Der 62-jährige Franzose Bernard Bonnin eröffnet eine Kochschule in Ahrensburg - als Entwicklungshelfer des guten Geschmacks.

Ahrensburg. Können Männer besser kochen als Frauen? Monsieur Bonnin wiegt leicht den Kopf, rollt ein bisschen die braunen Augen und sagt dann: "Ich bin nicht sicher. Das ist eine Frage der Kreativität." Er hat sie. Dazu muss man sich nur sein Lieblingsgericht erzählen lassen: Rehkeule in Schokoladensauce mit frischen grünen Tannenspitzen aus dem Wald. Auf so etwas Raffiniertes kann vermutlich nur ein Franzose kommen. Deutsche demnächst allerdings auch, denn Bernard Bonnin hat eine Mission. Der Wandler zwischen der Welt des Butterbrots und der Welt französischer Gaumenfreuden hält die kulturelle Kluft nach 38 Jahren im freiwilligen deutschen Exil einfach nicht mehr aus und eröffnet als "Entwicklungshelfer" in Sachen Geschmack eine Kochschule in Ahrensburg.

"La cuisine" - "Die Küche" - heißt die Kochschule schlicht, die im Peter-Rantzau-Haus ihre Heimat finden wird. Das heißt: Ganz so schlicht ist der Name auch wieder nicht. Auf der Werbefahne steht: die Kochschule mit Akzent. Das klingt formidable, wie der Deutsche sagt. Aber dann wird er stutzig. "La cuisine". Wo bitte steckt da der Akzent? "Der Akzent bin ich", sagt der 62-Jährige genießerisch und weckt mit purer Absicht die Assoziationen an jenes Berühmte "l'etat c'est moi".

Monsieur Bonnin ist kein König, nicht einmal Koch, sondern Grafikdesigner. Dafür, dass er sein Glück nun mit "La cuisine" versucht, hat er eine ziemlich plausible Erklärung. "Ich esse gern. Und ich habe immer schon gern gekocht." Und so ist er auch groß geworden. Opa Bonnin lebte auf dem Lande in der Bretagne. "Er hat das ganze Dorf bekocht und alles organisiert. Heute würde man das ein Event nennen. Aber damals war es einfach nur wunderbar, zusammen zu tafeln und zu plaudern."

Ein Stück dieser französischen Lebensart hat der Enkel schon nach Ahrensburg gebracht. Vor zwei Jahren erfolgte sein erster kultureller Weckruf: "à table!". Seitdem kommen 30, 40 Leute immer wieder sonntags in den Marstall, packen ihre Köstlichkeiten aus und bieten auch den Nachbarn etwas an. "Ich wurde von Anfang an gefragt, wie machst du dies, wie machst du jenes", erzählt Monsieur Bonnin, während man ihn in Gedanken mit großer, weißer Kochmütze vor sich sieht.

Das Interesse der sonst eher kartoffelorientierten Deutschen ermunterte ihn. So folgt jetzt der zweite Gang in Sachen kulinarischer Entwicklungshilfe. "Ein Restaurant am Montmartre war immer mein Traum", sagt der Franzose schwärmerisch. Nun erfüllt er sich seinen Traum in leichter Variation: in Ahrensburg - nicht ganz so groß wie Paris, aber immerhin eine Schlossstadt. In "La cuisine" wird natürlich auch gegessen, aber zuerst wird gearbeitet. Schließlich soll die Mission erfüllt und die französische Kochkunst weitergegeben werden. Da heißt es, Vokabeln büffeln. Schon mal etwas von einer brandade de morue gehört? Und was bitte ist ein Clafoutis? Bei dem Wort Tarte dürften sich die Gesichter dagegen aufhellen. Davon hat man selbst in Deutschland schon Notiz genommen. Aber dass ein Crêpes nicht nur mit Zimt und Zucker schmeckt und ein Franzose keine Hemmungen hat, darin Flusskrebse einzuwickeln, gehört schon wieder in die Kategorie extraordinaire.

Zwölf Hobbyköche können maximal pro Kursus die Schürzen umbinden. Drei Herde stehen zur Verfügung. Das ergibt drei vierköpfige Teams. Das eine kann sich an die Vorspeise machen, während die anderen am Hauptgericht basteln oder an einer Kreation für Süßmäuler. Aber bevor Messer und die Löffel rausgeholt werden, gibt es eine kleine Frankreichkunde. "Jedes Treffen ist einer bestimmten Region und ihren landestypischen Gerichten gewidmet", sagt Monsieur Bonnin. Burgund, Bourgogne, Bretagne und was der schönen Ecken mehr sind. Mit der Normandie wird gestartet. Und das heißt: Der Apfel ist Trumpf. "Eine Apfel-Camembert-Tarte, Jakobsmuscheln in Calvados flambiert, Entenbrust in Cidre-Sauce und schließlich Apfel-Clafoutis. Aha. Da geht es schon los. Und so geht es weiter.

Ist die Bretagne an der Reihe, wird es fischig. Aus Cahors in den Midi-Pyrénées kommt der kräftigste Rote, der absolute Liebling von Monsieur Bonnin, zu dem herrlich Esskastanien und Trüffel passen. Sonnabends wird ein Vier-Gänge-Menü zubereitet, das nach vollbrachter Tat gemeinsam verspeist wird. Mittwochs geht es immer um ein Thema: Soßen, Crêpes, Tartes oder amuse gueules. Comment? Das muss etwas mit Amusement zu tun haben und schmeckt sicher fantastique.

Ist Moniseur Bonnin nie auf den Gedanken gekommen, das Exil zu beenden und die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen? "Non, non", kommt die Antwort, "das Savoir-Vivre trägt man in sich. Das bleibt." Und zurück nach Frankreich? "Nein. Hier sind alle meine Freunde. 14 Tage Pariser Luft schnuppern. Das brauche ich. Aber dann habe ich die Nase voll." Die Luft in der Küche des Peter-Rantzau-Hauses wird demnächst ganz wunderbar duften. Und von diesen Düften kriegt Monsieur Bonnin nie genug.

"La Cuisine" eröffnet am 2. November um 19 Uhr. Dann gibt es Häppchen - sicher keine halben Eier mit Mayonnaise oder Käse-Igel. Alle sind eingeladen, zu kosten und übers Essen zu philosophieren.

Gekocht wird ab 5. November, mittwochs immer von 19 bis 22 Uhr (circa 70 Euro), sonnabends von 11.30 bis 17 Uhr (circa 85 Euro).

Anmeldungen unter Telefon 04102/88 88 34 oder unter www.la-cuisine-ahrensburg.de