagt, dass er sich manchmal etwas allein gelassen fühle", erinnert sich VSW-Geschäftsführer Axel Stehr. Was Michael Sarach nicht bestreitet, ganz im Gegenteil: "Ich habe mir dieses Recht herausgenommen. Das mag mir zustehen oder auch nicht."

Um konkreter zu werden: Es gehe ihm unter anderem um das Neubaugebiet Erlenhof. Von einem Bebauungsplan ist die Stadt noch weit entfernt, dabei rechnet die Verwaltung für 2012 bereits mit Erlösen aus dem Verkauf der stadteigenen Flächen an die Landesentwicklungsgesellschaft. Sarach: "Wenn der Vorwurf der Verzögerung durch die Verwaltung im Raum steht: Die Politik hat die Entscheidungen getroffen. Oder auch nicht." Ein weiteres Projekt, bei dem es ihm zu langsam vorangehe, sei die Nordtangente. "Da dauert die Diskussion jetzt schon zehn Jahre." Dann wiederholt der Verwaltungschef vor den versammelten Stadtverordneten: "Ich wünsche mir von Ihnen mehr Mut, Entscheidungen zu treffen. Dafür sind Sie gewählt worden."

Auch außerhalb der CDU stößt Michael Sarach mit seinen Äußerungen auf Widerstand. Grünen-Fraktionschefin Monja Löwer etwa sagt auf Anfrage: "Ich find's auch ein bisschen heftig." Die ehrenamtlichen Politiker nähmen an so vielen Terminen außer der Reihe teil. "Uns dann vorzuwerfen, wir würden verzögern, das ist wirklich unglücklich und ungewöhnlich." Und SPD-Fraktionschefin Petra Wilmer meint: "Wir müssen ja auch Gelegenheit haben, uns mit den Themen ordentlich zu beschäftigen." Was Hinrich Schmick, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft WAB, ähnlich sieht. "Das war ja ein genereller Rundumschlag", sagt er. "Man kann nicht sagen, die Politik verzögere alles, wenn es doch noch Klärungsbedarf gibt."

Den sieht Schmick bei den Themen Erlenhof und Nordtangente durchaus gegeben, obwohl das eine Thema seit acht und das andere seit bald zehn Jahren diskutiert wird. Die Nordtangente sei ein halbherziger Versuch, die Verkehrsprobleme lösen zu wollen, das Erlenhof-Projekt hänge eng damit zusammen. Schmick: "Die Schelte ist also grundsätzlich unberechtigt. Und es ist überhaupt nicht förderlich, sie in die Öffentlichkeit zu tragen."

Hängt nun der Haussegen schief im Ahrensburger Stadtparlament? "Überhaupt nicht", sagt Michael Sarach, das Verhältnis zwischen ihm und der Politik sei ungetrübt. "Die Basis ist so gut, dass man sich auch mal die Meinung sagen kann", sagt Sarach. "Sofern man sich nicht im Ton vergreift - und darauf werde ich immer achten - kann man sich vortrefflich streiten." Er spricht von einem "reinigenden Gewitter".

Es geht ihm auch darum, sich selbst zu positionieren. Positionieren zum einen gegenüber der Politik: "Die sollen merken, dass hier jemand sitzt, der auch weiß, wovon er spricht." Positionieren zum anderen aber auch in der Öffentlichkeit. Auch dort müsse klar sein, wer Entscheidungen fällt, nämlich nicht der Chef der Verwaltung. Michael Sarach kommt auf ein ganz aktuelles Thema zu sprechen, das ihm dieser Tage - zu Unrecht - Kritik beschere: die Einführung der Parkgebühren auf der Alten Reitbahn (wir berichteten). "Das ist eine politische Entscheidung gewesen", sagt er, "und zwar eine Entscheidung entgegen einer anderslautenden Empfehlung der Stadtverwaltung."

Es sei ein Fehler gewesen, die Parkgebühren einzuführen, davon ist Michael Sarach überzeugt. Nun werde kommen, was er vorausgesagt habe: Autofahrer wichen womöglich zum Parken in die Wohngebiete aus. Dennoch müsse er das Votum der Politik akzeptieren. "Das ist die Ohnmacht eines Bürgermeisters", sagt er. "Es kann aber nicht angehen, dass die Damen und Herren Stadtverordneten große Reden schwingen, und der Bürgermeister hat es dann hinterher auszubaden."

Rückendeckung aus der Politik bekommt Verwaltungschef Michael Sarach vom Fraktionsvorsitzenden der FDP, Thomas Bellizzi. "Es wird gern viel diskutiert", sagt er, manchmal zu viel für seinen Geschmack. "Da müssen wir uns auch einmal an die eigene Nase fassen." Er halte den Stil Sarachs für sehr angenehm.

Thomas Bellizzi: "Er äußert seine Meinung, dann spielt er der Politik den Ball zu und sagt: Ihr müsst entscheiden." Und das sei genau richtig, so Bellizzi: "Denn wir müssen entscheiden."