Eine 25 bis 35 Jahre alte Frau lag tot am Feldrand bei Kasseburg. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie nicht dort gestorben ist.

Kasseburg. Der Fund einer Frauenleiche in der Feldmark unweit von Kasseburg gibt der Polizei Rätsel auf. Wer ist die Tote? Und wer hat sie am Rande eines Rapsfeldes, unmittelbar an einem Knick, abgelegt? Bislang scheint für die Ermittler der Lübecker Mordkommission einzig und allein festzustehen, dass die Frau nicht am Fundort gestorben ist. Ein Kleid im Leopardenlook - offenbar alles, was der Leichnam an hatte - und ein Paar Perlenohrringe sind zum jetzigen Zeitpunkt die einzigen Stücke, die auf die Identität der Frau hindeuten könnten.

Der Fundort. Kaum etwas weist mehr auf die schreckliche Entdeckung hin. Ein weißer Latexhandschuh, offenbar von den Beamten der Spurensicherung vergessen, markiert die Stelle am Übergang vom Acker zum Feld ganz genau. Es ist ein lautes Fleckchen Erde, keine hundert Meter entfernt donnern auf der Bundesstraße 404 die Lastwagen vorbei. Es ist aber ein Ort, der nichtsdestotrotz beliebt ist - vor allem bei Hundehaltern. Sie parken auf der anderen Seite des Knicks ihre Wagen und spazieren dann den Feldweg entlang, der in einem weiten Bogen ins Nachbardorf Kuddewörde führt.

Einer dieser Hundehalter, genau genommen sein Hund, hat die Leiche auch entdeckt. Am Montag gegen 14 Uhr, wie die Polizei erst jetzt mitgeteilt hat. "Die soll schon ein bisschen verwest gewesen sein und keinen schönen Anblick mehr geboten haben", sagt Stefan Franck. Auf einem der dem Fundort nächsten Grundstücke, aber dennoch gut einen halben Kilometer entfernt, betreibt er eine Baumschule. Er erzählt: "Zuerst standen da nur Polizeiwagen, später wurden weiße Zelte aufgebaut, und überall liefen Menschen in weißen Ganzkörperanzügen."

Die Ermittlungen vor Ort dauerten auch den ganzen Dienstag über an. Der Leichnam wurde in die Gerichtsmedizin gebracht und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Lübeck obduziert. Die Lübecker Polizeisprecherin Carola Aßmann sagt: "Zur Todesursache werden aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben gemacht." Das spricht für ein Verbrechen und gegen einen natürlichen Tod oder einen Suizid - wenngleich Aßmann sich gerade dazu nicht äußern möchte. Die Leiche könne schon bis zu zwei Wochen dort gelegen haben, sagt sie.

Die Polizisten in ihren weißen Anzügen sind wieder weg, ihre weißen Zelte haben sie mitgenommen. Der grüne VW-Bus, der am Knick geparkt ist, gehört Stefan Mesa. Der 44-Jährige will eine Runde mit Hundedame Nelly drehen, einer kleinen Promenadenmischung. "Da wird einem schon etwas mulmig zumute, wenn man von einem Leichenfund hört", sagt der Kfz-Meister aus Hamfelde, der nur alle paar Wochen zum Gassi gehen an diesen Ort kommt. Ein paar Meter weiter stehen sie zu dritt zusammen: Dorfbewohner, die konspirativ ihre Köpfe zusammenstecken. Na ja, ganz ehrlich, aus Neugier seien sie gekommen, sagt die Frau in der Runde. Und dann setzt sie nach: "Rotlichtmilieu. Ich tippe auf Rotlichtmilieu." Wegen des Kleides.

Die Nachricht hat sich im Dorf verbreitet wie ein Lauffeuer. "Da sieht man es mal", sagt eine Frau um die 50 und nickt wissend, "es passiert nicht immer nur irgendwo anders. Es passiert auch mal vor der eigenen Haustür." Ihre Gesprächspartnerin, etwas jünger, pflichtet ihr bei. Sie vertritt unterdessen die These, dass Kasseburg prädestiniert dafür sei, Leichen abzulegen. "Wir liegen nun mal am Knotenpunkt aller Hauptverkehrsadern", sagt sie über das Dorf im rechten Winkel, den Bundesstraße 404 und Autobahn 24 an dieser Stelle bilden. Auch Baumschulinhaber Franck glaubt an eine Tat Auswärtiger. "Wird wohl keine Einheimische sein", sagt er. "Sind alle noch da."

Um die Identität der Toten zu klären, setzt die Polizei nun auf die Mithilfe der Bevölkerung. Die Frau mit den Perlenohrringen war schätzungsweise 25 bis 35 Jahre alt, 1,68 Meter groß und schlank. Sie trug braune, schulterlange, gewellte Haare. Ihre Fingernägel waren "rosa-metallic" lackiert, die Fußnägel rot. Auffällig: Sie hatte keine Schneidezähne. Vermutlich hat sie Zahnersatz getragen. Für Hinweise: Telefon 0451/1310.