Im Juni erlitt der Landtagsabgeordnete Mark-Oliver Potzahr einen Schlaganfall. Nun will er den Alltag bewältigen und zurück in die Politik.

Bad Bevensen. Das Lächeln fällt ihm noch immer schwer. Seit seinem Schlaganfall vor mehr als drei Monaten ist sein Körper nicht mehr der, den er sein bisheriges Leben lang kannte und kontrollierte. Wenn der CDU-Landtagsabgeordnete Mark-Oliver Potzahr heute ein wenig frische Luft schnappen will, ist es für ihn schon fast ein kleiner Ausflug, bei dem es Zeit mitzubringen gilt. Vor dem Aufzug in der DianaKlinik in Bad Bevensen hat sich eine lange Schlange gebildet. Rollstuhl an Rollstuhl stehen die Patienten vor der Fahrstuhltür, die sich nur alle paar Minuten öffnet, damit wieder einer von ihnen die zwei Stockwerke ins Erdgeschoss fahren kann- dorthin, wo im Innenhof der kleine Teich mit den Seerosen und schnatternden Enten liegt, und das Besucher-Café mit seinen beschirmten Tischchen den Reha-Patienten ein wenig Abwechslung im Krankenhausalltag verspricht.

"Ich mache drei Kreuze, wenn ich endlich wieder nach Hause darf", sagt Mark-Oliver Potzahr und blickt nachdenklich auf die dunkle Wasseroberfläche. Dass er an den kleinen Teich fahren kann, ist zwar ein Fortschritt. Doch so richtig hat sich der 41-jährige aus Reinbeker mit seinem Schicksalsschlag noch nicht abgefunden. Denn trotz zahlreicher Therapien ist der Rollstuhl sein ständiger Begleiter. Und er wird es auch noch eine Zeit lang bleiben.

"Ich kann zwar schon wieder ein paar Schritte laufen, aber nur mithilfe meines Therapeuten oder wenn es ein Treppengeländer zum Festhalten gibt." Doch das sei sehr anstrengend und dauere eben seine Zeit. Dass nicht alles sofort geht, auch wenn der Wille da ist, musste Potzahr erst lernen. Auch, wenn der Kopf wolle, sein Bein und sein Arm tun ihm noch nicht den Gefallen. "Wunderheilungen können hier leider nicht mitgebucht werden", scherzt er.

Der Tag, der sein Leben auf einen Schlag ändert, ist der 18. Juni. Ein Tag, der sich Potzahr ins Gedächtnis gebrannt hat. Noch am Morgen sei alles gut gewesen. Da war er nach Lütjensee zum CDU-Jahresempfang des Kreises ins Forsthaus Seebergen gefahren. Danach wollte er in Hamburg einkaufen gehen. Doch dazu kam es nicht mehr. "Ich merkte plötzlich, dass es mir nicht gut ging. Ich setzte mich in einen Hauseingang, irgendwo in St. Georg. Mir war so warm, schwindelig, der Mund trocken", erzählt Potzahr. Eine Frau habe ihn angesprochen, ob sie einen Krankenwagen rufen solle. "Da muss ich wohl eingewilligt haben, denn das nächste, woran ich mich noch erinnere, ist, dass jemand im Krankenwagen das Wort "Schlaganfall" sagt. Dann war ich weg."

+++ Potzahr nach Schlaganfall auf der Intensivstation +++

+++ Mark-Oliver Potzahr auf dem Weg der Besserung +++

+++ Potzahr verzichtet nach Schlaganfall auf erneute Landtagskandidatur +++

Potzahr kommt erst zehn Tage später wieder zu sich. Als er auf der Intensivstation in der Asklepios Klinik in St. Georg aufwacht, merkt er schnell, dass etwas nicht stimmt. "Ich glaubte, neben mir im Bett liegt noch jemand. Mein linker Arm und mein linkes Bein waren fremde Körperteile. Das hatte mit mir nicht mehr viel zu tun. Ich sah sie, aber sie waren wie tot", erzählt er. Später habe er dann im Spiegel gesehen, dass er auch einen Merkel-Mundwinkel hatte. Als er das erzählt, muss er anfangen zu lachen. Nein, seinen Humor habe er nicht verloren. Trotz allem nicht. Was bliebe ihm auch anderes über, als positiv in die Zukunft zu blicken. "Ich bin schließlich erst 41 Jahre alt", sagt er und schiebt etwas nervös seinen Rollstuhl vor und zurück.

Immer wieder hatte er in den vergangenen Wochen kleine Rückschläge hinnehmen müssen. Den schlimmsten Anfang Juli, als Potzahr bereits in einer Reha-Klinik in Harburg liegt. Wenige Tage nachdem Mark-Oliver Potzahr seine Freunde über Facebook informiert, dass sein linker Arm kleine Fortschritte macht, bekommt er plötzlich mitten in der Nacht kaum noch Luft. Die Ärzte verlegen ihn sofort auf die Intensivstation. "Dass ich wieder in Lebensgefahr schwebte, erfuhr ich Gott sei Dank erst am nächsten Tag, als ich wieder über dem Berg war." Zehn Tage lang muss er eine Atemmaske tragen. Erst dann darf er wieder nach und nach mit der Ergotherapie beginnen.

Es ist die Zeit, als der Politiker eine für ihn schwere Entscheidung fällt: nicht mehr bei der Landtagswahl zu kandidieren. "Das war nicht leicht. Politik ist mehr als nur ein Hobby", sagt Potzahr, der sich im Krankenhaus via Internet ständig über die Geschehnisse im Land auf dem Laufenden hält. Das Notebook auf dem kleinen Beistelltisch im Krankenzimmer ist sein Fenster zur Außenwelt. Täglich lässt er sich aus dem Landtagsbüro den Pressespiegel zuschicken, er liest Mails, verschickt welche. Telefoniert mit Kollegen, Freunden, seiner Familie. "Die Sprache habe ich Gott sei Dank nicht verloren. Reden konnte ich sofort wieder", sagt er mit Dankbarkeit in der Stimme. Es hätte noch schlimmer kommen können.

Noch in dieser Woche soll Mark-Oliver Potzahr entlassen werden. "Ich bekomme Bewährung", sagt er mit großer Vorfreude. "Es wird Zeit, ich will endlich nach Hause, wieder selbst über mein Leben, meinen Alltag bestimmen."

Leicht aber wird es nicht, seine Wohnung im Reinbeker Stadtteil Neuschönningstedt ist nicht behindertengerecht ausgebaut. "Daran denkt man ja auch als junger Mensch nicht. Aber an meiner Mobilität muss ich nun hart arbeiten - auch, wenn es vielleicht nicht so schnell geht, wie ich es gern hätte."

Potzahr will im November wieder im Landtag sitzen

Sein Ziel ist es, im November wieder an den Sitzungen im Kieler Landtag teilzunehmen und 2013 für den Kreistag zu kandidieren. "Die Politik ist mir wichtig, die gebe ich nicht auf. Das ist meine große Leidenschaft." Doch es sei nicht alles: "Ich muss mich auch wieder dem Arbeitsmarkt stellen", sagt Potzahr, der zeitgleich mit seiner Krankheit auch seinen Job als Teamleiter im Kundenservice beim Mineralölriesen Shell verlor. "Das wird auch nicht leicht, aber ich bin optimistisch." Das Wichtigste aber: "Ich werde nun mehr auf mich achten, auf meine Gesundheit, auf den Rat der Ärzte." Auch weiter abnehmen will er dafür. 30 Kilo purzelten bereits. Mindest 20 sollen es noch werden. "Das schaffe ich."