Der Ahrensburger Theologe Helgo Matthias Haak bewirbt sich um Baumgarten-Nachfolge - und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kirche.

Ahrensburg. Der Ahrensburger Schlosskirchen-Pastor Helgo Matthias Haak bewirbt sich um die vakante Propst-Stelle im Kirchenkreisbezirk Rahlstedt-Ahrensburg - und damit um die Nachfolge der im Zusammenhang mit der Aufklärung des Missbrauchsskandals in die Kritik geratenen früheren Pröpstin Margit Baumgarten (siehe unten). Die hatte ihr Amt seit dem Sommer 2010 zunächst ruhen und sich im Frühjahr dieses Jahres versetzen lassen. Im November endet ihre Amtszeit regulär - Zeit für Neuwahlen.

Missbrauchsfälle und Aufklärung sind die Stichworte, sind der Grund für den 54-jährigen Haak, seinen Hut in den Ring zu werfen. Haak sagte dem Abendblatt: "Auf diese Stelle habe ich mich beworben, weil ich mit diesem Schritt auf den - wie mir scheint - unbefriedigenden Umgang mit dem Ahrensburger Missbrauchsfall hinweisen und eine Diskussion befördern möchte, die meine Kirche weiterbringen möge." Auszüge aus seinem mehrseitigen Bewerbungsschreiben hat der Pastor dieser Redaktion zur Verfügung gestellt.

+++ Ahrensburger Pastor greift Nordelbische Kirche an +++

Und die haben es in sich. Haak schreibt unter anderem: "Ich habe im bisherigen Verlauf der unbefriedigenden Aufarbeitung des Ahrensburger Missbrauchsfalls den Eindruck gewonnen, dass die Nordelbische Kirche in ihrer gegenwärtigen Verfasstheit außerstande ist, diese Krise angemessen zu bewältigen." Das, so Haak weiter, liege seiner Ansicht nach daran, dass wenige in dieser Kirche bereit seien, sichtbar Verantwortung für das Ganze zu übernehmen. "Es hat den Anschein, als sorge man sich vor allem um das öffentliche Ansehen der Kirche, um die eigene Position, nicht aber um das Befinden der Opfer sexuellen Missbrauchs. Man hat Angst, Stellung zu beziehen und verweigert sich, Vergangenes aufzuklären", so Haak weiter. Allenthalben und insbesondere in der Pastorenschaft herrsche ein "Geist der Anpassung und des Gehorsams". "Die Nordelbische Kirche diskutiert nicht mehr", meint Haak. "Das hatte sie einst so wertvoll und liebenswert gemacht."

Und dann setzt der Theologe noch nach: "In der Krise reagiert unsere Kirche nicht lutherisch, sondern katholisch. Dabei geht es doch um alles. Um die Glaubwürdigkeit dieser Kirche."

Von offizieller Seite war gestern nur eine knappe Stellungnahme zu bekomme. Mathias Benckert, stellvertretender Pressesprecher, sagte auf Anfrage: "Die Nordelbische Kirche äußert sich zu laufenden Bewerbungsverfahren grundsätzlich nicht."

Nun erklärt sich Pastor Haak - er hatte sich bereits 2001 beworben, war aber nach eigenen Angaben schon im Vorfeld als "nicht passend" zurückgewiesen worden - erneut bereit, "aus Sorge um meine Kirchengemeinde" Verantwortung zu Übernehmen. Das wäre seiner Einschätzung nach ein wichtiges Signal. Haak: "Gerade jetzt wäre es ein wichtiges Zeichen in der Region und darüber hinaus, wenn eine neue Pröpstin, ein neuer Propst, aus der Mitte der angefochtenen Kirchengemeinde Ahrensburg gewählt würde, und nicht etwa von außerhalb käme."

Er bewerbe sich mit dem Anspruch und Ziel, "die seit nunmehr über einem Jahr unverbunden wirkenden Hierarchieebenen der Nordelbischen Kirche zusammenzuführen, damit weiterer Schaden von meiner Kirche abgewendet werden kann", so Helgo Matthias Haak. Und: "Mit meiner Bewerbung will ich dazu beitragen, den anhaltenden Mangel sichtbarer kirchenleitender Präsenz in der Krisengemeinde Ahrensburg zu beenden." Er als Vorgesetzter würde hinter seinen Mitarbeitern stehen, schreibt Haak. "Pastorinnen und Pastoren müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Dienstaufsicht im Konfliktfall hinter ihnen steht."

Am kommenden Sonnabend endet die Bewerbungsfrist. Das weitere Verfahren sieht vor, dass der Synode - dem Parlament - des Kirchenkreises Hamburg-Ost zwei oder drei Bewerber vorgeschlagen werden. Die Auswahl trifft der Pröpstewahlausschuss, dessen Mitglieder von den Synodalen bestimmt werden. Die Synodalen, das sind Pastoren, hauptamtliche Kirchenmitarbeiter und Ehrenamtliche, wählen dann den neuen Propst. Wie viele Bewerber im Endeffekt zur Wahl stehen werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.

Helgo Matthias Haak ist sich dessen bewusst, dass der Text seiner Bewerbung nicht unbedingt den Konventionen entspricht. "Er ist ungewöhnlich", sagt er, "aber ich möchte eine Diskussion anstoßen."