Eine Glosse von Johanna R. Wöhlke

Zurzeit ist das Glück in aller Munde. Da trifft es sich gut, mit einem praktischen Beispiel aus dem Alltag aufwarten zu können, das einen klaren Blick darauf wirft, wann der Mensch wirklich glücklich ist. In diesem Fall ist er männlich und heißt Rolf.

Das mit dem Glück ging bei Rolf so: Er hatte sich entschlossen, im Garten zu arbeiten. Die Hecke musste geschnitten werden. Ein störendes Spinnennetz entfernt er mit einem weit ausholenden Rundumschlag mit Hand und Arm. Doch dabei rutscht die Brille von der Nase, was Rolf von einer Sekunde zur anderen fast blind macht.

Der Gartenarbeiter muss also aufgeben, die Hecke zu schneiden, und erst einmal die Brille suchen. Eigentlich müsste sie vor seinen Beinen liegen, aber er findet sie nicht. Auch die herbeigerufene Ehefrau bleibt erfolglos. "Ich finde die Brille nicht ohne Brille!", ruft Rolf.

Beide sind verzweifelt. "Hatte ich überhaupt eine Brille auf?", fragt Rolf sich und wird immer unglücklicher. Erst der nächste Tag bringt die Wende. Das Ehepaar geht an den Ort des Geschehens und siehe da: Die Brille liegt im Immergrün vor ihnen. Rolf ist wieder glücklich, er kann wieder sehen und spart sich den Weg zum Optiker.

Das Glück ist ungerecht. Es ist nie für alle gleich zu haben. Mal beglückt es den Brille verlierenden Hobbygärtner und mal den Optiker. Fälle, in denen der Gartenarbeiter auch gleichzeitig Optiker ist, sind selten.