Kirche des Maulkorbs

18. November: "Für die Opfer gibt es keinen Schluss"

Als Pastor der Nordelbischen Kirche, gebürtigen Ahrensburger und mehrjährigen Mandatsträger der Evangelischen Jugend in Ahrensburg und Ortsjugendring-Vorsitzenden in den 70er-Jahren sorge ich mich um das Erscheinungsbild unserer Kirche, wie es Pastorin Jensen ausgedrückt hat. Aus einer "Kirche des Wortes" ist eine "Kirche des Maulkorbs" geworden; eine Schande für eine protestantische Kirche!

Dem (immerhin) durch die Nordelbische Kirche bestellten externen Gutachter ist ein Maulkorb umgehängt worden, seine Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise werden nicht umgesetzt. Wer soll hier geschützt werden? Die Opfer sicherlich nicht, die Menschen der Kirchengemeinde in Ahrensburg ebenfalls nicht. Wie sollen Pastorinnen und Pastoren ihr Amt wahrnehmen können, als "treue Hirten und Seelsorger", so heißt es in unseren Berufungsurkunden, wenn sie auf die Not und die Fragen der ihnen anvertrauten Menschen nicht offen und ehrlich antworten dürfen? Dem Erscheinungsbild unserer Kirche täte es gut, wenn endlich Fragen beantwortet würden wie: Wer war der Personaldezernent im Kirchenamt, der zwar eine Versetzung vorgenommen hat, aber kein Disziplinarverfahren eingeleitet hat? Wer in Kirchenamt und Kirchenleitung ist in dem Verfahren noch beteiligt gewesen? Die Opfer und die Öffentlichkeit haben einen Anspruch auf Antworten und mindestens auf eine Entschuldigung. Sollten die Verantwortlichen dafür nicht sorgen, ist es an der Zeit zu fragen, ob die Untersuchung des Missbrauchsskandals nicht durch übergeordnete Stellen der Vereinigten ev.-luth. Kirche in Deutschland (VELKD) durchgeführt werden muss, da die Spitzen der Nordelbischen Kirche befangen sind.

Michael Paul, per E-Mail

Von Realität entfernt

Die Predigt von Pastorin Jensen war in Wirklichkeit das bedrückende Klagelied eines tief verletzten Menschen, dessen ganze Tragik sich darin offenbart, dass Menschen nur dann ihren Frieden finden können, wenn Abbitte und Vergebung möglich sind. Was das Publikum veranlasste, dem zu applaudieren, habe ich nicht verstanden. Vielleicht galt der Applaus aber ihrer Kritik an der Kirchenleitung, die ich teile. Man muss bedenken, dass die Kirche in ihrer paulinischen Tradition die denkbar schlechtesten Voraussetzungen für den Umgang mit Sexualität und ihren Abarten mitbringt. Das erklärt ihre verschreckte Reaktion auf die Ereignisse in Ahrensburg, zeigt aber auch, wie weit die Kirche sich in manchen Dingen von den Realitäten entfernt hat. Es ist nötig, dass wir uns in den Gemeinden und bis in die Leitungsebenen diesen Realitäten stellen und offen, ehrlich und ohne Häme der Katastrophen annehmen und dabei helfen, sie zu bewältigen. Dazu werden wir auch die Strukturen unserer Kirche auf ihren zeitgemäßen Charakter überprüfen müssen. Das gilt insbesondere für das Kirchenrecht, das zum Teil in Widerspruch steht zum Recht unseres Staatswesens.

Am Gespräch nach dem Gottesdienst habe ich nicht teilgenommen. Die Nähe der Pastoren zum Verein Missbrauch in Ahrensburg ist mir ein Ärgernis. Es überrascht nicht, dass Pastor Haak erneut sein Unwissen über die Gründe für die Versetzung von Pastor Kohl bekundete, gleichzeitig aber vorgab, er wisse, wer sich wann, wie und wo schuldig gemacht hat. Die Initiative Dialog in Ahrensburg bemüht sich seit Anfang des Jahres, mit dem Kirchenvorstand zu sprechen, denn anders als die Pastoren es darstellen geht ein Riss durch die Gemeinde. Diese Bemühungen waren bisher leider vergeblich.

Manfred Kloevekorn, Ammersbek

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