Hoisdorfer Eltern sorgen sich um die Sicherheit ihrer Kinder auf dem Schulweg. Großhansdorf streicht Buskarten: “Strecke zu kurz“.

Hoisdorf/Großhansdorf. Umgeben von Bäumen und Büschen schlängelt sich der Waldreiterweg von der Hoisdorfer Landstraße zum Wöhrendamm in Großhansdorf. An einigen Stellen trennt ein Stacheldrahtzaun den unebenen Kiesweg vom Wald ab. Nur vereinzelt taucht eine Straßenlaterne auf. Noch seltener sind Wohnhäuser zu finden. Selbst mitten am Tag gelangen nur wenige Sonnenstrahlen durch die dichten Baumkronen.

Ein großes Schild warnt vor Straßenschäden, ein anderes vor Schulkindern. Denn diese sollen den etwa 700 Meter langen Waldweg direkt neben der A 1 ab sofort nutzen, um zur Schule zu kommen. Die Gemeinde Großhansdorf hat die Strecke als möglichen Schulweg ausgewiesen. Eine Entscheidung, die bei Hoisdorfer Eltern große Empörung ausgelöst hat. Sie haben Angst, dass ihre Kinder in dem dunklen Waldweg Opfer sexueller Übergriffe werden könnten. "Die Strecke ist als Schulweg nicht zumutbar", sagt Sylvia Sommerkamp, Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern.

Erst im Frühjahr hatte ein siebenjähriges Mädchen gegenüber der Polizei ausgesagt, dass ein Mann sie an einem Zebrastreifen in Hoisdorf in sein Auto zerren wollte. Nur eineinhalb Wochen später berichtete ein gleichaltriger Junge, in Großhansdorf von einem jungen Mann gefragt worden zu sein, ob er in sein Auto einsteigen wolle. Die Täter wurden nie ermittelt. Doch bei den Kindern sei die Angst seitdem groß, sagt Patricia Bartelheimer, Mutter von drei Schulkindern. "Nur um Geld zu sparen, wird die Sicherheit unserer Kinder aufs Spiel gesetzt. Dabei erzählen wir ihnen doch ständig, sie sollen dunkle, einsame Wege meiden. Im Waldreiterweg hört niemand die Hilferufe der Kinder."

Auslöser für den Unmut ist die neue Bemessungsgrundlage, die Großhansdorf dieses Schuljahr für die Entfernung von Hoisdorf zum Schulzentrum eingeführt hat. Bisher bekamen alle Hoisdorfer Schüler eine Monatskarte, weil sie mehr als vier Kilometer von den Schulen in Großhansdorf entfernt wohnten. Die Gemeinde war davon ausgegangen, dass die Kinder über die Hoisdorfer Landstraße, den Eilbergweg und Wöhrendamm zur Schule fahren. Doch dann fiel der Verwaltung auf, dass die Strecke über den Waldreiterweg wesentlich kürzer ist - und zwar kürzer als vier Kilometer. Bürgermeister Janhinnerk Voß sagt: "Der Kreis hat bestätigt, dass der Weg als Bemessungsgrundlage rechtmäßig ist."

Zahlreiche Hoisdorfer Eltern erhielten daher nun die Nachricht, dass ihre Kinder keinen Anspruch mehr auf eine Buskarte hätten. Viele wollen das nicht akzeptieren: "Bei uns sind 32 Widersprüche eingegangen", sagt Voß. 14 sei stattgegeben worden, weil die Verwaltung bei einer erneuten Überprüfung der Entfernung anhand verschiedener Karten doch noch auf die geforderten vier Kilometer gekommen sei.

Andere Widersprüche wurden abgelehnt, wie der von Sylvia Sommerkamp. Die 44-Jährige hat es nun schriftlich: Ihre Tochter wohnt genau 3,42 Kilometer von der Friedrich-Junge-Schule entfernt, an der sie die fünfte Klasse besucht. Das sind 580 Meter zu wenig, um noch Anspruch auf eine Buskarte zu haben. Sommerkamp überlegt nun, vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig zu klagen. Zwei Hoisdorfer klagen dort bereits per Eilverfahren - und auch Patricia Bartelheimer zieht diesen Schritt in Erwägung. Ihre drei Kinder Pascal, 10, Larissa, 13, und Nathalie, 15, wohnen 3,57 Kilometer von ihrer Schule, dem Emil-von-Behring-Gymnasium, entfernt. "Ich werde nun etwa 1000 Euro pro Jahr aufbringen müssen, um ihnen aus eigener Tasche eine Buskarte zu kaufen", sagt die Mutter. Denn ihre Kinder mit dem Fahrrad durch den Waldreiterweg fahren zu lassen, kommt für die 47-Jährige nicht in Frage. "Die Strecke ist dunkel und einsam. Ich habe Angst um meine Kinder", sagt sie.

Abgesehen von sexuellen Übergriffen fürchtet sie auch, dass die Unfallgefahr auf dem Weg wegen der vielen Schlaglöcher und der Dunkelheit besonders hoch ist. Zudem hat sie Angst, dass die Straße Schauplatz für Mobbing werden könnte und dass Schüler dort andere Kinder beispielsweise zur Herausgabe ihrer Handys zwingen.

Auswirkungen hat die neue Bemessungsgrundlage auch für die Hoisdorfer, die ihre Kinder zu einer weiterführenden Schule nach Ahrensburg schicken. Auch sie müssen die Kosten für die Busfahrkarte nun selbst zahlen, obwohl die Schulen bis zu acht Kilometer von ihren Wohnungen entfernt liegen. Denn wenn die nächstgelegene Schule dichter als vier Kilometer ist, haben sie keinen Anspruch mehr auf eine Monatskarte - und genau das ist bei vielen Hoisdorfern jetzt der Fall. "Ich habe meinen Sohn aufgrund der Profilauswahl zur Heimgartenschule geschickt", sagt Sylvia Sommerkamp. "Hätte ich vorher gewusst, dass ich irgendwann für die Busfahrkarte zahlen muss, hätte ich mir das vielleicht überlegt." (abendblatt.de)