Fast zwei Monate nach der Eröffnung des Thor-Steinar-Ladens in Glinde wollen Lehrer die Hausordnung ändern. Verbotsklausel wird diskutiert.

Glinde. Nicht nur im Bundestag, auch in einigen Fußballstadien oder etwa an der Universität Greifswald ist sie bereits verboten: Kleidung der Modemarke Thor Steinar. Nun wird auch über ein generelles Verbot des Modelabels auf Schulhöfen in Glinde nachgedacht. Derzeit diskutieren die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule und das Gymnasium Glinde, eine Verbotsklausel mit in ihre gemeinsame Hausordnung aufzunehmen, die demnächst ohnehin überarbeitet werden soll.

Mitte September hatte an der Möllner Landstraße in Glinde das Modegeschäft "Tønsberg" eröffnet, das die in der rechten Szene beliebte Marke verkauft. Seither hat sich in der Stadt ein breites Bündnis gegen Rechts formiert. Auch die Schulen beschäftigen sich mit dem Thema. "Zwar ist die Kleidung an den Schulen bisher nicht aufgefallen, aber es wird überlegt, ob ein Verbot, diese Kleidung zu tragen, in die Hausordnung aufgenommen wird", sagt der stellvertretende Direktor des Gymnasiums, Wolfgang Bendokat. Bürgermeister Rainhard Zug sagte gegenüber dem Abendblatt gestern bereits seine Unterstützung zu. Allerdings müsse ein Verbot auch noch rechtlich geprüft werden.

Der Rechtsextremismusexperte Till Stehn hält ein Verbot von Thor-Steinar-Kleidung auf dem Schulgelände für sinnvoll. Stehn unterrichtete in dieser Woche mehr als 30 Schüler der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule und des Gymnasiums Glinde in einem Workshop. Die Schüler führten mit ihren neuen Kenntnissen gestern Abend durch die Ausstellung "Demokratie stärken - Rechtsextremismus bekämpfen" der Friedrich-Ebert-Stiftung im Forum des Schulzentrums.

In der Modemarke Thor Steinar der MediaTex-Gesellschaft mit Sitz in Mittenwalde (Brandenburg) sieht Stehn eine große Gefahr. Seit Jahren sei sie Aushängeschild der rechten Szene und sei oftmals mit politischen Botschaften bedruckt. "Die aber sind oft versteckt. Die Kleidung dient daher auch als Erkennungsmerkmal unter Nazis", so Stehn. So nähmen die Aufdrucke nicht selten Bezug auf eine rechte Ideologie, den Zweiten Weltkrieg oder Gewaltbereitschaft. Aus einigen Schulen in mehreren Bundesländern sei die Marke deswegen bereits verbannt worden. So haben etwa Schulen in Berlin, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg Verbote in ihre Hausordnungen aufgenommen. Rechtlich berufen sie sich oftmals auf die landesspezifischen Schulgesetze, wonach Schulen befugt sind, Dinge zu verbieten, die den Schulfrieden stören oder das Image nach außen gefährden.

Rückendeckung bekommen die Überlegungen an den beiden Glinder Schulen vom Verband Bildung und Erziehung in Schleswig-Holstein. Landesvorstandsvorsitzender Rüdiger Gummert bewertet es als positiv, wenn Schulen offen mit dem Thema Rechtsextremismus umgehen: "Eine Schule muss handeln, wenn so ein Laden in der Stadt öffnet." Gummert, selbst Schulleiter an einem Förderzentrum in Schönkirchen bei Kiel, duldet ebenfalls "keinerlei Kleidung, die eindeutig Machtstrukturen ausdrückt". In der Hausordnung sei das zwar nicht verankert, aber er habe schon Schüler nach Hause geschickt.

In der Schülerschaft am Glinder Schulzentrum trifft ein mögliches Verbot der Kleidung auf geteilte Meinung. Eike Polcyn, 18, etwa sieht darin eine "schöne Signalwirkung", auch, wenn die Kleidung bisher von keinem getragen werde. Soman Ahmadzei befürchtet, dass ein Verbot einen gegenteiligen Effekt haben könnte. "Das würde zu viel einschränken. Kleidung ist etwas sehr Persönliches. Dann müsste man auch anderes verbieten", sagt die 18-Jährige, die gestern mit anderen Schülern die Ausstellung vorbereitete, die über die neue Rechte und ihren Dresscode aufklärt und die bis zum 25. November im Schulzentrum zu sehen ist. "Das Thema ist seit Wochen auf der Tagesordnung. Das geht auch an den Schulen nicht vorbei", so Sascha Plaumann, Rektor Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule.